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SONNE
Wie Teilchenströme beschleunigt werden
Redaktion / Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung
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12. Januar 2018

Warum spuckt die Sonne manchmal bevorzugt Helium-3 und Eisen ins All? Eine Antwort auf diese Frage ist wichtig, da diese vergleichsweise schweren Partikel in koronalen Massenauswürfen für erhebliche Schäden sorgen könnten, wenn sie die Erde erreichen. Nun haben Forscher drei spezielle schraubenförmig verdrillte Strahlungsausbrüche genauer untersucht.

Sonne

Messungen des SECCHI/EUVI-Instrumentes an Bord von STEREO vom 29. April 2014: Die Emissionen im extremen ultravioletten Licht (bei einer Wellenlänge von 304 Angström) zeigen eine schraubenförmige Bewegung der Plasmaströme. Bild: NASA/MPS [Gesamtansicht]

Im April und Juli 2014 schleuderte die Sonne drei Fontänen ins All, die es in sich hatten: Die Teilchenströme enthielten so hohe Mengen an Eisen und Helium-3, einer seltenen Spielart des Edelgases, wie sie bisher nur selten beobachtet wurden. Da sich das außergewöhnliche Feuerwerk auf der Rückseite unseres Sterns ereignete, wurde es nicht sofort entdeckt. Jetzt haben Forscher unter Leitung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) und des Instituts für Astrophysik der Georg-August-Universität Göttingen eine Auswertung des damaligen Ereignisse vorgelegt.

Sie basiert auf Daten der Zwillingssonden STEREO A und STEREO B, die sich – damals noch beide in Betrieb – zum entscheidenden Zeitpunkt in günstiger Beobachtungsposition hinter der Sonne befanden. Die Studie belegt erstmals einen Zusammenhang zwischen helium-3- und eisenreichen Teilchenströmen und schraubenförmig verdrillten Ausbrüchen ultravioletter Strahlung in der Atmosphäre der Sonne. Diese könnten die nötige Energie liefern, die Teilchen ins All zu beschleunigen.

Teilchenausbrüche, in denen unser Stern immer wieder explosionsartig eine große Menge geladener und ungeladener Teilchen ins All schleudert, sind noch immer ein Rätsel. Einige dieser Teilchenströme gehen mit heftigen Strahlungsausbrüchen, so genannten Flares, einher und enthalten bis zu 10000-mal mehr Helium-3 und bis zu zehnmal mehr Eisen als die Atmosphäre der Sonne. Warum wird gerade diese ausgesprochen seltene Helium-Variante so effizient ins All beschleunigt? Und warum Eisen? Auf welchem Wege versorgt die Sonne diese Teilchen mit der nötigen Energie, um sie bevorzugt ins All zu katapultieren?

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"Die Ereignisse, die sich im April und Juli 2014 auf der Rückseite der Sonne abspielten, waren besonders intensiv und haben uns ungewohnt umfassende Einsichten ermöglicht", so Dr. Radoslav Bučík vom MPS. Teilchenströme, die so stark angereichert sind mit Helium-3 und schwereren Elementen, treten auf der Sonne nur selten auf – und dann nicht immer an der "richtigen" Stelle. Die meisten Raumsonden, die die Sonne untersuchen, tun dies in der Nähe der Erde. Ihr Blick gilt deshalb der uns zugewandten Vorderseite der Sonne. Nur die Sonden STEREO A und B, die seit 2006 unseren Stern von entgegengesetzten Seiten umrunden, beobachten seit 2011 auch den uns abgewandten Teil unseres Sterns.

Kurz bevor im Oktober 2014 der Kontakt der Bodenstation STEREO B abriss, wurden beide Sonden Zeuge der "versteckten" Teilchenausbrüche vom 30. April 2014 sowie vom 17. und 20. Juli 2014. Die Ausbrüche dauerten jeweils bis zu drei Tagen an. "Die Menge an Helium-3 und Eisen war in ihnen so stark erhöht, wie in nur einer Handvoll anderer bekannter Ereignisse", beschreibt Bučík die Messergebnisse.

Während das Ionenteleskop SIT (Suprathermal Ion Telescope) an Bord der STEREO-Sonden die Zusammensetzung der Teilchenströme aufzeichnete, blickten die EUVI-Instrumente (Extreme Ultraviolet Imager), Teile des Instrumentenpakets SECCHI (Sun Earth Connection Coronal and Heliospheric Investigation), auf ihre Ursprungsregionen in der Atmosphäre der Sonne.

Dort zeigte sich den Wissenschaftlern zwar der typische Anstieg energiereicher, ultravioletter Strahlung, der meist mit Teilchenausbrüchen dieser Art einhergeht, aber in ungewohnter Form: Deutlich ließen sich schraubenartige Bewegungen erkennen. "Dies ist das erste Mal, dass wir einen solch verdrillten Strahlungsausbruch als Ursprung der helium-3- und eisenreichen Teilchenströme beobachten", so Bučík.

Die Strahlung geht in der Regel von heißem Plasma aus, das sich entlang der ständig wabernden und verändernden magnetischen Feldlinien in der Atmosphäre der Sonne bewegt. Wenn sich diese Feldlinien neu formieren, kann es zu einem plötzlichen Freisetzen von Energie kommen. "Die verdrillten Magnetfelder scheinen besonders die Helium-3 und Eisen-Teilchen in der Sonnenatmosphäre effizient mit Energie zu versorgen – ganz ähnlich wie eine gespannte Sprungfeder, die plötzlich losgelassen wird", so Bučík. "Nur wenn wir diesen Mechanismus weiter untersuchen, können wir auch andere Ausbrüche unseres Sterns besser verstehen", so Dr. Nariaki Nitta vom Lockheed Martin Advanced Technology Center im US-amerikanischen Palo Alto.

Dabei richtet sich das Augenmerk der Forscher besonders auf eine weitere Sorte von Teilchenausbrüchen, die sogenannten koronalen Massenauswürfe. Die Energie der Teilchen, welche die Sonne bei diesen Ereignissen ins All schleudert, ist sehr hoch. Sie können auf der Erde zu Sonnenstürmen führen, die beispielsweise Satelliten gefährden. In seltenen Fällen sind auch diese Ausbrüche sehr eisenreich – und dann wegen der Schwere der Teilchen besonders gefährlich. Die Forscher wollen nun der Frage nachgehen, ob diese Eisenteilchen ebenfalls durch schraubenartige Strahlungsausbrüche beschleunigt werden.

Über ihre Ergebnisse berichten die Forscher in einem Fachartikel, der in der Zeitschrift The Astrophysical Journal erschienen ist.

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siehe auch
Sonne: Gewaltige Wellen in der Atmosphäre der Sonne - 13. Oktober 2015
Sonne: Partikelstrom mehrere Tage verfolgt - 19. Mai 2014
STEREO: Erdabgewandte Seite der Sonne im Blick - 7. Februar 2011
STEREO: Erste 3D-Bilder von der Sonne - 24. April 2007
STEREO: Sonnenteleskop in Betrieb genommen - 16. November 2006
STEREO: Weltraumwetter in drei Dimensionen - 23. Oktober 2006
Links im WWW
Preprint des Fachartikels bei arXiv.org
Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung
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