Vorbereitungen für Regenwald-Mission
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
26. Februar 2016
Den gesamten Februar über haben mehrere Weltraumagenturen,
darunter auch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Forschungsflüge über
dem zentralafrikanischen Gabun durchgeführt und dabei Radarmessungen des
Regenwalds gemacht. Die Kampagne dient auch der Vorbereitung der ESA-Earth-Explorer-Mission
Biomass, die 2020 starten soll.
Im Pongara-Nationalpark
gibt es noch große Flächen unberührten
Mangrovenwalds, der weiter im Landesinneren an
dichten Regenwald angrenzt.
Bild: DLR [Gesamtansicht] |
Dichter Regenwald, ein zweimotoriges Forschungsflugzeug und hochmoderne
Radartechnologie: Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt
(DLR) fliegen vom 1. bis zum 29. Februar im zentralafrikanischen Gabun
zahlreiche Messflüge, um den Zustand des Regenwaldes zu bestimmen. Die
gewonnenen Daten helfen dabei, Klimamodelle zu verbessern und die Erderwärmung
besser zu verstehen.
Die Kampagne wird in Kooperation mit der europäischen (ESA), der
französischen (ONERA), der gabunischen (AGEOS) und dem amerikanischen
Raumfahrtzentrum (NASA) durchgeführt. ONERA führte bereits im Juli 2015
Messflüge zur Trockenzeit durch, während das DLR und die NASA mit insgesamt drei
Flugzeugen den Regenwald zur Regenzeit erforschen. Die Ergebnisse dienen der für
2020 geplanten ESA-Satellitenmission BIOMASS und dem deutschen Missionsvorschlag
Tandem-L als Referenzdaten.
Das Klimasystem der Erde ist hochkomplex und abhängig von einer Vielzahl von
Faktoren. Eine hohe Ungewissheit in der globalen Zusammensetzung des
Kohlenstoffs besteht derzeit in der Landnutzungsänderung. Zirka ein Drittel der
Landoberfläche der Welt ist mit Wald bedeckt. Da der Wald die Hälfte des
gesamten gebundenen Kohlenstoffs in seiner Biomasse bindet, wirken sich
Veränderungen (etwa durch Windwurf oder Rodungen) besonders stark aus. Deshalb
ist eine globale Bestandsaufnahme des Waldes sowie deren Änderung besonders
entscheidend für eine genauere Bestimmung des gebundenen Kohlenstoffs.
Neben den anderen Waldformen spielt der Regenwald mit seinem hohen Anteil an
Vegetationsmasse eine wichtige Rolle. Das Problem: Der Bestand an vorhandenem
Regenwald ist bisher unzureichend erfasst und auch seine Veränderung, entweder
durch Abholzung, aber auch durch Aufwuchs, kann bisher noch nicht regelmäßig
beobachtet und quantifiziert werden. Es ist unklar, wie viel Kohlenstoff
eigentlich in einem bestimmten Zeitraum gebunden bzw. wieder freigesetzt wird.
Ein besseres Verständnis des Bestandes und dessen Veränderung würde die
globale Kohlenstofferfassung enorm verbessern. Sie führen letztendlich zu
nachhaltigeren Gegenmaßnahmen zur Erderwärmung. Gabun besteht zu 88 Prozent aus
Regenwald und ist deshalb ideal für die Messkampagne. Über dem Dschungel der
zentralafrikanischen Westküste messen die Forscher des DLR-Instituts für
Hochfrequenztechnik und Radarsysteme die oberirdisch gebundene Biomasse der
üppigen Regenwald-Vegetation. Dazu haben die Wissenschaftler das
DLR-Forschungsflugzeug DO 228-212 mit moderner Radartechnologie im L- und P-Band
ausgerüstet.
Mit herkömmlicher Radartechnik lässt sich lediglich die oberflächliche
Struktur des Regenwald-Gebiets erfassen. Das deutsche Zwillingssatellitenpaar
Tandem-X beispielsweise misst die Streuung des Radarsignals an der
Baumkrone – dringt aber nicht durch diese hindurch. Mit Hilfe des am DLR
entwickelten flugzeuggestützten Radarsystems "F-SAR" (SAR: Synthetic Aperture
Radar) ist es möglich, gleichzeitig in mehreren Frequenzbereichen zu messen.
Die neue Radartechnik basiert auf polarimetrischer SAR-Interferometrie (Pol-InSAR).
Sie ermöglicht ein breit gefächertes Messen von verschiedenen Parametern. "Dank
der sehr langwelligen Radarsignale im L- und P-Band dringen wir mit unserem
Radar bis zum Waldboden vor und können so den gesamten Bereich zwischen Boden
und Krone erfassen", erklärt Prof. Irena Hajnsek, Projektleiterin der AfriSAR-Mission.
Aus den gewonnenen Daten wird die Höhe des Waldes errechnet und ein vertikales
3D-Profil erstellt. "Anhand dieser Kenngrößen können wir ableiten, wie viel
Kohlenstoff in der Regenwald-Biomasse gebunden ist", so Hajnsek weiter.
Mit den ausgewerteten Daten lassen sich anschließend die bestehenden
Klimamodelle erheblich verbessern. Als Nebenprodukt werden dank der Kartierung
des Dschungels gerodete und abgeholzte Gebiete deutlich sichtbar, was mit
optischen Sensoren aufgrund der ständigen Wolkenbedeckung nur sehr schwer
möglich ist.
Die zweimotorige Dornier DO 228-212 eignet sich durch ihre rechteckige Kabine
und die großen Öffnungen im Boden besonders gut zur Installation von speziellen
Kamera- und Radarsystemen. Da sie keine Druckkabine besitzt und die Messungen
aus einer Höhe von 6.100 Meter über dem Meeresspiegel stattfinden, fliegen die
Piloten mit Höhen-Atemsauerstoff. "In diesen Höhen bekommt das Gehirn schon nach
kurzer Zeit nicht mehr genug Sauerstoff. Das Tragen einer Sauerstoffmaske ist
deshalb Pflicht", betont Oliver Brieger, Leiter des DLR-Forschungsflugbetriebs.
Eine der großen Herausforderungen beim Fliegen ist allerdings das Wetter. In
der innertropischen Konvergenzzone, in der sich das äquatoriale Gabun befindet,
sind ganztägig hochreichende Wolken mit Turbulenzen, heftige Gewitter vor allem
am Abend und Dunst mit schlechter Sicht keine Seltenheit. Für die Radarmessungen
auf den insgesamt 15 Messflügen muss die Maschine sehr ruhig geflogen werden,
die Piloten versuchen, möglichst nicht mehr als ein bis zwei Meter vom geplanten
Flugpfad abzuweichen. Diese Genauigkeit ist erforderlich, um später aus den
Radardaten mehrerer paralleler Flugpfade einen tomographischen Datensatz zu
erzeugen, aus dem sich später das 3D-Modell des Waldes ableiten lässt.
Die Kampagne in Gabun dient auch der Vorbereitung der Earth-Explorer-Mission
Biomass der europäischen Weltraumagentur ESA. Mit Biomass
sollen erstmals spezielle Radarmessungen aus dem All durchgeführt werden, mit
denen die Biomasse und der in den Wäldern der Erde gespeicherte Kohlenstoff
genauer als jemals zuvor bestimmt werden kann. Der Start von Biomass
ist für das Jahr 2020 vorgesehen (astronews.com berichtete).
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