Neues über das planetenähnliche Objekt OTS44
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Astronomie astronews.com
22. Mai 2017
Astronomen haben jetzt das einsame planetenartige Objekt
OTS44 erstmals im Radiobereich beobachtet und dabei festgestellt, dass es - wie
junge Sterne - über eine protoplanetare Scheibe verfügt. Das ist unerwartet:
Laut den herkömmlichen Modellen sollte ein so massearmes Objekt nicht wie ein Stern
entstehen können. Offenbar sind sich also Sterne und planetenartige Objekte ähnlicher als gedacht.
Künstlerische Darstellung der Gas- und
Staubscheibe um das planetenartige Objekt OTS44.
Erste Radiobeobachtungen sprechen dafür, dass
OTS44 auf ähnliche Weise entstanden ist wie ein
junger Stern.
Bild: Johan Olofsson (U Valparaiso &
MPIA) [Großansicht] |
Neue Beobachtungen des einsamen planetenartigen Objekts OTS44 haben starke
Hinweise darauf ergeben, dass dieses Objekt ähnlich entstanden ist wie
herkömmliche Sterne oder Braune Zwerge – ein überraschender Umstand, der
herkömmliche Modelle der Stern- und Planetenentstehung vor eine Herausforderung
stellt.
Für diese Beobachtungen hatten die Astronomen unter der Leitung von
Amelia Bayo von der Universität Valparaiso, zu der auch Forscher des Max-Planck-Instituts für Astronomie
gehören, das ALMA-Observatorium in Chile genutzt. Die Beobachtungen erlauben die
Abschätzung der Masse des Staubanteils in der Scheibe rund um OTS44. Mit dem
Ergebnis reiht sich OTS44 ein bei Objekten wie Sternen und Braunen Zwergen. Letztere sind "verhinderte Sterne", mit zu wenig Masse für langanhaltende
Kernfusionsreaktionen.
Alle diese Objekte haben offenbar bestimmte ähnliche
Eigenschaften, darunter einen ähnlichen Zusammenhang zwischen der Masse des
Staubs in der Scheibe und der Masse des Zentralobjekts. Das neue Ergebnis
ergänzt bereits länger bekannte Ähnlichkeiten, insbesondere den Umstand, dass
OTS44 nach wie vor wächst, indem es Materie von seiner Scheibe auf sich zieht –
auch das eigentlich charakteristisch für junge Sterne.
Insgesamt sprechen diese Befunde stark dafür, dass OTS44 in
der gleichen Weise entstanden ist wie Sterne und Braune Zwerge, nämlich durch
den Kollaps einer Gas- und Staubwolke. Den herkömmlichen Modellen nach sollten
sich Objekte mit so geringer Masse wie OTS44 aber gar nicht auf diese Weise
bilden können. Eine mögliche Alternative, nämlich die gleichzeitige Bildung
mehrerer Objekte, von denen OTS44 nur eines ist, widerspricht den Beobachtungen,
die keine solchen Begleitobjekte in der Nähe von OTS44 zeigen.
Die Stärke der
bei Millimeter-Wellenlängen empfangenen Strahlung weist zudem auf die Anwesenheit von
ungefähr millimetergroßen Staubkörnern hin. Auch das ist unerwartet. Unter den
Bedingungen, wie sie in der Scheibe rund um ein astronomisches Objekt geringer
Masse herrschen, sollte Staub sich eigentlich gar nicht zu solcher Größe (oder
darüber hinaus) zusammenballen können. Die Staubteilchen rund um OTS44 wachsen
allerdings trotzdem – und könnten sogar auf dem Wege sein, später einmal eine
Art Mini-Mond des Objekts zu bilden; eine weitere Ähnlichkeit mit Sternen und
ihren Planetensystemen.
"Je mehr wir über OTS44 wissen, umso
größer wird seine Ähnlichkeit mit einem jungen Stern", so Bayo. "Aber die Masse des Objekts
ist so gering, dass sich OTS44 den gängigen Theorien zufolge gar nicht wie ein
Stern hätte bilden dürfen!" Thomas Henning vom Max-Planck-Institut für
Astronomie ergänzt: "Es ist schon beeindruckend, dass wir mithilfe eines
Observatoriums wie ALMA rund eine halbe Erdmasse an Staub rund um ein Objekt mit
zehn Jupitermassen auf eine Entfernung von 500 Lichtjahren sehen können. Aber
die neuen Daten zeigen uns auch die Grenzen unseres Wissens. Offenbar müssen wir
über die Entstehung von astronomischen Objekten mit niedriger Masse noch viel
lernen!"
Über ihre Beobachtungen berichten die Astronomen in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Astrophysical Journal Letters erschienen ist.
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