Weiter Unterstützung für Astroteilchenforschung
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Erlangen-Nürnberg astronews.com
24. September 2014
Freude bei den Astroteilchenphysikern der Universität
Erlangen-Nürnberg. Ihr Erlangen Centre for Astroparticle Physics hat
erneut eine Förderung aus Bundesmitteln erhalten. Das Geld soll vor allem in die
Beteiligung am neuen Cherenkov Telescope Array (CTA) fließen, einem
Großteleskop, das den Forschern ganz neue Möglichkeiten eröffnen wird.
Konzept des
Cherenkov Telescope Array (CTA).
Bild: G. Perez IAC / Wikipedia [Großansicht] |
Erlangen entwickelt sich zu einem internationalen Zentrum der
Astroteilchenphysik: Mit der einer neuen Zuwendung von 2,2 Millionen Euro setzt
das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die erfolgreiche
Förderung des Erlangen Centre for Astroparticle Physics (ECAP) an der
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) fort. Ein großer Teil
der Förderung fließt in die Entwicklung und den Bau des größten
Gammastrahlenteleskops der Welt.
Das ECAP ist an internationalen Großprojekten der Neutrino-, Gamma- und
Röntgen-Astronomie führend beteiligt – unter anderem durch die Entwicklung und
den Bau von Kameras, Sensorsystemen und Detektoren. Die Zuwendungsbescheide
überreichte Stefan Müller, Parlamentarischer Staatssekretär beim BMBF, den
Wissenschaftlern in der vergangenen Woche persönlich. "Durch die
Forschungsanstrengungen des ECAP wird die internationale Sichtbarkeit der
deutschen Wissenschaft erhöht, die Wettbewerbsfähigkeit unseres Bildungs- und
Wissenschaftsstandortes gesteigert und der Nachwuchs hervorragend ausgebildet",
so Müller.
Das ECAP, ein Zusammenschluss von Astrophysikern der Universität mit über 150
Wissenschaftlern, erforscht hochenergetische Teilchen aus dem Universum, die
beispielsweise in der Umgebung von Schwarzen Löchern beschleunigt werden und als
Materieströme mit nahezu Lichtgeschwindigkeit durch das Weltall rasen. "Wir
konzentrieren uns dabei auf Neutrinos und Gammastrahlen, denn die werden im
Gegensatz zu Protonen von Magnetfeldern nicht abgelenkt", erklärt
ECAP-Geschäftsführerin Prof. Dr. Gisela Anton. "Sie sind die perfekten
Botschafter des Universums, weil wir durch sie zum Beispiel den Ursprung der
kosmischen Strahlung identifizieren können."
Um Strahlung und Teilchen aus dem Kosmos aufspüren zu können, sind zum Teil
gigantische Apparaturen notwendig - etwa die HESS-Spiegelteleskope im Hochland
von Namibia oder die Neutrinoteleskope IceCube am Südpol und ANTARES
vor der französischen Mittelmeerküste. Das größte der fünf HESS-Teleskope hat
beispielsweise einen Durchmesser von 28 Metern und wiegt 600 Tonnen.
IceCube - ein Observatorium mit über 5.000 Photosensoren an 86
Kabelsträngen - erfasst Neutrinospuren in einem einen Kubikkilometer großen
Block im antarktischen Eis. Die 1.000 Photodetektoren von ANTARES suchen
ebenfalls nach Neutrinos und bedecken eine Fläche von rund zehn Hektar über dem
Meeresboden in 2.500 Metern Tiefe. Für diese internationalen Großprojekte der
Neutrino- und Gamma-Astronomie entwickelt und baut das ECAP unter anderem
Kameras, Sensorsysteme und Detektoren. Die Erlanger Astroteilchenphysiker sind
in den Betrieb der Teleskope und in die Datenauswertung eingebunden und
entwickeln neue Softwarepakete und Analysemethoden.
Ein großer Teil der aktuellen BMBF-Förderung fließt in ein Projekt, das 2010
startete und dessen Bau 2016 beginnen wird: das Cherenkov Telescope Array
(CTA). Das CTA stößt in neue Dimensionen der Astroteilchenforschung vor: Mit
seinen rund 100 Einzelteleskopen wird es das größte Gammastrahlenteleskop der
Welt sein und die Empfindlichkeit der HESS-Teleskope um den Faktor Zehn
übertreffen. "Mit dem CTA werden wir Tausende neue Gammastrahlungsquellen am
Himmel entdecken und charakterisieren können", blickt Anton in die Zukunft. Das
CTA wird an zwei Standorten - einem auf der Nordhalbkugel, einem auf der
Südhalbkugel der Erde - errichtet. Etwa 1.000 Wissenschaftler arbeiten in diesem
Projekt.
Die Beteiligung des ECAP an diesen internationalen Leuchtturmprojekten ist
primär auf die Gewinnung grundlegender Erkenntnisse über unser Universum
ausgerichtet – etwa über die Entstehung dunkler Materie und ihre
Teilchenreaktionen. Doch die Forschung der Erlanger Wissenschaftler hat auch
wertvolle "Nebeneffekte": So ist die Entwicklung neuer Detektortechnologien auch
außerhalb der Astroteilchenphysik nutzbar. "Gemeinsam mit der Firma IBA
Dosimetrie entwickeln wir Geräte zur Strahlenschutzüberwachung", erklärt Anton.
"Mit Siemens Healthcare erforschen wir neue Methoden der Röntgenbildgebung.
Außerdem sind die Physiker, die in unseren Projekten ausgebildet werden, in der
Industrie sehr gefragt."
Durch die Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern und Forschungseinrichtungen aus
der ganzen Welt in den Projekten HESS, IceCube, ANTARES und CTA hat sich das
ECAP in den vergangenen Jahren als ein Zentrum der Spitzenforschung auf dem
Gebiet der Astroteilchenphysik etabliert. Die Verbundprojekte ermöglichen einen
intensiven wissenschaftlichen Austausch, der die Erlanger ECAP-Forscher in alle
Teile der Erde führt – nach Namibia, nach Frankreich, nach Chile, in die
Antarktis. "Es geht aber nicht nur von der FAU in die Welt, sondern auch aus der
Welt an die FAU", sagt Anton. "Kürzlich haben wir den renommierten
Astroteilchenphysiker Stefan Funk von der Stanford University nach Erlangen
holen können. Das ist ein klarer Beweis für die Bedeutung und die internationale
Ausstrahlung unseres Forschungszentrums."
Das Erlangen Centre for Astroparticle Physics wurde im August 2007
mit dem Ziel gegründet, die Expertise an der Universität Erlangen-Nürnberg auf
dem Gebiet der Astroteilchenphysik und der Hochenergie-Astronomie zu bündeln.
Beteiligte Einrichtungen am Zentrum sind das Astronomische Institut, das
Physikalische Institut und das Institut für Theoretische Physik der FAU. Aktuell
arbeiten elf Professoren, mehr als 150 Wissenschaftler sowie über 20 technische
Mitarbeiter im ECAP. Das Zentrum ist mit einem Photomultiplier-Labor, einem
Akustik-Labor, einem Elektroniklabor und einem Detektorlabor ausgestattet. Das
ECAP wirbt durchschnittlich rund drei Millionen Euro an Drittmitteln pro Jahr
ein, einen Großteil der Fördermittel stellt das BMBF zur Verfügung.
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