Neues über Dunkle Materie in Sonnennähe
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Zürich astronews.com
13. August 2012
Ein internationales Team von Wissenschaftlern, darunter
Astronomen der Universität Zürich und der ETH Zürich, hat die Menge der Materie
in Sonnennähe bestimmt und so einen großen Anteil an unsichtbarer Dunkler
Materie nachweisen können. Ihre Ergebnisse stimmen mit der bisherigen Theorie
überein, wonach unsere Galaxie von einem massereichen Halo aus Dunkler Materie
umgeben ist.
Die Simulation der Milchstraße in hoher
Auflösung wurde als Test für die neue
Massen-Messtechnik verwendet.
Bild: UZH |
Der Astronom Fritz Zwicky fand in den 1930er Jahren als Erster Hinweise auf
eine unsichtbare Substanz, die es in Galaxien und Galaxienhaufen geben muss, um
die dort beobachteten Bewegungen der Sterne und Galaxien zu erklären - die
Dunkle Materie. Etwa zur gleichen Zeit stellte man fest, dass die Materiedichte
im Umfeld der Sonne fast doppelt so groß sein muss, wie durch die Masse der
Sterne und sichtbares Gas allein erklärt werden kann. Trotz jahrzehntelanger
Forschung blieb die Menge der Dunklen Materie nahe der Sonne rätselhaft.
Verschiedene Messungen ergaben zwischen drei- und sechsmal so viel Dunkle
Materie wie erwartet.
Vor einigen Monaten erschien dann eine Studie, die mit neuen Daten und einer
neuen Methode plötzlich weit weniger Dunkle Materie in der Sonnenumgebung
postulierte (astronews.com berichtete). Dieses überraschende Resultat sorgte
weltweit für Verwirrung, wobei es die Astronomen letztlich den zu wenig genauen
Simulationsmethoden und Analysen zuschrieben.
Nun hat ein internationales Team unter Leitung von Wissenschaftlern der
Universität Zürich einen neuen Weg eingeschlagen. Die Forscher simulierten die
Milchstraße in sehr hoher Auflösung und testeten somit ihr Vorgehen zur Messung
der Dunklen Materie, bevor sie dieses auf reale Daten anwendeten. Dies führte zu
einigen Überraschungen: So stellten sie fest, dass mit den Standardtechniken der
letzten zwanzig Jahre zu geringe Werte der Dichte von Dunkler Materie berechnet
worden sind.
Darauf basierend entwickelten die Wissenschaftler eine neue Technik, um den
korrekten Wert für die Simulation zu erhalten. Angewandt auf die Positionen und
Geschwindigkeiten von zahlreichen Zwergsternen in Sonnennähe, schätzen sie die
lokale Dichte von Dunkler Materie neu ein - mit einem eindeutigen Ergebnis.
"Wir sind zu 99 Prozent sicher, dass es Dunkle Materie in Sonnennähe gibt.
Mit 90-prozentiger Sicherheit finden wir sogar mehr Dunkle Materie als
erwartet", fast Silvia Garbari zusammen, die auch Hauptautorin eines
Fachartikels über die Untersuchung ist, der in den Monthly Notices of the
Royal Astronomical Society erscheint. Bestätigen zukünftige Daten diesen
hohen Wert, könnte das den ersten Beweis für eine Scheibe aus Dunkler Materie
liefern, die kürzlich von numerischen Simulationen der Galaxienentstehung
vorhergesagt wurde, folgert die UZH-Forscherin. "Es könnte auch bedeuten, dass
der Halo aus Dunkler Materie deformiert ist, sodass der Wert für die lokale
Dichte in die Höhe getrieben wird", so Garbari.
Viele Physiker gehen davon aus, dass dunkle Materie aus einem neuen
Elementarteilchen besteht, das nur sehr schwach mit normaler Materie
wechselwirkt. Würde das zutreffen, dann müsste es möglich sein, dieses Teilchen
in Experimenten zu detektieren. Die genaue Messung der lokalen Dichte von
Dunkler Materie ist für solche Versuche unerlässlich.
"Experimentalphysiker hoffen, einen winzigen Teil dieser Teilchen in Versuchen
wie beispielsweise mit dem XENON-Detektor einzufangen", so George Lake,
Professor für Theoretische Physik an der Universität Zürich. "Die Kenntnis über
die lokalen Eigenschaften von Dunkler Materie ist zentral, um die Ergebnisse zur
Bestimmung der Teilchenart zu verwenden."
|