Blick in den Erdkern aus dem Orbit
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen GeoForschungsZentrums GFZ Potsdam astronews.com
23. Oktober 2012
Durch Auswertung von Daten zweier Satellitenmissionen
konnten Wissenschaftler nun nachweisen, dass sich Änderungen des Erdmagnetfelds
in einer bestimmten Region mit Variationen der Erdschwere in diesem Bereich in
Verbindung bringen lassen. Offenbar spiegeln sich also Prozesse im äußeren
Erdkern auch in Schweredaten wider, deren Auswertung somit einen tiefen Blick
ins Innere der Erde erlaubt.
Einer der beiden
GRACE-Satelliten im Orbit.
Bild: Astrium/GFZ |
Das Hauptfeld des Erdmagnetfelds wird durch Strömungen von
elektrisch geladenem, flüssigen Eisen im äußeren Erdkern erzeugt. Dieses
Erdmagnetfeld schützt uns vor der kosmischen Partikelstrahlung. Daher ist es zum
Verständnis des irdischen Schutzschildes wichtig, die Vorgänge im äußeren
Erdkern zu kennen. Ein Schlüssel dazu sind Messungen des Erdmagnetfeldes selbst.
Einen zweiten, unabhängigen Zugang könnte die Messung winziger Änderungen in
der Erdanziehungskraft darstellen, die dadurch entstehen, dass mit dem
Strömungsfluss im Erdkern Massenverlagerungen einhergehen. Der Nachweis eines
solchen Zusammenhanges von Fluktuationen der Erdanziehung und des Magnetfelds
ist jetzt einer deutsch-französischen Gruppe von Geophysikern erstmals gelungen.
Sie berichten darüber in der Fachzeitschrift Proceedings of the National
Academy of Science of the United States.
Die Forscher werteten Magnetfeld-Messdaten des Satelliten CHAMP des Deutschen
GeoForschungsZentrums GFZ in Potsdam sowie hochpräzise Messwerte des
Erdschwerefeldes aus, die von der GRACE-Mission stammen, an der das GFZ
ebenfalls federführend beteiligt ist. "Das Hauptproblem war die Trennung der
einzelnen Anteile der Schweredaten aus dem Gesamtsignal", erläutert
GFZ-Wissenschaftler Vincent Lesur, der an der Studie beteiligt war. "Ein
Satellit misst nur die gesamte Erdanziehung, die sich aus den Massenanteilen von
Erdkörper, Wasser und Eis auf der Erdoberfläche und der Luft zusammensetzt."
Um die Massenumlagerungen durch Strömungen im äußeren Erdkern zu ermitteln,
muss der dadurch bestimmte Anteil an der Gesamtgravitation herausgefiltert
werden. "Ähnlich muss aus dem Gesamt-Magnetfeldsignal, das der Satellit misst,
der Anteil der magnetischen Erdkruste und der aus Ionosphäre und Magnetosphäre
herausgefiltert werde, um die kleineren Veränderungen im äußeren Erdkern zu
erfassen", erklärt Lesur weiter.
Mit den Messungen aus den Satellitenmissionen CHAMP und GRACE lag nun ein
Datensatz vor, der das erstmals ermöglichte. Bei der Untersuchung konzentrierte
sich das Team auf ein Gebiet zwischen Atlantischem und Indischen Ozean, denn
hier waren die ermittelten Strömungsflüsse am größten. So konnten im Jahr 2007
extrem schnelle Änderungen (sogenannte "magnetic jerks") im Magnetfeld an der
Erdoberfläche beobachtet werden. Diese sind ein Indiz für plötzliche Änderungen
von Massenflüssen im oberen äußeren Erdkern und sind wichtig für das Verständnis
der Magneto-Hydrodynamik im Erdkern. Mithilfe der Satellitendaten ergab sich nun
erstmals auch ein klares Signal aus den Messungen des Erdschwerefeldes.
Für die bisherige Modellvorstellung über die Vorgänge im Erdinneren könnte
dies Folgen haben: Bisher ging man beispielsweise davon aus, dass
Dichteunterschiede im flüssigen Eisen des Erdkerns nicht groß genug sind, um ein
messbares Signal im Erdschwerefeld zu erzeugen. Mit den jetzt ermittelten
Massenflüssen im oberen äußeren Erdkern könnte sich somit ein neuer Zugang zur
Hydrodynamik des Erdkerns ergeben.
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