Neues Teleskop beobachtet Weltraummüll
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Bern astronews.com
24. April 2017
Astronomen des Astronomischen Instituts Bern freuen sich
über das First Light, also die ersten Beobachtungen, mit einen neuen Teleskop in
Südafrika. Die Bilder zeigen allerdings nicht ferne Sterne, Nebel und Galaxien,
sondern den Weltraummüll im geostationären Orbit. Das Teleskop ist Teil des
SMARTnet-Netzwerks, mit dem Trümmerteile der Raumfahrt überwacht werden.
SMART-01, Teleskopstation in Sutherland zur
Überwachung des geostationären Orbits. Aus dem
Container wird die Station überwacht und
gesteuert.
Bild: H. Fiedler [Großansicht] |
Das Astronomische Institut der Universität Bern (AIUB) hat zusammen mit dem
Deutschen Satelliten-Kontrollzentrum in Oberpfaffenhofen (GSOC) die erste
Teleskopstation in Südafrika in Betrieb genommen. Die Station dient zur
permanenten Überwachung des geostationären Orbits und ist Teil des SMARTnet-Netzwerkes
(Small Aperture Robotic Telescope Networks). Ihre Sensoren liefern wichtige
Informationen für die Erforschung von Weltraumschrott und um Kollisionen im
täglichen Satellitenbetrieb zu verhindern.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Astronomischen Instituts der
Universität Bern suchen mit Teleskopen an der Station "Swiss Optical Ground
Station and Geodynamics Observatory" in Zimmerwald bei Bern sowie mit einem
Teleskop der Europäischen Weltraumorganisation ESA im spanischen Teneriffa seit
über 20 Jahren nach kleinen Raumschrottteilen in hohen Erdumlaufbahnen. Das
Deutsche Satelliten-Kontrollzentrum in Oberpfaffenhofen (GSOC) wiederum betreibt
seit über 40 Jahren erfolgreich Satelliten, erdnah und geostationär.
Bei einer Kollision zwischen Weltraumschrott und einem Satelliten könnte
dieser beschädigt oder sogar zerstört werden. Die entstehenden Fragmente können
auch alle anderen Satelliten gefährden. Um das zu verhindern, müssen die Bahnen
jedes Schrotteilchens möglichst genau vermessen und dem Satellitenbetreiber
bekannt sein. Im Fall einer möglichen Kollision führt das Kontrollzentrum ein
Ausweichmanöver durch und bewegt den Satelliten auf eine andere Bahn.
Die Hauptaufgabe des Small Aperture Robotic Telescope Networks,
SMARTnet, ist, Daten zu sammeln, die sowohl die Erforschung der
Raumschrottpopulation als auch einen sicheren Betrieb von Satelliten
ermöglichen. Die beiden ersten Stationen befinden sich in Zimmerwald in der
Schweiz und nun in der Nähe von Sutherland in Südafrika. Mit diesen beiden
Stationen werden Objekte mit einer Größe von mehr als 30 Zentimeter im
geostationären Orbit beobachtet, detektiert und verfolgt. Aus den gewonnenen
Daten werden Bahndaten berechnet, die eine Vorhersage der Bahnen für knapp eine
Woche erlauben.
Die SMARTnet-Daten dienen jedoch nicht nur der Kollisionsvermeidung. Vielmehr
sollen die Daten wichtige Erkenntnisse über die physikalischen Hintergründe im
geostationären Orbit liefern. Der Forschungscharakter der Aufgaben ist
vielschichtig: Helligkeitsschwankungen, Bahnänderungen oder spektrale
Beobachtungen liefern Hinweise auf die Physik der Umgebung. Mit Hilfe der
Messdaten soll eine bessere Beschreibung der physikalischen Verhältnisse
gelingen, um zukünftig Bahnen besser vorherzusagen und die dort herrschenden
Verhältnisse besser zu charakterisieren.
In Südafrika herrschen hervorragende Beobachtungsbedingungen, die an fast 300
Nächten im Jahr den Blick in den Weltraum erlauben. Die neue SMARTnet-Station
wurde mit Unterstützung der südafrikanischen Raumfahrtagentur SANSA auf dem
Observationsgelände in Sutherland aufgebaut. Betrieben wird die Teleskopstation
vollautomatisch von der Schweiz und Deutschland aus, mit einer Vorprozessierung
der Bilder vor Ort. Die Infrastruktur dazu stellt das South African
Astronomical Observatory. Am 3. April 2017 erstellte die Station das
erste offizielle Bild vom geostationären Orbit – das "First Light".
Das spezielle Teleskopsystem dazu wurde in den letzten vier Jahren von Berner
Forschern zusammen mit Experten des GSOC zusammengestellt: Das System besteht im
Wesentlichen aus einem 20-Zentimeter-Teleskop und einem 50-Zentimeter-Teleskop,
zwei Kameras, mehreren Computern sowie Software, um das System zu betreiben und
die gewonnenen Daten auszuwerten. Die Auswertungssoftware wurde in Bern
entwickelt und ist bereits seit mehreren Jahren erfolgreich im Einsatz.
Die Stationen in der Schweiz und Südafrika sind erst der Anfang. Um das
Sichtfeld zu vervollständigen und alle Objekte im geostationären Orbit
beobachten zu können, soll das Netzwerk von SMARTnet erweitert werden. Zwei neue
Stationen in Australien und Südamerika sind bereits geplant. Da die Daten mit
der Anzahl der Stationen besser werden, sind weitere Kooperationen mit
internationalen Teleskopbetreibern geplant. Alle Partner können dann gemeinsam
auf sämtliche im Netzwerk gewonnenen Daten zugreifen.
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