Einer der jüngsten Supernova-Überreste
von Stefan Deiters astronews.com
18. März 2013
Im Rahmen einer umfangreichen Röntgen-Durchmusterung des
Zentralbereichs der Milchstraße ist der NASA-Satellit Swift auf die
Überreste einer bislang unbekannten Supernova-Explosion gestoßen. Das Objekt
gehört mit zu den jüngsten bekannten Supernova-Überresten unserer Heimatgalaxie
und dürfte weniger als 2500 Jahre alt sein.
Der Supernova-Überrest G306.3–0.9. Für das
Bild wurden Röntgendaten von Chandra (blau),
Infrarotdaten von Spitzer (rot und zyan) und
Radiodaten des Australia Telescope Compact Array
(lila) kombiniert. Bild:
NASA / CXC / Univ. of Michigan / M. Reynolds et
al (Röntgen) / NASA/JPL-Caltech (Infrarot)
CSIRO / ATNF / ATCA (Radio) [Großansicht] |
Bei einer Durchmusterung der Zentralregion der Milchstraße im Röntgenbereich
ist der NASA-Satellit Swift auf die Überreste eines explodierten Sterns
gestoßen, die den Astronomen bislang noch nicht bekannt waren. Der neue, nach
seiner Position am Himmel G306.3-0.9 genannte Supernova-Überrest dürfte mit zu
den jüngsten bekannten Objekten dieser Art in der Milchstraße zählen.
"Astronomen haben bereits mehr als 300 Supernova-Überreste in der Milchstraße
katalogisiert", erläutert Mark Reynolds von der University of Michigan
in Ann Arbor. "Unsere Untersuchung hat ergeben, dass G306.3-0.9 sehr
wahrscheinlich weniger als 2.500 Jahre alt ist, womit er zu den 20 jüngsten
Supernova-Überresten zählen würde, die wir kennen."
In unserer Milchstraße sollte es, so die Schätzung der Astronomen, in jedem
Jahrhundert zu ein bis zwei Supernova-Explosionen kommen. Die Trümmerteile der
explodierten Sterne breiten sich dann über viele Tausend Jahre aus und
vermischen sich schließlich mit dem Material des interstellaren Mediums. Die
Untersuchung von jungen Supernova-Überresten verrät den Wissenschaftlern einiges
über den explodierten Stern und die genauen Umstände seines Endes.
Supernova-Überreste lassen sich in ganz unterschiedlichen
Wellenlängenbereichen beobachten - vom Radio- bis in den Gammastrahlenbereich.
Jeder Bereich eignet sich dabei für bestimmte Untersuchungen besonders gut. So
verraten beispielsweise Röntgenbeobachtungen den Astronomen einiges über die
Ausdehnung der Trümmerteile, ihre chemische Zusammensetzung und ihr Wechselspiel
mit dem interstellaren Gas. Allerdings sind Röntgenstrahlen nur etwa bis zu
10.000 Jahre nach der Supernova zu sehen.
Im Rahmen des Swift Galactic Plane Survey wird gegenwärtig ein etwa
zwei Grad breiter Streifen entlang der Scheibe der Milchstraße im Röntgenbereich
und in ultravioletten Wellenlängen erfasst. "Die Swift-Durchmusterung
wertet ältere Infrarot-Beobachtungen des Spitzer-Weltraumteleskops auf,
indem es sie in höhere Energien erweitert", erklärt Michael Siegel vom Swift
Mission Operations Center. "Die Infrarot- und Röntgendaten ergänzen sich
ideal, da Licht in diesen Energien den Staub der galaktischen Scheibe
durchdringen kann, während ultraviolette Strahlung überwiegend verschluckt
wird."
Am 11. Februar 2011 hatte Swift einen Bereich an der südlichen
Grenze des Sternbilds Zentaur im Visier. In den ultravioletten Daten war hier
nichts Außergewöhnliches zu sehen. Im Röntgenbereich aber wurde eine ausgedehnte
halbkreisförmige Struktur erkennbar, die an einen Supernova-Überrest erinnerte.
Archivdaten des Weltraumteleskops Spitzer und eines australischen
Radioteleskops bestätigten bald diesen Verdacht.
Um mehr über den Überrest zu erfahren, machten die Astronomen zusätzliche
Röntgenbeobachtungen mit dem NASA-Weltraumteleskop Chandra und
Radiobeobachtungen mit dem Australia Telescope Compact Array (ATCA).
"Dank der Empfindlichkeit von ATCA konnten wir hier offenbar den im Radiobereich
schwächsten bislang beobachteten Überrest in unserer Milchstraße beobachten",
freut sich Cleo Loi von der University of Sydney.
G306.3-0.9 hat eine Entfernung von rund 26.000 Lichtjahren. Die Stoßwelle der
Explosion dürfte sich mit einer Geschwindigkeit von 2,4 Millionen Kilometern pro
Stunde durch das All ausbreiten. In der Trümmerwolke konnte mithilfe von
Chandra Eisen, Neon, Silizium und Schwefel mit Temperaturen von mehr als
zwei Millionen Grad Celsius nachgewiesen werden. Supernova-Explosionen gelten
als wichtige Quellen von schwereren Elementen im Universum.
Bislang wissen die Astronomen noch nicht, um was für eine Art von Supernova
es sich gehandelt haben könnte, planen aber weitere Beobachtungen, um dies
herauszubekommen. Auch ob sich im Inneren des Überrests ein Neutronenstern
befindet, ließ sich bislang nicht ermitteln. Die Wissenschaftler berichten über
ihre Untersuchungen in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift The
Astrophysical Journal.
|