Neues über die Struktur der Milchstraße
von Stefan Deiters astronews.com
5. Juni 2015
Etwas über die Struktur unserer Heimatgalaxie zu erfahren,
ist schwieriger, als viele vermuten. Unsere Erde kreist nämlich inmitten einer
Scheibe aus Gas und Staub um das galaktische Zentrum. Nun haben Astronomen junge
Sternhaufen genutzt, um die Struktur der Spiralarme besser bestimmen zu können.
Die Daten zeigen, dass die Milchstraße wohl tatsächlich vier große Spiralarme hat.
Die Struktur der Milchstraße und die
Positionen der mithilfe von WISE-Daten entdeckten
jungen Sternhaufen.
Bild: NASA / JPL-Caltech / Federal University
of Rio Grande do Sul
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Eigentlich, so mögen viele denken, müsste man doch über die Struktur unserer
eigenen Galaxie, der Milchstraße, am besten Bescheid wissen - schließlich ist
sie uns von allen Galaxien am nächsten und wir können sie direkt "vor Ort"
untersuchen. Doch leider ist genau dies das Problem: Unsere Sonne und ihre
Planeten befinden sich inmitten der galaktischen Scheibe der Milchstraße, in
etwa zwei Drittel der Entfernung vom Zentrum zum äußeren Rand.
Schon diese Lage macht es nicht einfach, sich ein genaues Bild von der
Struktur zu machen. Die anderen Sterne der Scheibe etwa erscheinen als helles
Band an unserem Nachthimmel. Die genaue dreidimensionale Struktur der Scheibe lässt sich
nur ermitteln, wenn man die Entfernung der einzelnen Sterne bestimmt. Dies kann
in der nötigen Präzision schon schwer genug sein. Zusätzlich erschweren aber
noch Staubschwaden den Blick. So hat die Karte der Milchstraße noch immer "weiße
Flecken".
Astronomen suchen daher immer nach neuen Methoden, um mehr über die Struktur
unserer Heimatgalaxie zu erfahren. Ein neues Verfahren nutzt die Daten des Wide-field
Infrared Survey Explorer (WISE) der amerikanischen Weltraumbehörde NASA. Da das
Teleskop im infraroten Bereich des Lichts beobachtet, kann es praktisch durch
den Staub hindurchschauen. Dabei wurden mit WISE über 400 in Staub eingebettete
junge Sternhaufen entdeckt, die ein Astronomenteam nun zur Bestimmung der Form
der Spiralarme der Milchstraße genutzt hat.
"Die Position der Sonne inmitten der staubigen galaktischen Scheibe macht
die Beobachtung der Struktur unserer Galaxie sehr kompliziert", so Denilso
Camargo von der brasilianischen Federal University of Rio Grande do Sul. Die
mithilfe von WISE ermittelten Informationen würden für eine Spiralstruktur mit
vier Armen sprechen. "Spiralarme sind wie eine Art Verkehrsstau, wo sich Gas und
Sterne ansammeln und langsamer vorankommen. Wenn Material durch die dichten
Spiralarme wandert, wird es komprimiert und dadurch die Entstehung von Sternen
ausgelöst."
Die jungen Sternhaufen sind zum Nachzeichnen der Spiralarme ideal, da diese
stellaren Kinderstuben noch so jung sind, dass die gerade entstandenen Sonnen
noch nicht aus den Spiralarmen herausgewandert sind. Die Methode kann andere
Verfahren jedoch nur ergänzen. So wurden in den letzten Jahren auch Daten des
Weltraumteleskops Spitzer oder Radiobeobachtungen genutzt, um mehr über die
Struktur der Milchstraße zu erfahren.
Nach dem durch die aktuelle Studie bestätigten Bild, verfügt die Milchstraße über vier Hauptarme:
den Perseus-Arm, den Scutum-Centaurus-Arm, den Sagittarius-Carina-Arm sowie den
Äußeren Arm. Im Perseus- und im Scutum-Centaurus-Arm befinden sich sehr viele
Sterne, im Äußeren und im Sagittarius-Carina-Arm gibt es ähnlich viel Gas wie in
den anderen beiden Armen, jedoch weniger Sterne. Junge Sternhaufen wurden von
WISE in drei der vier Hauptarme entdeckt. Unsere Sonne befindet sich in einem
Nebenarm, der als Orion-Cygnus-Arm oder auch als lokaler Arm bekannt ist.
Über die aktuelle Studie berichten die Wissenschaftler in einem Fachartikel,
der in der Zeitschrift Monthly Notices of the Royal Astronomical Society
erschienen ist.
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