Atmosphäre um kleine Supererde
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung Max-Planck-Instituts für Astronomie astronews.com
7. April 2017
Mithilfe des 2,2-Meter-Teleskops der ESO in La Silla haben
Astronomen eine Atmosphäre bei der Supererde GJ 1132b nachgewiesen. Es handelt
sich um den ersten Nachweis einer Atmosphäre bei einem Planeten mit einer
vergleichsweise niedrigen, fast schon erdähnlichen Masse. Für die Forscher
stellt die Beobachtung einen wichtigen Schritt hin zum Nachweis von Leben auf
Exoplaneten dar.
Künstlerische Darstellung des Exoplaneten GJ
1132b, der den Roten Zwergstern GJ 1132 umkreist.
Astronomen ist der Nachweis der Atmosphäre dieses
vielleicht fast erdähnlichen Planeten gelungen.
Bild: MPIA-Grafikabteilung [Großansicht] |
Astronomen ist es gelungen, eine Atmosphäre um die Supererde GJ 1132b
nachzuweisen. Es handelt sich um den ersten Nachweis für einen Planeten, dessen
Masse- und Radiuswerte nicht allzu weit von denen der Erde abweichen. Die
Entdeckung könnte ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum Nachweis von Leben auf
anderen Planeten sein.
Die aktuelle Strategie der Astronomen sieht dazu vor, die chemische
Zusammensetzung der Planetenatmosphäre zu bestimmen und dabei nach Störungen des
chemischen Gleichgewichts zu suchen, welche nur durch die Anwesenheit lebender
Organismen erklärt werden können. Im Falle unserer Erde ist das große Übermaß an
Sauerstoff in unserer Atmosphäre eine solche Spur.
Bis zu diesem Nachweis dürfte allerdings noch lange Zeit vergehen. Bislang
waren die wenigen nachgewiesenen Atmosphären von Exoplaneten solche von
Gasriesen – Verwandten des Jupiters in unserem Sonnensystem – oder von deutlich
massereicheren Supererden. Mit den neuen Beobachtungen haben Astronomen die
ersten vorsichtigen Schritte hin zur Untersuchung der Atmosphären von kleineren
und damit deutlich erdähnlicheren Planeten getan.
Der Planet, um den es geht, GJ 1132b, kreist um den roten Zwergstern GJ 1132
im südlichen Sternbild Segel (des Schiffs), rund 39 Lichtjahre von uns entfernt.
Die neuen Beobachtungen hat ein Team unter der Leitung von John Southworth von
der britischen Keele University durchgeführt. Die Projektidee geht auf
Luigi Mancini zurück, bis vor kurzem am Max-Planck-Institut für Astronomie
(MPIA) und nun an der Universität Rom Tor Vergata tätig, der die Beobachtungen
auch koordiniert hat. Weitere Teammitglieder vom MPIA waren Paul Mollière und
Thomas Henning.
Das Team nutzte die GROND-Kamera am 2,2-Meter-ESO/MPG-Teleskop der
Europäischen Südsternwarte in Chile um den Planeten gleichzeitig durch sieben
verschiedene Filter zu beobachten. GJ 1132b ist ein Transitplanet: Aus der
Perspektive von Beobachtern hier auf der Erde zieht er alle 1,6 Tage direkt vor
seinem Heimatstern vorbei und schattet dabei einen kleinen Teil des
Sternenlichts ab. Die Größe von Sternen wie GJ 1132 ist aus Sternmodellen
bekannt. Aus dem Bruchteil des Sternenlichts, das abgeschattet wird, können
Astronomen daher Rückschlüsse auf die Größe des Planeten ziehen. GJ 1132b ist
danach rund 1,4 Mal so groß wie die Erde.
Entscheidend ist nun, dass die neuen Beobachtungen bei einer der
Infrarotwellenlängen einen noch größeren Planetenumfang zeigen. Das deutet
daraufhin, dass der Planet eine Atmosphäre besitzt, die für diese spezifische
Infrarotwellenlänge undurchsichtig ist (und den Planeten daher größer erscheinen
lässt), bei den andern Wellenlängen aber durchsichtig. Mitglieder des Teams von
der Universität Cambridge und vom MPIA simulierten daraufhin verschiedene
Atmosphärenvarianten. Den Modellen nach könnte eine Atmosphäre, die reich ist an
Wasser und Methan, die Beobachtungen gut erklären.
Es gelten allerdings die üblichen Einschränkungen bei derartiger Exoplaneten-Beobachtungen:
Wir wissen zwar, dass GJ 1132b eine sogenannte Supererde ist, nämlich ein Planet
mit rund 1,6 Mal der Erdmasse (wie frühere Beobachtungen gezeigt haben) und in
etwa so groß wie unser Heimatplanet. Die Daten reichen aber nicht aus, um im
Einzelnen nachzuweisen, wie ähnlich oder unähnlich der Planet unserer Erde
tatsächlich ist. Eine Möglichkeit, die Beobachtungen zu erklären, wäre beispielsweise eine "Wasserwelt" mit einer Atmosphäre
aus heißem Wasserdampf.
Dennoch ist bereits die Existenz der Atmosphäre Grund
zum vorsichtigen Optimismus. M-Zwerge wie GJ 1132 sind der häufigste Sterntyp
überhaupt. Allerdings handelt es sich um aktive Sterne, deren Aktivität je nach
Umständen genug sein kann, um die Atmosphäre nahegelegener Planeten schlicht
wegzublasen.
GJ 1132b ist das hoffnungsvolle Gegenbeispiel: mit einer Atmosphäre, die
offenbar Milliarden von Jahren überdauert hat (nämlich lange genug, um heute von
uns nachgewiesen zu werden). Angesichts der großen Anzahl an M-Sternen könnten
solche langlebigen Atmosphären bedeuten, dass die Voraussetzungen für Leben im
Universum recht häufig sind. Auf alle Fälle machen die neuen Beobachtungen GJ
1132b zu einem lohnenden Ziel für weitere Untersuchungen, etwa mit dem
Weltraumteleskop Hubble, dem Very Large Telescope der ESO und
dem James-Webb-Weltraumteleskop, das 2018 seinen Beobachtungsbetrieb
aufnehmen soll.
Über ihre Entdeckung berichten die Astronomen in einem Fachartikel, der in der Zeitschrift
Astronomical Journal erschienen ist.
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