Die Fruchtbarkeitsgötter des Zwergplaneten
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt astronews.com
28. Juni 2015
Seit mehreren Monaten umkreist die NASA-Sonde Dawn den
Zwergplaneten Ceres. Jetzt haben die Wissenschaftler die ersten 17 Krater auf
dessen Oberfläche benannt - nach Fruchtbarkeitsgöttinnen und
Fruchtbarkeitsgöttern. Der Durchmesser und die Tiefe der Krater verrät den
Forschern einiges über die Eigenschaften der vielfältigen Oberfläche.
17 Fruchtbarkeitsgöttern und -göttinnen
standen Pate für die Benennung der prominentesten
Krater auf Zwergplanet Ceres. Die farbkodierte
Karte zeigt die die abwechslungsreiche
Topographie von Ceres: Blau gefärbt sind Regionen
rund 7,5 Kilometern unterhalb der Oberfläche,
weiß erscheinen Regionen rund 7,5 Kilometer
oberhalb der Oberfläche.
Bild: NASA / JPL-Caltech / UCLA / MPS /
DLR / IDA [vergrößerte
Gesamtansicht] |
Tamayie, der polynesische Gott der Kokosnussbäume, hat es nicht geschafft,
der mexikanische Gott Nanahuatl auch nicht. Aus rund 150 Fruchtbarkeitsgöttern
und -göttinnen haben Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Luft- und
Raumfahrt (DLR) für das Team der NASA-Mission Dawn 17 Namen für die
prominentesten Krater auf Ceres herausgepickt und der International Astronomical
Union (IAU) vorschlagen - denn der Zwergplanet ist nach der römischen Göttin des
Ackerbaus benannt.
Nun "bevölkern" Götter von fünf Kontinenten - von der hawaiianischen Haulani
über die römische Landwirtschaftsgottheit Occator bis hin zur deutschen
Göttin Gaue - die abwechslungsreiche Oberfläche. "Zwischen dem höchsten Berg und
dem tiefsten Kraterboden liegen rund 15 Kilometer - das entspricht fast dem
Relief der Erde zwischen Mariannengraben und Mount Everest", erläutert Prof.
Ralf Jaumann, Planetenforscher am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt
(DLR) und Mitglied des Dawn-Teams. Allerdings ist die Erde auch um das
Dreizehnfache größer als Ceres. "In der Kruste von Ceres muss also eine enorme
Dynamik stecken, die eine solche Topographie auftürmt."
Vor allem die unterschiedlichen Kratertiefen in Relation zum jeweiligen
Kraterdurchmesser sind für die Planetenforscher spannend: "Die Einschlagskrater
Dantu und Ezinu sind extrem tief, größere Krater wie Kerwan und Yalode sind
deutlich flacher", so Jaumann. "Das weist darauf hin, dass das Eis mit
Kratergröße und -alter mobiler wird und der Krater dadurch an Tiefe verliert."
Dantu, benannt nach einem ghanaischen Erntegott, hat einen Durchmesser von
etwa 120 Kilometern und ist fünf Kilometer tief. Die Abmessungen von Ezinu - der
Krater hat seinen Namen von der sumerischen Göttin des Korns - sind
vergleichbar. Damit sind diese beiden nur halb so groß wie der deutlich flachere
Kerwan, benannt nach einem Hopi-Geist des Mais, und Krater Yalode, einer
westafrikanischen Dahomey-Göttin. "Die Frage ist: Wie groß muss ein Krater sein,
damit die durch den Einschlag erzeugte Spannung in der Kruste groß genug ist, um
mittels Bewegung des Eises die Delle auszugleichen, was dann zu einer Hebung des
Kraterbodens und zur Abflachung der Kraterränder führt - und wie lange dauert
das?"
Mit den 17 Fruchtbarkeitsgöttern und -göttinnen wurden in einem ersten
Schritt nur die auffälligsten, prominentesten Krater mit Namen versehen. Damit
erhalten auch die 15 so genannten Quadrangel (Abschnitte), in die die Oberfläche
von Ceres aufgeteilt wurde, ihren Namen. Zwei dieser Regionen werden von
DLR-Planetenforschern geologisch kartiert: Dies sind die Gebiete um Krater
Sintana sowie Krater Haulani, indem sich einige der rätselhaften weißen Flecken
des Zwergplaneten befinden.
Haulani hat einen Durchmesser von etwa 30 Kilometern und - das haben
Messungen mit Dawns Spektrometer ergeben - scheint kälter, als das umliegende
Gelände zu sein. Der auffälligste Krater auf Ceres erhielt den Namen der
römischen Gottheit Occator. Im Inneren des 90-Kilometer-Kraters liegen die
hellsten Flecken, die man auf Fotos des Zwergplaneten Ceres besonders gut
erkennt.
Krater Urvara, benannt nach der indischen und iranischen Gottheit der
Pflanzen und Felder, ist besonders auffällig durch seinen drei Kilometer hohen
Berg in der Mitte des 160 Kilometer breiten Einschlagbeckens. Auch der Krater
auf dem nullten Längengrad, den die Wissenschaftler des Dawn-Teams nun
festgelegt haben, erhielt einen Namen: Er wurde nach Kait, der hethitischen
Göttin des Korns, benannt.
Doch auch die Götter und Göttinnen, die bisher noch nicht zum Zuge kamen,
könnten noch an die Reihe kommen: "Auch die übrigen Krater auf Ceres werden noch
benannt", erläutert Dr. Thomas Roatsch vom DLR-Institut für Planetenforschung.
"Bei Saturn-Mond Enceladus wurden etwa 75 Krater benannt - und er ist nur halb
so groß wie Zwergplanet Ceres." Es wird also noch kreative Arbeit auf das
Dawn-Team zukommen, damit letztendlich alle wichtigen Strukturen auf Ceres einen
Namen erhalten. Aussprechbar müssen sie sein - "das ist zum Beispiel bei
polynesischen Göttern nicht einfach" - und die Fruchtbarkeitskultur der gesamten
Welt abbilden.
In der Zwischenzeit senkt sich Raumsonde Dawn immer tiefer hinunter
zur Oberfläche von Ceres, um im August den nächsten Orbit zu erreichen. Dann
wird sie aus nur noch 1.470 Kilometern Entfernung auf Ceres blicken und ist
damit drei Mal dichter dran als in seinem letzten Orbit. Während dieses Fluges
wird die Kamera an Bord der Sonde keine Bilder aufnehmen können, da die
Ionentriebwerke von Dawn in Betrieb sind.
|