Das frühe Universum im Visier
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Tübingen astronews.com
15. Juni 2018
Die europäische Weltraumagentur ESA sucht derzeit eine
Wissenschaftsmission, die im Jahr 2032 starten soll: Aus 25 Vorschlägen wurden
inzwischen drei Kandidaten ausgewählt, die ihre Missionen nun gründlicher
ausarbeiten werden. Eine dieser Kandidatenmissionen ist THESEUS, ein Satellit,
der insbesondere das frühe Universum ins Visier nehmen soll.
Künstlerische Darstellung eines
Gammastrahlenausbruchs: THESEUS wird das
Universum nach lichtstarken Ereignissen wie
diesem durchscannen.
Bild: ESA / ESA/ECF [Großansicht] |
Astrophysiker der Universität Tübingen sind an einem neuen Projekt der
europäischen Raumfahrtagentur ESA beteiligt: Als eines von drei Konzepten wurde
die Mission THESEUS, bei der das Institut für Astronomie und Astrophysik (IAAT)
eine wichtige Rolle spielt, in das Wissenschaftsprogramm aufgenommen. Der
Satellit könnte 2032 starten und soll das frühe Universum erkunden, insbesondere
die ersten 1,5 Milliarden Jahre nach dem Urknall.
Insgesamt hatten sich 25 Forschungsgruppen aus ganz Europa mit
Satellitenprojekten beworben. Im Mai gab die ESA nun die Auswahl von drei
Missionskonzepten bekannt, die in den kommenden drei Jahren parallel
weiterentwickelt werden und um den Starttermin im Jahr 2032 konkurrieren. Die
Entwicklung des Satelliten THESEUS (Transient High-Energy Sky and Early Universe
Surveyor) wurde bereits in den letzten Jahren von einem breiten Konsortium aus
60 Wissenschaftlern weltweit vorangetrieben.
THESEUS soll ein 70-Zentimeter-Infrarot-Teleskop (IRT), vier "Lobster-Eye"-Weitwinkelkameras
für Röntgenstrahlung (SXI) sowie vier Gamma-Ray Spektrometer basierend auf
Szintillator-Kristallen (XGIS) an Bord haben. Mit diesen Instrumenten hat er
einen großen Teil des Himmels auf einmal unter Beobachtung und soll sofort auf
kurzzeitige Helligkeitsveränderungen reagieren können, die von aufflackernden
hochenergetischen Quellen wie Gammastrahlenausbrüchen (sogenannten
Gamma-Ray-Bursts) ausgehen.
Solche Gammastrahlenausbrüche können durch die Verschmelzung zweier
Neutronensterne ausgelöst werden oder auch von einer Kernkollaps-Supernova, dem
kurzzeitigen Aufleuchten eines sterbenden sehr massereichen Sterns bevor er
vernichtet wird. Sie gehören zu den leuchtstärksten Ereignissen am Himmel
überhaupt und sind auf sehr weite Distanz sichtbar. Weil dies in der Astronomie
auch immer einem Blick zurück in die Zeit entspricht, geben Sie Aufschluss über
Ereignisse aus dem frühen Universum, langer vor unserer Zeit.
Entdeckt THESEUS ein solches Ereignis, kann er rasch dessen Koordinaten
bestimmen und richtet sich selbst automatisch für eine Nachbeobachtung aus.
Zusätzlich gibt er die Koordinaten innerhalb weniger Sekunden an eine
Bodenstation weiter, so dass andere Teleskope eigene Beobachtungen der Region
durchführen können. Die Universität Tübingen ist durch Professor Andrea
Santangelo, Leiter der Hochenergieastrophysik-Arbeitsgruppe am IAAT, direkt
beteiligt, sowohl an der wissenschaftlichen Planung der Mission im "Science
Study Team", als auch durch Hardware-Beiträge zur Echtzeit-Datenverarbeitung an
Bord des Satelliten für alle drei Instrumente.
"THESEUS wird es uns erlauben, Gamma-Ray Bursts genauer zu untersuchen und
ihr Potenzial für Forschung der Kosmologie voll auszunutzen, vor allem im frühen
Universum", sagt Dr. Chris Tenzer, Mitarbeiter am IAAT und einer der fünf
Antragsteller der Mission. "Zusätzlich wird THESEUS eine Vielzahl weiterer
variabler Objekte im Hochenergiebereich beobachten und so fundamentale Beiträge
zur Astrophysik leisten, auch in Bezug auf die Quellen von Gravitationswellen
und Neutrinos."
"Vor allem die Synergieeffekte mit anderen Observatorien, die in den nächsten
Jahrzehnten aktiv sein werden ‒ wie LSST, ELT, SKA, CTA, ATHENA, LIGO, VIRGO und
KM3Net ‒ erweitern den wissenschaftlichen Nutzen von THESEUS über die Kosmologie
hinaus auf weitere Felder der Astro- und Grundlagenphysik", ist Santangelo
überzeugt. "THESEUS wird zudem als sehr flexibles Infrarot- und
Röntgenobservatorium arbeiten und so einem Großteil der Astronomischen
Gemeinschaft von Nutzen sein."
Die Entscheidung, welche der drei ausgewählten Missionen schließlich von der
ESA realisiert wird, steht im Jahr 2021 an. Mit THESEUS konkurrieren die
Missionsvorschläge Spica, ein leistungsfähiges Infrarot-Weltraumteleskop, und
die Venus-Mission EnVision.
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