Was das X im Zentrum verrät
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Astronomie astronews.com
19. Juli 2016
Ein Tweet, also eine Nachricht beim Kurznachrichtendienst
Twitter, kann manchmal Folgen haben: Das merkte auch Dustin Lang, der vor rund
einem Jahr ein Bild der Milchstraße twitterte, das er aus WISE-Daten erstellt
hatte. Aus dem Tweet entwickelte sich bald ein neues Forschungsprojekt. Eine
Astronomin hatte nämlich auf dem Bild etwas entdeckt, nach dem schon lange
gesucht worden war.
Das X im Herzen der Milchstraße. Das Bild
basiert auf Daten des NASA-Satelliten WISE.
Bild: NASA /
JPL-Caltech / D. Lang [Großansicht] |
Manchmal reicht ein einziger Tweet beim Kurznachrichtendienst Twitter, um ein
Forschungsprojekt in Gang zu setzen. Im Mai 2015 verbreitete Dustin Lang vom
Dunlap Institute for Astronomy & Astrophysics der Universität Toronto ein
Bild der Milchstraße über Twitter, das er aus Daten des NASA-Satelliten WISE erstellt hatte.
Er war froh, ein komplexes Projekt zu einem guten Abschluss gebracht zu haben
und schrieb: "Ich will gar nicht zugeben, wie lang es gedauert hat, 150
Gigapixel zu diesem WISE[-Bild] aufzusummieren."
Was er zu jenem Zeitpunkt nicht wusste: Sein Tweet wurde der Auftakt zu einem
ganz anderen Forschungsprojekt. Als Melissa Ness vom Max-Planck-Institut für
Astronomie den Tweet sah, fiel ihr auf, dass darauf eine Struktur zu sehen war,
nach der Astronomen lange gesucht hatten, die sie aber noch nie hatten abbilden
können: eine X-förmige Anordnung von Sternen in der zentralen Verdickung, dem
sogenannten "Bulge" unserer Milchstraße.
Einige Wochen später trafen sich Ness und Lang auf einer Konferenz und machten
sich gemeinsam daran, Langs Bilder so aufzubereiten, dass das gigantische X im
Herz unserer Galaxis deutlich sichtbar wurde. Für Astronomen wie Ness, die sich
für die Entwicklungsgeschichte unserer Heimatgalaxie interessieren, ist der
Bulge ein wichtiges Element bei der Entstehung unserer Galaxie.
"Wenn wir den Bulge verstehen, dann verstehen wir die Schlüsselprozesse, die das
Entstehen und die Form unserer Galaxie bestimmt haben," so Ness. Speziell die
Anwesenheit der X-Struktur würde zeigen, dass die zentrale Verdickung unserer
Milchstraße sich durch die dynamische Wechselwirkung der Sterne unserer Galaxis
entwickelt hat und nicht - wie auch diskutiert wird - durch die Verschmelzung
kleinerer Galaxien mit unserer eigenen.
Für Lang ist der wichtigste Aspekt der Arbeit die Rolle, die der offene Umgang
mit wissenschaftlichen Ergebnissen gespielt hat. Er sagt: "Für mich ist diese
Studie ein Beispiel dafür, was an unerwarteter interessanter Wissenschaft
möglich wird, wenn große Datensets öffentlich gemacht werden. Ich freue mich
sehr, dass meine WISE-Himmelskarten jetzt benutzt wurden, um Fragen zu
beantworten, die ich vorher noch nicht einmal kannte."
Über ihre Untersuchung berichten die Forscher in einem Fachartikel, der
in der Zeitschrift The Astronomical Journal erschienen ist.
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