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LOFAR
Galaxienvielfalt im Radiolicht
Redaktion / Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie
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20. Februar 2019

Ein internationales Team hat erste Karten einer Himmelsdurchmusterung von bisher unerreichter Empfindlichkeit mit dem Radioteleskop LOFAR veröffentlicht. Sie enthüllen Hunderttausende unbekannter Galaxien und werfen ein neues Licht auf Forschungsgebiete wie Schwarze Löcher, interstellare Magnetfelder und Galaxienhaufen.

Abell 1314

Galaxienhaufen Abell 1314 mit von LOFAR gemessener Radiostrahlung (rot und rosa) von schnellen kosmischen Elektronen. Röntgenstrahlung von heißem Gas ist in Grau überlagert. Bild: Amanda Wilber / LOFAR Surveys Team [Großansicht]

LOFAR (Low Frequency Array) ist ein riesiges europäisches Netzwerk von Radioteleskopen, die über ein Hochgeschwindigkeits-Glasfasernetz miteinander verbunden sind und deren empfangene Signale zu einem einzigen Signal kombiniert werden. Leistungsstarke Supercomputer verwandeln 100.000 Einzelantennen in eine virtuelle Empfangsschüssel mit einem Durchmesser von 1900 Kilometern. LOFAR arbeitet in den bisher weitgehend unerforschten Frequenzbereichen zwischen etwa 10 bis 80 Megahertz (MHz) und 110 bis 240 MHz. Es wird von der Forschungseinrichtung ASTRON in den Niederlanden gesteuert und gilt als das weltweit führende Teleskop seiner Art.

"Diese Himmelskarte ermöglicht eine unglaubliche Zahl von wissenschaftlichen Entdeckungen von bleibendem Wert. Der hohe Aufwand und die eingegangenen Risiken bei der Entwicklung von LOFAR werden durch diese Ergebnisse reichlich belohnt", sagt Dr. Carole Jackson, Generaldirektorin von ASTRON. In Deutschland befinden sich sechs Messstationen, die von verschiedenen wissenschaftlichen Einrichtungen betrieben werden.

Zu den wichtigsten Ergebnisse zählt unter anderem eine neue Himmelskarte. Viele der dort abgebildeten Galaxien waren bisher unbekannt, da sie extrem weit entfernt sind und ihre Radiosignale Milliarden von Lichtjahren zurücklegen müssen, um die Erde zu erreichen. Zudem ermöglichen Radiowellen kosmische Phänomene zu erforschen, die im für Menschen sichtbaren Wellenlängenbereich nicht beobachtet werden können.

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Wenn Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit einem Radioteleskop den Himmel beobachten, ist hauptsächlich Strahlung aus der Umgebung von Schwarzen Löchern zu sehen, die Millionen Mal schwerer sind als die Sonne. "Mit LOFAR wollen wir herausfinden, welchen Einfluss die Schwarzen Löcher auf die Galaxien haben, in denen sie sitzen", sagt Prof. Dr. Marcus Brüggen, Astrophysiker an der Universität Hamburg. Prof. Dr. Huub Röttgering von der Universität Leiden und wissenschaftlicher Leiter der Himmelsdurchmusterung ergänzt: "Und wir wollen herausfinden, woher diese Schwarzen Löcher kommen."

Wenn Gas auf Schwarze Löcher fällt, stoßen sie Materialstrahlen ‒ sogenannte Jets ‒ aus, die bei Radiowellenlängen sichtbar sind. Aufgrund der bemerkenswerten Empfindlichkeit von LOFAR konnten die wissenschaftlichen Teams jetzt zeigen, dass diese Jets in jeder riesigen Galaxie vorhanden sind und dass Schwarze Löcher ständig wachsen.

Mit der Radiostrahlung, die LOFAR empfängt, können zudem kosmische Magnetfelder gemessen werden. So haben die Forscherinnen und Forscher aus Deutschland die Magnetfelder in den Halos (Hüllen) von Galaxien vermessen. Sie konnten zeigen, dass sich auch zwischen Galaxien enorme magnetische Strukturen befinden. Damit konnten theoretische Vermutungen bestätigt werden. "LOFAR liefert Hinweise, dass der gesamte Raum zwischen den Galaxien magnetisch sein könnte", so Dr. Rainer Beck vom MPIfR Bonn.

Durch die Verschmelzung zweier Galaxienhaufen werden Radioemissionen ‒ sogenannte Radiohalos ‒ mit einer Größe von Millionen von Lichtjahren erzeugt, wie Dr. Amanda Wilber von der Sternwarte der Universität Hamburg erläutert: "Radiohalos werden von extrem schnellen Elementarteilchen hervorgerufen. Mit LOFAR können wir erforschen, welche kosmischen Beschleuniger diese Teilchen erzeugen und was diese antreibt." Dr. Matthias Hoeft von der Thüringer Landessternwarte Tautenburg fügt hinzu: "Wenn Galaxienhaufen verschmelzen, entstehen riesige Stoßwellen. Mit LOFAR können wir deren Radioemission aufspüren und lernen dadurch viel über das Gas am Rand der gigantischen Galaxienhaufen."

Die Erstellung von Radiohimmelskarten mit niedriger Frequenz bedarf sowohl beträchtliche Teleskop- als auch Rechenzeit und erfordert die Analyse der Daten durch große Teams. "LOFAR produziert gigantische Datenmengen ‒ wir müssen das Äquivalent von zehn Millionen DVDs verarbeiten. Dies stellt höchste Ansprüche an Soft- und Hardware und ist nur durch ein internationales und interdisziplinäres Team möglich", sagt Prof. Dr. Dominik Schwarz von der Universität Bielefeld und Repräsentant Deutschlands beim Steuerungsgremium von LOFAR. "Wir haben in Deutschland mit dem Forschungszentrum Jülich zusammengearbeitet, um die riesigen Datenmengen effizient in qualitativ hochwertige Bilder umzuwandeln. Diese Bilder sind nun öffentlich und werden Astronominnen und Astronomen die Möglichkeit geben, die Entwicklung von Galaxien in bisher unerreichter Detailgenauigkeit zu untersuchen", ergänzt Prof. Dr. Ralf-Jürgen Dettmar von der Ruhr-Universität Bochum.

Das Forschungszentrum Jülich beherbergt ca. 15 Petabyte an LOFAR-Daten. "Dies ist fast die Hälfte aller LOFAR-Daten, eine der größten astronomischen Datensammlung der Welt. Die Verarbeitung dieser gigantischen Datensätze stellt eine große Herausforderung dar. Was normalerweise auf herkömmlichen Computern Jahrhunderte gebraucht hätte, konnte durch die Verwendung von innovativen Algorithmen und extrem leistungsfähiger Computer auf ein Jahr reduziert werden", sagt Prof. Dr. Dr. Thomas Lippert, Institutsleiter vom Jülich Supercomputing Centre. Jülich ist eins der drei Datenzentren des LOFAR-Projekts. Außerdem managt das Jülich Supercomputing Centre den Daten-Netzwerkverkehr zwischen den deutschen LOFAR-Stationen und zum zentralen LOFAR-Rechner in Groningen.

Die 26 nun in einer Sonderausgabe von Astronomy & Astrophysics veröffentlichten Arbeiten basieren auf nur etwa zwei Prozent der mit LOFAR geplanten Beobachtungen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wollen nun die gesamte nördliche Himmelskugel kartieren. Sie erwarten letztendlich rund 15 Millionen Radioquellen zu finden.

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Links im WWW
Max-Planck-Institut für Radioastronomie
LOFAR
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