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LOFAR
Blick ins All von norddeutscher Wiese
von Stefan Deiters
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10. September 2015

Auf einer Wiese nördlich von Hamburg wurde gestern die sechste deutsche Station des internationalen Radioteleskopnetzwerks LOFAR eingeweiht. Die recht unspektakulär aussehende Anlage in Norderstedt soll das Auflösungsvermögen und die Empfindlichkeit des Gesamtsystems deutlich verbessern helfen. Die Station wird von den Universitäten Hamburg und Bielefeld betrieben.

LOFAR

Die Antennen für niedrige Frequenzen der neuen LOFAR-Station in Norderstedt.  [Großansicht

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Die durch ein Styroporgerüst und eine Plane geschützten Antennen für hohe Frequenzen. Im grauen Container im Hintergrund befindet sich die Empfangstechnik. Fotos: Stefan Deiters [Großansicht

Wer bei einem Radioteleskop an gewaltige schwenkbare Radioschüsseln denkt, mit deren Hilfe bestimmte Bereiche des Himmels anvisiert werden, dürfte relativ enttäuscht sein, wenn er die jüngste Station des internationalen Radioteleskopnetzwerks LOFAR in Norderstedt besucht. LOFAR steht für Low Frequency Array und ist kein gewöhnliches Radioteleskop, sondern ein digitaler Verbund aus nunmehr 47 Empfangsstationen in Europa. Die meisten Stationen und die Zentrale von LOFAR befinden sich in den Niederlanden.

Die einzelnen Stationen sind dabei äußerst unspektakulär: Sie bestehen jeweils aus zwei verschiedenen Arten von Antennen, die auf einem großen Feld aufgebaut sind. Bei den Antennen für niedrige Frequenzen handelt es sich um einfache Drähte, die von senkrecht stehenden Pfosten gespannt sind. Die Antennen für hohe Frequenzen sind in einem Styroporgerüst montiert, das von dunklen Planen abgedeckt ist.

Wer an der neuen LOFAR-Station in Norderstedt vorbeispaziert, dürfte daher kaum vermuten, dass mit ihrer Hilfe unter anderem Schwarze Löcher, Pulsare und die Anfangsjahre des Universums erforscht werden. Das eigentliche Know-How findet sich nämlich in einem grauen Container, mit dem alle 192 Einzelantennen der Station unterirdisch per Glasfaserleitung verbunden sind.

Ferngesteuert werden hier die Signale ausgewählt, die weiterverarbeitet und an die Zentralrechner in den Niederlanden übermittelt werden sollen. Die Antennen haben keine beweglichen Teile, die eigentliche Blickrichtung des Teleskops wird allein durch die unterschiedliche Ankunftszeit der Signale eingestellt. Eine extrem genaue Rubidiumuhr sorgt für die exakte zeitliche Codierung der einzelnen Beobachtungen. Diese ist auch deswegen wichtig, weil LOFAR seine eigentliche Leistungsfähigkeit erst dann entfalten kann, wenn alle Stationen digital zusammengeschaltet werden. Man erhält so ein virtuelles Riesen-Radioteleskop.

Die LOFAR-Station in Norderstedt ist seit Anfang des Jahres in Betrieb. Gestern wurde sie nun offiziell eingeweiht. Die Station wurde von den Universitäten Hamburg und Bielefeld errichtet, wobei man sich beim Aufbau auf die bewährten Komponenten des LOFAR-Teleskopsystems verlassen konnte. LOFAR beobachtet bereits seit mehreren Jahren und wurde 2010 offiziell eröffnet.

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Die Kosten für die Station belaufen sich auf etwas mehr als eine Millionen Euro. Dafür bekommen die Astronomen aus Hamburg und Bielefeld garantierte Beobachtungszeit auf dem Gesamtsystem. Drei Tage pro Woche können die deutschen Stationen zudem unabhängig genutzt werden. Die anderen deutschen Stationen befinden sich in Jülich, Effelsberg, Potsdam, Tautenburg und Unterweilenbach. Weitere Stationen in Deutschland sind zunächst nicht geplant.

Beobachtungen in dem von LOFAR abgedeckten Frequenzbereich sind erst möglich, seit es moderne computergestützte Analyseverfahren erlauben, die unzähligen Störungen herauszufiltern, die etwa durch Radiosender, Hochspannungsleitungen oder auch durch Mobiltelefone verursacht werden. Der Entwicklung entsprechender Software, die schließlich aus den ungeheuren Datenmengen für Astronomen auswertbare Bilder erzeugt, kommt daher bei diesem Teleskop eine große Bedeutung zu. Die Datenmengen, die verarbeitet werden müssen, sind gewaltig: Beobachtungen von acht Stunden erzeugen typischerweise vier Terabyte an Daten.

LOFAR-Beobachtungen sind für ganz unterschiedliche Forschungsbereiche von Interesse: In Hamburg beschäftigt man sich beispielsweise mit sogenannten Radiorelikten, die entstehen, wenn große Ansammlungen von Galaxien miteinander kollidieren. Außerdem steuert man Software für LOFAR bei. In Bielefeld ist man vor allem an Pulsaren, also schnell rotierenden Neutronensternen, interessiert.

Doch auch ganz irdische Beobachtungen lassen sich mit dem Teleskop anstellen: So gelang es, die Radiosignale zu messen, die entstehen, wenn Partikel der kosmischen Strahlung in die Erdatmosphäre eindringen. Überraschenderweise stellte sich dabei heraus, dass sich die Signale veränderten, wenn es in der Nähe der Station ein Gewitter gab. Eine genaue Auswertung erlaubt es, aus diesen Variationen Informationen über die elektrische Feldstärke innerhalb einer Gewitterwolke zu errechnen.

Hans-Joachim Grote, der Oberbürgermeister von Norderstedt, zeigte sich bei der feierlichen Einweihung der Station beeindruckt von dem, was da auf einer Wiese am Rand seiner Stadt entstanden war. Norderstedt würde nun in einem Atemzug mit anderen LOFAR-Stationen wie Jülich oder Effelsberg genannt werden. Zwar glaubt Grote nicht daran, dass "sein" Norderstedt noch einmal in die Liga der Universitätsstädte aufsteigt, doch wäre die Stadt jetzt zumindest schon einmal Standort eines Radioteleskops.

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