Triebwerksteile aus dem 3D-Drucker
Redaktion
/ Pressemitteilung des DLR astronews.com
18. Juni 2018
Mit der Ariane-6-Rakete wollen die Europäer auf die
zunehmende Konkurrenz im Trägerraketengeschäft reagieren und einen günstigen
Zugang zum All anbieten. Dabei kommt es auch auf wenig Gewicht der einzelnen
Bauteile und eine möglichst unkomplizierte Fertigung an. Ein neues
Triebwerksmodell hat dafür nun erste Brenntests erfolgreich bestanden.
Das neue Triebwerksmodell ETID hat seinen
ersten Test im Brennkammerprüfstand P3 des DLR in
Lampoldshausen erfolgreich bestanden.
Foto: DLR (CC-BY 3.0) [Großansicht] |
Das neue Triebwerksmodell ETID (Expander-Cycle Technology Integrated
Demonstrator), das für Schwerlastraketen der nächsten Generation wie Ariane
6 eingesetzt werden soll, hat seinen ersten Brenntest erfolgreich
bestanden: Dieses Ergebnis präsentierten nun Experten der Europäischen
Weltraumorganisation ESA, des Raumfahrtunternehmens ArianeGroup GmbH und des
Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Der ETID-Antrieb war am 14.
Juni am Prüfstand P3.2 am DLR-Standort Lampoldshausen getestet worden. Bereits
zwei Tage zuvor konnte das Triebwerk erstmalig erfolgreich gezündet werden.
"Seit rund vier Jahren arbeiten wir mit unseren Partnern an einem neuen
Antrieb für die Trägerraketen von morgen", erklärt Lysan Pfützenreuter,
Projektleiterin beim DLR Raumfahrtmanagement. "Über die Ergebnisse sind wir sehr
froh, denn der erfolgreiche Test zeigt, dass wir mit dem Einsatz moderner
Fertigungsverfahren auf dem richtigen Weg sind."
In dem Test hatten die Prüfingenieure erste Leistungsdaten des
Triebwerkmodells ermittelt und diese mit den erwarteten Ergebnissen aus den
Modellberechnungen verglichen. Die ETID-Technologien sollen zukünftig für
Verbesserungen des Vinci-Triebwerks und der Ariane-6-Oberstufe
eingesetzt werden. Durch neue Herstellungsverfahren und optimierte Bauteile
werden gleichzeitig die Leistungsdichte des Antriebs erhöht und die
Produktionskosten gesenkt. "Durch das eingesparte Gewicht des kompletten
Antriebs kann die Rakete mehr Nutzlast transportieren, und durch den Einsatz
kostengünstiger Herstellungsverfahren und Materialien lassen sich die
Startkosten reduzieren", so Pfützenreuter. "Diese Vorteile können entscheidend
sein im harten Wettbewerb auf dem internationalen Trägermarkt."
Innerhalb der nächsten sechs Monate sollen 20 Tests mit einer Brenndauer von
jeweils 120 Sekunden durchgeführt werden. Dabei erproben die Ingenieure drei
verschiedene Konfigurationen. Diese unterscheiden sich beispielsweise in den
Fertigungsverfahren von Schubkammer, Zündsystemen, Düsen und Ventilen. Solche
Komponenten, wie etwa der Einspritzkopf, bestehen bei einem konventionellen
Raketenmotor aus mehreren hundert Einzelteilen, die produziert und verschweißt
werden müssen. Ziel ist es nun, die Anzahl der Bauteile zu reduzieren, so dass
mehrere Prozessschritte und somit Kosten und Zeit eingespart werden können.
So enthält beispielsweise die erste Konfiguration des Einspritzkopfes eine
Grundplatte, die aus einem Block gefräst wurde. Sie beinhaltet zudem bereits
Teile der Einspritzelemente. Dies verringert die Anzahl der Bauteile bereits um
etwa 80 Prozent. In einem zweiten Schritt wird die Grundplatte im
3-D-Druckverfahren hergestellt, wodurch noch einmal Fertigungsdauer, Anzahl der
Fertigungsschritte und Gewicht eingespart werden. Ein dritter Einspritzkopf wird
dann vollständig gedruckt, so dass das Bauteil aus einem Guss besteht.
Getestet werden die Triebwerksmodelle am Prüfstand P3.2 vom DLR-Institut für
Raumfahrtantriebe in Lampoldshausen. Der Prüfstand ist so konzipiert, dass
Brennkammertypen für heutige und zukünftige Raumfahrtantriebe wie
Raketenoberstufen unter realistischen Bedingungen (Vakuum) getestet und
optimiert werden können. Die Testanlage misst die Daten, steuert, regelt und
überwacht das Triebwerksmodell im laufenden Betrieb.
"Mit dem Prüfstand P3.2 können neue Technologien wie ETID unter
repräsentativen Bedingungen getestet werden", erläutert Christopher Gusinde,
Prüfstandsleiter beim DLR-Institut für Raumfahrtantriebe. "Die Forschungs- und
Testaktivitäten des DLR in Lampoldshausen tragen so entscheidend zur Zukunft des
europäischen Raumtransports bei." Weiterhin erlaubt der Prüfstand das Verbrennen
von unterschiedlichen Treibstoffkombinationen, wie Flüssigwasserstoff mit
Flüssigsauerstoff oder Flüssigmethan mit Flüssigsauerstoff. "Der Prüfstand P3.2
ist für die Entwicklung von zukünftigen Antriebstechnologien ausgelegt und
flexibel gestaltet, sodass wir auf neue Anforderungen rasch reagieren können",
resümiert Gusinde.
Ein derart komplexes Technologieprojekt wie ETID erfordert eine übergreifende
internationale Zusammenarbeit: So stammen Brennkammer und Einspritzkopf aus
Deutschland, die Zündsysteme aus Österreich und den Niederlanden, die Ventile
aus Belgien und Deutschland und die Düsen aus Schweden. Entwickelt wurde das
Triebwerksmodell von der ArianeGroup GmbH in Ottobrunn, die auch die
Projektleitung innehat. Beauftragt wurde ETID im Rahmen des FLPP-Programms (FLPP
steht dabei für Future Launchers Preparatory Programme) von der
Europäischen Weltraumagentur ESA. Das DLR Raumfahrtmanagement begleitet und
unterstützt FLPP technisch sowie organisatorisch und verwaltet die deutschen
Beiträge zu dem Programm.
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