Von Komet ISON strömt Gas ins All
von Stefan Deiters astronews.com
24. Juli 2013
Auch das Infrarot-Weltraumteleskop Spitzer hat
inzwischen einen Blick auf den Kometen ISON geworfen, der Ende des Jahres für
ein spektakuläres Schauspiel am Himmel sorgen könnte. Offenbar strömt von dem
Kometen Kohlendioxid ins All. Aus dem freiwerdenden Staub hatte sich Mitte Juni
bereits ein rund 300.000 Kilometer langer Schweif gebildet.
Spitzer-Beobachtungen
des Kometen C/2012 S1 (ISON): Die in
verschiedenen Infrarot-Wellenlängen aufgenommenen
Bilder zeigen den feinen Staub (links) und eine
dünne Gashülle um den Kometenkern (rechts). Dabei
handelt es sich vermutlich um Kohlendioxid.
Bild: NASA/JPL-Caltech/JHUAPL/UCF [Großansicht] |
"Wir schätzen, dass ISON jeden Tag etwa eine Million Kilogramm an Gas ins All
abgibt, wobei es sich dabei sehr wahrscheinlich um Kohlendioxid handelt",
erläutert Carey Lisse vom Applied Physics Laboratory der Johns
Hopkins University, der Leiter der Comet ISON Observation Campaign
der NASA. "Hinzu kommen täglich rund 54,4 Millionen Kilogramm an Staub. Durch
frühere Beobachtungen mit dem Weltraumteleskop Hubble, des Satelliten
Swift und der Sonde Deep Impact verfügten wir nur über eine
obere Grenze für jedwede Gasemission von ISON. Dank Spitzer wissen wir
nun sicher, dass sich die Aktivität des Kometen in dieser Entfernung durch Gas
erklärt."
Der Komet C/2012 S1 (ISON) war am 13. Juni 2013, als ihn das
Infrarot-Weltraumteleskop Spitzer beobachtete, rund 502 Millionen
Kilometer von der Sonne entfernt. Die Spitzer-Bilder zeigen einen rund
300.000 Kilometer langen Schweif aus Staub sowie einen Halo aus neutralem Gas um
den Kometen.
Der Komet wurde im September 2012 von zwei russischen Astronomen mithilfe des
International Scientific Optical Network (ISON) entdeckt. Erste
Orbitberechnungen hatten bald gezeigt, dass der Komet sehr wahrscheinlich das
erste Mal das innere Sonnensystem passieren wird. Er dürfte daher noch "frisch"
sein, was die Untersuchung des Kometen so spannend macht.
"Diese fabelhaften Beobachtungen von ISON sind einmalig und geben einen
Vorgeschmack auf weitere Beobachtungen und Entdeckungen, die im Rahmen der
umfangreichen NASA-Kampagne zur Untersuchung des Kometen zu erwarten sind",
meint auch James L. Green, der Direktor für Planetenwissenschaften bei der NASA
in Washington. "ISON ist sehr aufregend. Wir glauben, dass die Daten, die wir
von diesem Kometen sammeln können, dazu beitragen werden, die Entstehung des
Sonnensystems besser zu verstehen."
Wegen seiner noch relativ großen Entfernung sind die exakten Abmessungen des
Kometen noch nicht bekannt. Man nimmt an, dass ISON einen Durchmesser von
weniger als 4,8 Kilometern und eine Masse zwischen 3,2 Milliarden und 3,2
Billionen Kilogramm hat. Auch bei ISON dürfte es sich, wie bei allen Kometen, um
eine Mischung aus Eis und Staub handeln, weshalb Kometen auch gerne als
"schmutzige Schneebälle" bezeichnet werden. In ihnen dürfte sich etwas von dem
Material erhalten haben, aus dem sich das Sonnensystem vor rund 4,5 Milliarden
Jahren gebildet hat.
ISON nähert sich nun immer weiter der Sonne an. Der Komet wird dadurch wärmer,
so dass für verschiedene gefrorene Gase nach und nach die Temperatur erreicht
wird, bei der sie verdampfen. Das Ausdampfen von Kohlendioxid ist nach Ansicht
der Astronomen bei den meisten Kometen für die Aktivität verantwortlich, die
sich zwischen der Bahn des Saturn und dem Asteroidengürtel befinden.
"Die Beobachtungen liefern uns ein gutes Bild eines Teils der Zusammensetzung
von ISON und damit auch der protoplanetaren Scheibe, aus der einmal die Planeten
entstanden sind", so Lisse. "Ein großer Teil des Kohlenstoffs in dem Kometen
scheint in Form von Kohlendioxid-Eis gebunden zu sein. Ab Ende Juli und im
August werden wir mehr wissen, wenn der Komet kurz vor Erreichen der Marsbahn,
die Wassereis-Linie passiert. Dann können wir das gefrorene Gas mit der größten
Häufigkeit entdecken, nämlich Wasser, wenn es vom Kometen verdampft."
ISON wird den sonnennächsten Punkt seiner Bahn am 28. November 2013
durchlaufen. Der Komet ist dann lediglich 1,1 Millionen Kilometer von der Sonne
entfernt. Den erdnächsten Punkt erreicht der Komet am zweiten Weihnachtstag.
Sein Abstand zur Erde beträgt dann aber noch immer über 60 Millionen Kilometer.
Trotzdem könnte ISON für ein spektakuläres Schauspiel am nächtlichen Himmel
sorgen.
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