Roter Riese mit Staub-Eruption
von Stefan Deiters astronews.com
27. April 2012
Auf Bildern des NASA-Infrarot-Surveyteleskops
WISE wurde jetzt ein alternder Stern entdeckt, der gerade dabei ist, große
Mengen an Staub ins All abzustoßen. Der Fund gewährt den Astronomen einen
seltenen Blick auf einen Prozess, durch den sonnenähnliche Sterne die Galaxie
mit den Grundbausteinen für neue Sterne, Planeten oder sogar Leben anreichern.
Der Stern WISE J180956.27-330500.2 ist der
orangefarbene Punkt oben links auf diesem Bild,
das aus Daten von WISE und IRAS erstellt wurde.
Bild: NASA / JPL-Caltech / UCLA
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Der Stern mit der etwas unhandlichen Katalognummer WISE J180956.27-330500.2
wurde auf Bildern entdeckt, die der Wide-field Infrared Survey Explorer
(WISE) der NASA während seiner Durchmusterung des gesamten Himmels im Laufe des
Jahres 2010 gemacht hat. WISE führte - wie berichtet - die bislang
detaillierte Durchmusterung dieser Art im Infraroten durch. Der Stern war den
Astronomen aufgefallen, weil er im Infraroten besonders hell leuchtet. Der
Vergleich mit mehr als 20 Jahre alten Bildern ergab, dass sich seine Helligkeit
im Infraroten seit damals um etwa den Faktor 100 vergrößert haben muss.
"Wir haben nicht speziell nach diesem Phänomen gesucht, aber da WISE den
gesamten Himmel erfasst hat, können wir auch solche einmaligen Objekte
entdeckten", freut sich Poshak Gandhi von der Japan Aerospace Exploration Agency
(JAXA), der Erstautor eines Fachartikels über den Fund, der in der Zeitschrift
Astrophysical Journal Letters erscheinen wird.
Der Stern hat offenbar einen gewaltigen Ausbruch hinter sich, bei dem
eine Menge an frischem Staub ins All geblasen wurde, deren Masse mit der der
Erde vergleichbar ist. "Die Beobachtung dieser Phase einer explosiven
Veränderung während sie praktisch noch im Gange ist, ist äußerst selten", so
Coautor Issei Yamamura von der JAXA. "Zu solchen Stauberuptionen kommt es nur
vielleicht alle 10.000 Jahre im Leben von alten Sternen und man nimmt an, dass
sie jeweils nur wenige Hundert Jahre dauern. In kosmischen Maßstäben ist das nur
ein Wimpernschlag."
Bei WISE J180956.27-330500.2 handelt es sich um einen Stern in der
sogenannten Roten-Riesen-Phase, die unsere Sonne in etwa fünf Milliarden Jahren
durchlaufen wird. Wenn der nukleare Brennstoff eines Sterns zur Neige geht,
kühlt er sich ab und dehnt sich aus. Dabei stößt er immer wieder Teile seiner
äußeren Gashülle ins All ab. Dieses Gas kühlt sich dann ab und es können winzige
Staubpartikel entstehen. Der Prozess ist Teil eines Kreislaufs, durch den
Material im Inneren von Sternen erzeugt, ins All abgestoßen und dann in neuen
Sternen und Planetensystemen wiederverwendet wird.
"Wir erhalten einen kleinen Einblick in ein kosmisches Recycling-Programm",
vergleicht Bill Danchi, der WISE-Projektwissenschaftler am NASA-Hauptquartier in
Washington. "Entwickelte Sterne, so wie dieser hier, haben bis zu 50 Prozent zu
den Partikeln beigetragen, aus den Menschen bestehen." Bislang ist nur ein
weiterer Stern bekannt, der gerade größere Mengen an Staub ins All bläst, sich
aber bereits in einem fortgeschritteneren Stadium seiner Entwicklung befindet.
Nachdem Poshak und sein Team den ungewöhnlich staubigen Stern auf den
WISE-Aufnahmen entdeckt hatten, haben sie nach ihm auch in den Daten früherer
Infrarot-Durchmusterungen gesucht. Der Infrared Astronomical Satellite (IRAS)
hat den Stern im Jahr 1983 überhaupt nicht gesehen. Im Two Micron All-Sky Suryey
(2MASS) aus dem Jahr 1998 ist er hingegen deutlich zu erkennen.
Die Wissenschaftler folgerten, dass die Helligkeit des Sterns im Infraroten
seit 1983 dramatisch angestiegen sein muss. Die WISE-Daten deuten zudem darauf
hin, dass sich der Staub mit der Zeit immer weiter verändert hat und der Stern
inzwischen hinter einem sehr dicken Staubschleier verborgen ist. Das Team plant
daher zusätzliche Beobachtungen mit Weltraumteleskopen und erdgebundenen
Instrumenten, um diesen Befund zu verifizieren und die weitere
Entwicklung des Sterns zu verfolgen.
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