Altes Experiment liefert wieder Daten
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Bremen (ZARM) astronews.com
10. Juli 2013
Es war fast zwei Jahre auf der Internationalen Raumstation
ISS eingelagert, jetzt liefert es wieder Daten: Bremer Wissenschaftlern ist es
gelungen, ein eigentlich gar nicht für eine zweite Versuchsphase vorgesehenes
Strömungsexperiment erneut in Betrieb zu nehmen. Sie haben nun die Chance,
Fragestellungen zu untersuchen, für die zuvor keine Zeit war.
Die
Internationale Raumstation ISS im Juli 2011.
Foto: NASA |
Seit dem 21. Juni 2013 wird auf der Internationalen Raumstation ISS ein
Strömungsexperiment betrieben, das dort fast zwei Jahre lang eingelagert war und
ursprünglich nur für den einmaligen Betrieb konzipiert wurde. Für das
Wissenschaftsteam um Professor Michael Dreyer vom Zentrum für angewandte
Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM) an der Universität Bremen ist
die gelungene Wiederinbetriebnahme ein technologischer Meilenstein.
Als das ZARM-Team von der amerikanischen Weltraumbehörde NASA das Angebot
erhielt, den Versuchsaufbau für ein Experiment von 2011 ein zweites Mal zu
nutzen, war das Interesse groß. Es eröffnet sich dadurch die Möglichkeit, an
weitere wertvolle Experimentergebnisse zu gelangen, ohne die erheblichen
zeitlichen und finanziellen Investitionen für den Transport zur Raumstation
aufwenden zu müssen.
Obwohl das Team aufgrund der Experimentreihen 2010 und 2011 mit der
Überwachung und Steuerung von Versuchen auf der ISS bereits umfangreiche
Erfahrungen vorweisen kann, stand es vor einer ungewohnten Herausforderung. Von
der Bremer Bodenstation aus musste der Versuchsaufbau per Telemetrie wieder in
einen kontrollierten Ausgangszustand versetzt werden. Dazu wurde in der
sogenannten "Capillary Channel Flow (CCF)"-Experimenteinheit, die das Verhalten
von Zwei-Phasen-Strömungen (Flüssigkeit und Gas) untersucht, eine Phasentrennung
vorgenommen.
Aus dem Sammelbehälter mit einem Gas-Flüssigkeit-Gemisch wurde die
Flüssigkeit abgesaugt und in das dafür vorgesehene Flüssigkeitsreservoir
geleitet. Dieses gelang über eine Leitung - ähnlich einem Docht - dessen poröse
Oberfläche dafür sorgt, dass nur Flüssigkeit aufgenommen und transportiert wird.
Dass im Rahmen dieser Arbeiten eine Kamera aus der Standardausrüstung der ISS am
Experiment angebracht werden konnte, ist ein willkommener Nebeneffekt, durch den
das Experiment noch präziser beobachtet und ausgewertet werden kann. Für die
entsprechenden Instruktionen an den Astronauten zur Installation der Kamera
sorgte der amerikanische Partner, die Portland State University in
Oregon.
Die Reaktivierung der CCF-Experimenteinheit gelang in kürzester Zeit. Am 15.
Juni 2013 begann der Astronaut Chris Cassidy mit dem Einbau in die
Microgravity Glove Box, der Versuchskammer für Experimente unter
Schwerelosigkeit. Bereits am 21. Juni 2013 starteten die Bodenstationen in
Bremen und Portland via Telemetrie und Telecommand den regulären Betrieb des
Versuchsgerätes. Aber auch schon die Daten, die während der Wiederinbetriebnahme
gewonnen werden konnten, dürften für die Konzeption zukünftiger
Zwei-Phasen-Versuchsaufbauten von Bedeutung sein.
Da die aktuellen Experimentdaten die Ergebnisse von 2011 exakt bestätigen,
ist nachwiesen, dass die Versuchsanlage reproduzierbare Konditionen und
Ergebnisse liefert. Dadurch können einerseits die geplanten Versuchsreihen mit
weiteren Datenpunkten vervollständigt werden. Andererseits – und das ist für die
Forscherinnen und Forscher aus dem ZARM ein spannender Aspekt – ermöglicht die
zusätzlich gewonnene Experimentzeit von vier Wochen die Untersuchung von bisher
nicht berücksichtigten Fragestellungen.
Der praktische Nutzen des Experiments der Bremer Wissenschaftler dient der
Handhabung unterschiedlicher Flüssigkeiten, beispielsweise von Treibstoffen, im
All. Im Treibstofftank eines Satelliten oder eines Raumfahrzeugs bleibt der
Treibstoff nicht am Boden - wie in einem Benzintank auf der Erde -, sondern
verteilt sich an den Tankinnenwänden und anderen Bauteilen. Daher ist eine
Vorrichtung notwendig, die den Treibstoff dorthin befördert, wo er gebraucht
wird.
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