Detaillierter Blick auf Gum 56
von Stefan Deiters astronews.com
8. September 2015
Die europäische Südsternwarte ESO hat in der vergangenen
Woche eine neue Detailansicht der Sternentstehungsregion Gum 56 veröffentlicht.
Es handelt sich dabei um einen relativ unbekannten Nebel, der rund 6.000
Lichtjahre entfernt im Sternbild Skorpion liegt. Für das Leuchten des Gases sind
hauptsächlich zwei gewaltige Sterne verantwortlich.
Farbenprächtige Nebel leuchten nicht ohne Grund - und im Falle des Nebels Gum
56 lässt sich die Ursache für dieses Leuchten auch leicht ausmachen: Tief im
Inneren dieser Sternentstehungsregion befinden sich drei Ansammlungen aus heißen
jungen Sternen, die kaum älter sind als einige Millionen Jahre.
Das intensive Licht dieser Sterne, insbesondere die ultraviolette Strahlung,
ionisiert das Gas des Nebels, den Atomen werden also Elektronen entrissen.
Fangen die Atome diese dann wieder ein, wird dabei Energie in Form von Licht frei.
Jedes chemische Element sendet dabei Licht in einer ganz bestimmten Farbe aus -
Wasserstoffgas sorgt für ein typisch rötliches Leuchten.
Wasserstoff ist der Grundbaustein von Sternen. Sternentstehungsregionen
wie Gum 56 bestehen hauptsächlich aus riesigen Wasserstoffwolken. Gum 56, auch
bekannt unter der Bezeichnung IC 4628, verdankt seinen Katalognamen dem
australischen Astronomen Colin Stanley Gum, der 1955 einen umfangreichen Katalog
sogenannter HII-Regionen veröffentlichte. Als HII-Region bezeichnen Astronomen
gewaltige Ansammlungen von ionisiertem Wasserstoff.
Die Ionisation von Gum 56 lässt sich hauptsächlich auf zwei massereiche
Sterne zurückführen, die sich jedoch außerhalb des Bildbereichs befinden. Diese
gewaltigen Sonnen gehen - wie alle massereichen Sterne - äußerst verschwenderisch mit ihrem nuklearen Brennstoff
um, so dass sie bereits nach etwa einer Millon Jahren das Ende ihres stellaren
Lebens erreichen und als Supernova explodieren werden. Zum Vergleich: Unsere
deutlich masseärmere Sonne hat eine Lebenserwartung von rund zehn Milliarden Jahren.
In Gum 56 entstehen noch immer Sterne. Das mit schweren Elementen
angereicherte Material, das durch die Supernova-Explosionen der massereichsten
Sonnen der Region ins All geschleudert wurde, vermischt sich mit dem Rohmaterial
für neue Sterne, so dass diese dann einen Teil der Sterne früherer
Generationen in sich tragen. Im Laufe mehrerer Sterngenerationen reichern sich
auf diese Weise immer mehr Elemente im Gas und in den daraus entstehenden
Sternen an.
Auch unsere Sonne verdankt ihre Zusammensetzung dem Leben und Vergehen
früherer Sterngenerationen.
Die Elemente, die benötigt werden, um Gesteinsplaneten wie die Erde entstehen zu
lassen, mussten alle zunächst im Inneren von Sternen erzeugt werden. Auch das Leben
auf der Erde wäre ohne diesen Prozess nicht möglich. Wir bestehen also tatsächlich zu
einem bestimmten Teil aus Sternenstaub - oder zumindest aus Elementen, die einst
im Inneren längst verloschener Sonnen entstanden sind.
Gum 56 ist, trotz seiner beiden Riesensterne, kein sehr auffälliger Nebel. Er
ist 6.000 Lichtjahre von der Erde entfernt und befindet sich im Sternbild
Skorpion. Sein Durchmesser beträgt 250 Lichtjahre, am Himmel entspricht
seine Größe daher ungefähr dem vierfachen Durchmesser des Vollmonds. Er ist aber
äußerst lichtschwach, da ein Großteil seiner Strahlung im für das menschliche
Auge nicht sichtbaren Bereich des Lichts abgestrahlt wird.
Das Bild basiert auf Daten, die mit dem Wide Field Imager am 2,2-Meter
MPG/ESO-Teleskop in La Silla gewonnen wurden. Die Beobachtungen wurden im Rahmen
des Programms Cosmic Gems gemacht. Dieses nutzt Teleskopzeit, die nicht für
wissenschaftliche Untersuchungen verwendet werden kann, um für die
Öffentlichkeitsarbeit interessante Objekte ins Visier zu nehmen.
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