Astronomin Vera Rubin gestorben
von Stefan Deiters astronews.com
27. Dezember 2016
Die amerikanische Astronomin Vera Rubin, die als eine der
Entdeckerinnen der Dunklen Materie gilt, ist am ersten Weihnachtstag im Alter
von 88 Jahren gestorben. Rubin stellte fest, dass sich die Sterne in der
Andromedagalaxie schneller bewegen, als es mit der vermuteten Masse der Galaxie
vereinbar ist. Es musste also eine nicht sichtbare Massenkomponente geben.
Vera Rubin im Jahr 2009 auf einer
NASA-Konferenz.
Foto: NASA, Jay Freidlander |
"In einer Spiralgalaxie ist das Verhältnis von Dunkler Materie zu
sichtbarer Materie in etwa zehn zu eins. Das ist vermutlich auch ein ganz guter
Faktor, um das Verhältnis unseres Wissens zu unserem Nichtwissen zu beschreiben.
Wir sind zwar aus dem Kindergarten raus, aber gerade einmal in der dritten
Klasse." Dieses Zitat stammt von Vera Rubin, einer amerikanischen Astronomin,
die als eine der Entdeckerinnen der Dunklen Materie gilt. Sie ist am ersten
Weihnachtstag im Alter von 88 Jahren gestorben.
Rubin war eine der wenigen Frauen ihrer Generation, der es gelungen ist, in
der Astronomie Karriere zu machen. Das lag nicht etwa daran, dass es nicht
genügend talentierte Frauen für eine Universitätslaufbahn gegeben hätte, sondern am
von Männern dominierten System. Auch Vera Rubin bekam dies zu spüren: Nach einem
Bachelor-Studium in Astronomie am Vassar College, einer Bildungseinrichtung für
Frauen, wollte Rubin, am 23. Juli 1928 in Philadelphia geboren, ihre Studien eigentlich in Princeton fortsetzen, was ihr allerdings verwehrt blieb, da Frauen dort erst ab
1975 für das Astronomiestudium zugelassen wurden.
Ihr Master-Studium machte sie stattdessen an der Cornell University, wo unter
anderem Richard Feynman und Hans Bethe zu ihren Lehrern zählten. 1951
beendete sie ihr Studium und ging für ihre Doktorarbeit an die Georgetown
University. Ihr Doktorvater war George Gamow. Schon damals beschäftigte sie sich
mit der Bewegung von Galaxien: In ihrer Doktorarbeit stellte sie die These auf,
dass sich nicht alle Galaxien gleichmäßig durch die Expansion des Universums
voneinander entfernen, sondern in der Regel in Haufen angeordnet sind und die
Masse der Galaxienhaufen auch die Bewegung der Galaxien beeinflusst - eine Idee,
die erst viele Jahre später allgemein akzeptiert war.
Nach ihrer Doktorarbeit war Rubin zunächst weiterhin an der Georgetown
University beschäftigt und ging später an das Department of Terrestrial
Magnetism, wo sie für den Rest ihrer wissenschaftlichen Laufbahn blieb.
Hier traf sie auch den Astronomen Kent Ford, einen ausgewiesenen Spezialisten
für Instrumentenbau, mit dem sie viel zusammenarbeiten sollte. 1965 durfte sie
als erste Frau überhaupt die Instrumente des Palomar Observatory nutzen.
Mit Ford begann Rubin auch Ende der 1960er Jahre die Bewegung von Sternen in
der Andromedagalaxie zu untersuchen. Dabei stellte sie fest, dass die Sterne in
den Außenbereichen der Galaxie sich so schnell bewegen, dass die Galaxie
eigentlich hätte auseinanderfliegen müssen. Da sie dies aber offensichtlich
nicht tat, musste es in der Galaxie einen beträchtlichen Anteil von nicht
sichtbarer Masse geben, die die Galaxie zusammenhielt. Diese Masse wurde bald
unter dem Begriff "Dunkle Materie" bekannt - allgemein akzeptiert wurde der
Sachverhalt aber erst rund zehn Jahre später. Rubin hatte über viele Jahre
zahlreiche weitere Beobachtungen vorgenommen und konnte das in der Andromedagalaxie
beobachtete Phänomen auch in zahlreichen anderen Systemen nachweisen, auch in
unserer Milchstraße.
Vera Rubin war seit 1948 verheiratet und hatte vier Kinder. Alle ihre Kinder
haben ein naturwissenschaftlich-mathematisches Studium absolviert, ihre 2014
verstorbene Tochter Judith Young war Professorin für Astronomie. Rubin hat sich
immer dafür eingesetzt, dass sich Frauen mit Astronomie und dem Universum
beschäftigen. Trotzdem wollte Rubin nicht als Frau in Erinnerung bleiben,
sondern für ihre wissenschaftlichen Leistungen: "Meine Zahlen bedeuten mir mehr
als mein Name. Wenn Astronomen meine Daten auch noch in vielen Jahren verwenden,
dann ist das das größte Kompliment."
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