Eisschwund beeinflusst Satellitenbahnen
Redaktion
/ Pressemitteilung des Instituts für Weltraumforschung der ÖAW astronews.com
18. September 2013
Österreichische Wissenschaftler haben herausgefunden, dass
sich der Eismassenverlust Grönlands auch über die Bahnstörungen erdumkreisender
Satelliten bestimmen lässt. Dies könnte vor allem dann wichtig werden, wenn die
beiden GRACE-Satelliten, die den Eisschwund seit 2002 mit hoher Genauigkeit
vermessen, nicht mehr bis zum Start einer Nachfolgemission durchhalten.
Der Satellit
CHAMP umkreiste zehn Jahre lang die Erde.
Bild: Astrium |
Seit der Jahrtausendwende verliert Grönland rund 250 Gigatonnen Eis pro Jahr.
Dies entspricht 250 Riesen-Eiswürfeln mit einer Kantenlänge von jeweils einem
Kilometer. Das Schmelzen der grönländischen Eisschilde und Gletscher lässt den
mittleren Meeresspiegel jährlich um rund 0,6 Millimeter ansteigen. Die meisten
Wissenschaftler rechnen damit, dass sich die Situation in den kommenden Jahren
noch verschärfen wird.
Diese dramatischen Entwicklungen lassen der Beobachtung Grönlands im Rahmen
der Klimawandeldebatte eine zentrale Rolle zukommen. Erkenntnisse über die
Umverteilung von Masse an der Erdoberfläche - und damit über das Abschmelzen des
grönländischen Eises - werden vorrangig aus zeitlichen Änderungen des
Erdschwerefeldes gewonnen. Um dieses genau zu vermessen umrunden seit dem Jahr
2002 die GRACE-Satelliten die Erde (astronews.com berichtete).
Jetzt haben Wissenschaftler des Instituts für Weltraumforschung (IWF) der
Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Graz herausgefunden, dass auch
aus Schwerefeldinformationen, die aus Bahnstörungen anderer erdumkreisender
Satelliten abgeleitet werden, der Eismassenschwund über Grönland bestimmt werden
kann. Dazu verglichen die Wissenschaftler Daten von GRACE mit denen der früheren
Satellitenmission CHAMP.
"Dieses Ergebnis ist vor allem hinsichtlich der Kontinuität der Zeitreihen
von wesentlicher Bedeutung", erläutert IWF-Gruppenleiter Oliver Baur.
Tatsächlich hat die GRACE-Mission nämlich bereits ihre nominelle Lebensdauer
weit überschritten, weshalb jederzeit mit dem Ende der Mission gerechnet werden
muss. Zwar laufen die Vorbereitungen für eine Folgemission, doch wird diese
frühestens im Jahr 2017 starten. "Bis dahin kann die Bestimmung der
Eismassenbilanz Grönlands mit Hilfe der hochgenauen Bahnvermessung anderer
Satelliten überbrückt werden", zeigt sich Baur zuversichtlich.
GRACE steht für Gravity Recovery And Climate Experiment und besteht
aus zwei 2002 gestarteten baugleichen Satelliten. Um etwas über das Abschmelzen
der Eismassen in Grönland zu erfahren, macht sich die Mission ein einfaches
physikalisches Prinzip zunutze: Nach Newton übt jede Masse eine Anziehungskraft
aus, also auch beispielsweise die Eismassen der Antarktis oder auf Grönland. Ändert sich klimabedingt die Masse des Eises,
so ändert sich an dieser Stelle auch die Schwerkraft.
Die beiden Satelliten fliegen nun auf exakt der gleichen Bahn, aber ihr Abstand
voneinander ändert sich geringfügig, wenn sie über Gebiete unterschiedlicher
Erdanziehung fliegen. Die Abstandsänderung ist somit die Maßeinheit der
Massenänderung und diese wird bei GRACE sehr genau bestimmt. Zwei
Satelliten einer GRACE-FO genannte Nachfolgemission werden gerade
entwickelt. Über seine Untersuchung berichtet Baur jetzt in einem Fachartikel, der
in der Zeitschrift Geophysical Research Letters veröffentlicht wurde.
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