Suche nach WIMPs bislang erfolglos
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Kernphysik astronews.com
18. Juli 2012
Die Wissenschaftler der XENON-Kollaboration haben ein neues
Zwischenergebnis ihrer Suche nach den Teilchen vorgestellt, die
allgemein als vielversprechendster Kandidat für die Dunkle Materie
gelten. Die Analyse der Daten von 13 Monaten Laufzeit des
XENON100-Detektors ergab keinen Beweis für die Existenz dieser
sogenannten WIMPs, schränkte aber den künftigen Suchbereich weiter ein.
Der XENON100-Detektor ohne die zusätzliche
Abschirmung. Oben und unten sind die
Lichtsensoren zu sehen.
Foto: XENON-Kollaboration / F. Arneodo |
Kosmologische Beobachtungen zeichnen in konsistenter Weise ein Bild
unseres Universums, in dem die gewöhnliche uns bekannte Materie nur etwa
vier Prozent ausmacht, während die bislang unbeobachteten Formen -
Dunkle Materie und Dunkle Energie - den Rest beitragen.
Physiker, die sich mit den kleinsten Bestandteilen unserer Welt beschäftigen,
haben in ihren Theorien einen perfekten Kandidaten für die Dunkle Materie
ausgemacht. In den Erweiterungen des Standardmodells der Elementarteilchen wird
nämlich die Existenz neuer exotischer Teilchen vorhergesagt, sogenannter
Weakly Interacting Massive Particles, kurz WIMPs. Es handelt sich dabei um
massereiche Teilchen, die nur schwach mit ihrer Umgebung wechselwirken.
Entsprechend groß ist das Interesse, die Existenz solcher WIMPs auch
nachzuweisen, würde ihre Entdeckung doch nicht nur das Rätsel um die Dunkle
Materie lösen helfen, sondern auch ein neues Bild des Universums bestätigen. Mit
dem XENON100-Experiment versucht ein internationales Forscherteam seit einiger
Zeit genau dies. Das Experiment ist im italienischen Gran-Sasso-Untergrundlabor
untergebracht, wo 1.400 Meter Fels die störende kosmische Strahlung abschirmen.
Hier hofft man in 62 Kilogramm flüssigem, ultrareinen Xenon winzige Ladungs- und
Lichtsignale messen zu können, die bei den seltenen Kollisionen von WIMPs mit
Xenon-Atomkernen erwartet werden.
Um falsche Signale aufgrund der restlichen Radioaktivität in der Umgebung des
Detektors auszuschließen, werden nur Ereignisse in den inneren 34 Kilogramm des
flüssigen Xenons als mögliche Signale gewertet. Zusätzlich ist der Detektor
durch Schichten von Kupfer, Polyethylen, Blei und Wasser abgeschirmt, wodurch
die potentiellen Störsignale noch weiter reduziert werden.
2011 hatte die XENON-Kollaboration die Ergebnisse von 100 Messtagen
veröffentlicht (astronews.com berichtete). Die dabei erreichte Empfindlichkeit
verschob die Grenzen für WIMPs schon um einen Faktor 5 bis 10 im Vergleich zu
den früheren Messungen mit XENON10. Die jetzt vorgestellte Serie umfasst die
Daten von insgesamt 225 Tagen in den Jahren 2011 und 2012 mit verbesserter
Empfindlichkeit.
Allerdings wurde erneut kein Signal gefunden: die beiden beobachteten
Ereignisse sind mit dem eines erwarteten "Rauschens" statistisch konsistent. Die
neuen Ergebnisse, die im Vergleich zu den Resultaten des vergangenen Jahres eine
3,5-fach höhere Empfindlichkeit aufweisen, schränken allerdings den Suchbereich
für WIMPs weiter ein und überdecken teils schon den Parameterbereich, den man
für die mysteriösen Partikel vermutet hat.
Die Forscher sind daher zuversichtlich, dass weitere Messungen mit XENON100
und mit dem Nachfolgeexperiment XENON1T, das bereits in Bau ist, entweder
Beweise für WIMPs liefern sollten oder aber eine Faktenlage schaffen müssten,
die es nötig machen würde, sich nach anderen Formen von Dunkler Materie
umzuschauen. Die neuen Resultate sollen in Kürze in der Fachzeitschrift
Physical Review Letters eingereicht werden.
An der XENON-Kollaboration sind Wissenschaftler aus 15
Forschungseinrichtungen aus der ganzen Welt beteiligt. Aus dem deutschsprachigen
Raum sind dies das Max-Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg, die
Johannes Gutenberg Universität in Mainz, die Westfälische Wilhelms-Universität
in Münster sowie die Universität Zürich.
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