Ein Exoplanet kleiner als die Erde?
von Stefan Deiters astronews.com
19. Juli 2012
Astronomen glauben mit dem Infrarot-Weltraumteleskop
Spitzer einen bislang unbekannten extrasolaren Planeten um den nur 33
Lichtjahre entfernten Zwergstern GJ 436 entdeckt zu haben. Die ferne Welt ist
kleiner als die Erde und umkreist seine Sonne in einem äußerst geringen Abstand.
Ihre Oberfläche könnte aus Magma bestehen.
So könnte der vermutete Planet um den roten
Zwergstern GJ 436 aussehen.
Bild: NASA/JPL-Caltech |
Das Infrarot-Weltraumteleskop Spitzer hat sich schon öfter an der
Untersuchung bekannter extrasolarer Planeten beteiligt, die - von der Erde aus
betrachtet - vor ihrer Sonne vorüberziehen. Jetzt aber könnte es Astronomen
gelungen sein, erstmals mit Spitzer einen bislang unbekannten Planeten
aufgespürt zu haben. "Wir haben mit Spitzer deutliche Hinweise auf
einen sehr kleinen, sehr heißen und sehr nahen Planeten gefunden", so Kevin
Stevenson von der University of Central Florida in Orlando, der auch
Erstautor eines Fachartikels über die Entdeckung in der Zeitschrift The
Astrophysical Journal ist.
Der Fund war ein glücklicher Zufall: Das Team um Stevenson untersuchte mit
Spitzer den Neptun-großen extrasolaren Planeten GJ 436b, von dem man
schon seit längerem wusste, dass er um den roten Zwergstern GJ 436 in rund 33
Lichtjahren Entfernung kreist (astronews.com berichtete). In den Spitzer-Daten
fiel den Astronomen dabei ein kurzzeitiger Rückgang der Infrarotstrahlung auf,
der nichts mit dem Transit des schon bekannten Planeten zu tun haben konnte.
Eine Auswertung von Spitzer-Archivdaten ergab, dass dieser geringfügige
kurzzeitige Helligkeitsrückgang periodisch war, was auf einen zweiten Planeten
hindeutete, der regelmäßig vor dem Stern vorüberzieht.
Mit diesem als "Transitmethode" bezeichneten Verfahren wurden schon
zahlreiche extrasolare Planeten aufgespürt. Insbesondere das Weltraumteleskop
Kepler sucht bei über 100.000 Sternen nach typischen regelmäßigen
Helligkeitsschwankungen, die auf umlaufende Planeten zurückzuführen sein
könnten.
Die Dauer des Transits und der dabei zu beobachtende Helligkeitsabfall verrät
den Astronomen bereits einige Eigenschaften der fernen Welt: Für UCF-1.01, so
der Name des potentiellen Planeten, ergibt sich ein Durchmesser von rund 8.400
Kilometern, was in etwa zwei Drittel des Durchmessers der Erde entspricht.
Erdähnlich ist die ferne Welt hingegen nicht: Der Abstand zu seinem Zentralstern
entspricht nur der siebenfachen Entfernung der Erde vom Mond, so dass ein "Jahr"
auf UCF-1.01 gerade einmal 1,4 Erdtage dauert.
Wegen dieser Nähe zu seinem Zentralstern dürfte es sehr unwahrscheinlich
sein, dass der Planet über eine Atmosphäre verfügt. Er wird daher mehr unserem
sonnennächsten Planeten Merkur gleichen. Die Wissenschaftler vermuten, dass auf
der Oberfläche von UCF-1.01 Temperaturen von rund 600 Grad Celsius herrschen. Es
wäre somit auch möglich, dass der Planet über eine geschmolzene Kruste verfügt.
"Er könnte von Magma bedeckt sein", spekuliert Teammitglied Joseph Harrington,
auch von der University of Central Florida.
Die Astronomen glauben in den Daten zudem Hinweise auf einen dritten Planeten
um GJ 436 entdeckt zu haben, der auch deutlich kleiner als die Erde sein dürfte.
Eine unabhängige Bestätigung der beiden Neuentdeckungen ist gegenwärtig
allerdings schwierig, weil die Massen der neuen Welten so gering sind. Die
Astronomen sind daher vorsichtig und nennen UCF-1.01 und UCF-1.02 lediglich "Exoplaneten-Kandidaten".
"Ich hoffe, dass sich durch zukünftige Beobachtungen diese tollen Ergebnisse
bestätigen werden", so Michael Werner, Spitzer-Projektwissenschaftler
am Jet Propulsion Laboratory der NASA. "Sie zeigen, dass Spitzer
in der Lage sein könnte, extrasolare Planeten zu entdecken, die nur so klein
sind wie der Mars. Sogar nach fast neun Jahren im All führen uns Spitzer-Beobachtungen
noch in neue und wichtige wissenschaftliche Gebiete."
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