Galaktische Heimat weiter im Visier
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Heidelberg astronews.com
24. November 2014
In Heidelberg wird weiter intensiv über die Entstehung und
Entwicklung unserer galaktischen Heimat geforscht. Die Deutsche
Forschungsgemeinschaft (DFG) hat jetzt einen dort seit 2011 bestehenden
Sonderforschungsbereich um vier Jahre verlängert. Ein Schwerpunkt
während der zweiten Förderperiode soll die Auswertung von Daten der Astrometriemission Gaia sein.
So könnte unsere
Milchstraße aus der Entfernung aussehen.
Bild: NASA/JPL-Caltech |
Der Sonderforschungsbereich "Das Milchstraßensystem" kann seine Arbeit an der
Universität Heidelberg für weitere vier Jahre fortsetzen. Nach einer
internationalen Begutachtung hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) für
eine zweite Förderperiode Mittel in Höhe von gut neun Millionen Euro bewilligt.
Der 2011 eingerichtete Forschungsverbund ist am Heidelberger Zentrum für
Astronomie angesiedelt und befasst sich mit der Entstehung der Milchstraße sowie
fundamentalen Fragen der Galaxienentwicklung.
Im Mittelpunkt der Forschungsarbeiten steht, wie der Name schon andeutet,
unsere Heimatgalaxie, die Milchstraße, die eine typische Spiralgalaxie ist und
damit zur häufigsten Klasse massereicher Galaxien im Universum gehört. Die
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Sonderforschungsbereich widmen sich
der Frage nach der Entstehung und Entwicklung der Milchstraße, um
Grundprinzipien der Galaxienbildung zu klären.
"Aufgrund unserer Lage innerhalb der Milchstraße ist unsere Heimatgalaxie ein
einzigartiges Laboratorium für die genaue Erforschung der physikalischen
Prozesse, die die Galaxienentwicklung bestimmen", so Prof. Dr. Eva Grebel vom
Astronomischen Rechen-Institut, die Sprecherin des Sonderforschungsbereichs. "Im
Milchstraßensystem können wir sogar 'galaktische Archäologie' betreiben und
seine Sterne als fossile Anzeiger der chemischen Entwicklungsgeschichte und des
kosmischen Materiekreislaufs nutzen".
Mit den Arbeiten am SFB 881 ist zugleich das Ziel verbunden, Vorhersagen
kosmologischer Modelle zur Galaxienentstehung im Detail zu überprüfen und die
kleinskalige Verteilung dunkler Materie zu untersuchen. Mit den Arbeiten in der
ersten Förderperiode wurden auf diesem Gebiet wichtige Fortschritte erzielt,
erklärt Grebel. So sei es erstmals gelungen, in Simulationen realistische
Scheibengalaxien wie die Milchstraße zu erzeugen. Ein leistungsfähiger neuer
Supercomputer unterstützt die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am SFB
bei diesen aufwendigen Berechnungen.
"Zudem konnten dank umfassender spektroskopischer Himmelsdurchmusterungen, an
denen unser Sonderforschungsbereich beteiligt ist, die Eigenschaften der Sterne
in verschiedenen Komponenten der Milchstraßenscheibe mit großer Genauigkeit
vermessen werden. Dabei war es möglich, Theorien zur Scheibenentwicklung zu
prüfen und zu verfeinern", so die Heidelberger Astronomin. Darüber hinaus wurden
mehr als 3.000 offene Sternhaufen charakterisiert.
"In den Außenbereichen der Milchstraße haben wir etliche neue Substrukturen
entdeckt. Dabei handelt es sich wahrscheinlich um die Überreste von
Zwerggalaxien, die von der Milchstraße 'verschlungen' wurden", betont Prof.
Grebel. "Zugleich wurden wichtige Durchbrüche erzielt in der Frage, wie Sterne
aus Molekülwolken entstehen."
Ein wesentlicher Schwerpunkt während der zweiten Förderperiode wird die
wissenschaftliche Auswertung der Daten der europäischen Satelliten-Mission
Gaia sein, an der Heidelberger Forscherinnen und Forscher federführend
beteiligt sind. Gaia und andere große Himmelsdurchmusterungen sowie
Fortschritte in der theoretischen Modellierung hätten, so Grebel, eine neue
Dekade der Milchstraßenforschung eingeleitet, für die die Heidelberger
Astronomen "hervorragend positioniert" seien.
"Mit dem umfassenden Forschungskonzept unseres Sonderforschungsbereichs
können wir wesentlich zum Verständnis der Entstehung und Funktionsweise unserer
Heimatgalaxie beitragen und damit viele fundamentale Fragen der Galaxienbildung
und Galaxienentwicklung untersuchen," erklärt Grebel.
Die Arbeiten am jetzt verlängerten Sonderforschungsbereich, an dem als
außeruniversitäre Forschungseinrichtungen auch das Max-Planck-Institut für
Astronomie und das Heidelberger Institut für Theoretische Studien beteiligt
sind, werden in Zusammenarbeit mit dem Haus der Astronomie durch gezielte
Projekte für Schulen, durch Lehrerfortbildungen und öffentliche Vortragsreihen
begleitet.
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