Russland bleibt bis 2024 an Bord
von Stefan Deiters astronews.com
27. Februar 2015
Vor einem Jahr hatte die NASA angekündigt, dass sie eine
Nutzung der Internationalen Raumstation ISS bis mindestens ins Jahr 2024
anstrebt. Bislang ist eine Nutzung nur bis 2020 vereinbart. Während sich die
anderen ISS-Partner dafür offen zeigten, wies Russland das Ansinnen zunächst
zurück.
Jetzt wurde aber einer Verlängerung zugestimmt. Nach 2024 will man aber eigene
Wege gehen.
Die Internationale Raumstation ISS in einer
Aufnahme aus dem Juli 2011.
Foto: NASA [Großansicht] |
Die NASA machte im letzten Jahr Nägel mit Köpfen: Sie wolle, so verkündete
die amerikanische Raumfahrtbehörde, die Internationale Raumstation ISS bis
mindestens 2024 nutzen, vielleicht auch noch darüber hinaus. Bislang ist ein
Betrieb der ISS zwischen den internationalen Partnern nur bis ins Jahr 2020
vereinbart.
Die Diskussion um eine Verlängerung der ISS-Nutzung hatte die NASA damals
wohl vor allem aus einem Grund angestoßen: Die Amerikaner wollen den Transport
von Versorgungsgütern und auch von Besatzungsmitgliedern privaten Unternehmen
überlassen. Während unbemannte Versorgungsflüge schon jetzt von kommerziellen
Anbietern im Auftrag der NASA durchgeführt werden, dürfte der erste
amerikanische Astronaut erst in frühestens zwei Jahren an Bord eines
kommerziellen Raumschiffs zur ISS starten.
Die Entwicklungskosten für ein kommerzielles Raumschiff zum
Mannschaftstransport wären aber kaum zu rechtfertigen, wenn die ISS anschließend nicht
mindestens noch für einige Jahre in Betrieb bleibt. Von daher ist eine
Verlängerung der Nutzung der ISS für die NASA auch ein wichtiger Faktor, um den
kommerziellen Mannschaftstransport für US-Unternehmen überhaupt attraktiv zu
machen.
Die Ankündigung der NASA kam im vergangenen Jahr zu einem recht ungünstigen
Zeitpunkt. Durch die Spannungen in der Ukraine hatten sich die Beziehungen
zwischen den USA und Russland gerade deutlich verschlechtert. Während sich die anderen
ISS-Partner aufgeschlossen für eine Verlängerung zeigten, erklärte der russische
Vizepremierminister im Mai, dass Russland kein Interesse daran habe, die ISS bis
2024 zu betreiben: "Wir erwarten, dass wir die ISS exakt bis 2020 benötigen
werden." Anschließend wolle man sich auf andere, vielversprechendere Projekte
konzentrieren.
Dass diese Äußerungen damals politisch motiviert waren, hat sich in
dieser Woche bestätigt: Die jetzt vorgestellten Pläne für die
russische Raumfahrt bis 2025 sehen nämlich inzwischen einen Weiterbetrieb der
Internationalen Raumstation bis in das Jahr 2024 vor. Dann allerdings soll
Schluss sein: Russland erwägt anschließend einige russische Module von der ISS zu
trennen, um daraus eine eigene, rein russische Raumstation zu bilden.
Bei diesen Komponenten handelt es sich um ein Labormodul, ein Andocksystem
sowie ein Modul zur Energieerzeugung und für wissenschaftliche Experimente. Alle
diese Module sollen erst in den kommenden Jahren an die ISS angedockt werden.
Über den Verbleib der ältesten russischen ISS-Komponenten - wie etwa das Wohn- und
Navigationsmodul Swesda oder das Modul Sarja - wurden keine Aussagen
gemacht. Diese werden 2024 allerdings auch schon über 20 Jahre alt sein und
wären damit länger im Einsatz als ursprünglich geplant.
Von den anderen ISS-Partnern gibt es bislang noch keine endgültigen
Entscheidungen über einen Weiterbetrieb der ISS über das Jahr 2020 hinaus. Es wird
erwartet, dass bei der europäischen Weltraumagentur ESA, der japanische
Weltraumagentur JAXA und der kanadische Weltraumagentur CSA frühestens im
kommenden Jahr entsprechende Beschlüsse gefasst werden. Mit der jetzt
angekündigten Bereitschaft der Russen erscheint aber der Weiterbetrieb der ISS bis
ins Jahr 2024 deutlich wahrscheinlicher.
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