Algen sollen weltraumtauglich werden
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des Ruhr-Universität Bochum astronews.com
23. April 2012
Im Rahmen eines in diesem Monat gestarteten Projektes wollen Forscher
Algen fit für längere Aufenthalte im All machen. Sie könnten dann
zukünftig eine wichtige Komponente der Lebenserhaltungssysteme von
Raumschiffen werden und Astronauten mit Sauerstoff versorgen oder als
vitaminreiche Nahrungsergänzung dienen.
Mikroskopische Aufnahme des photosynthetischen
Einzellers Chlamydomonas reinhardtii, der
Menschen auf Reisen im All begleiten soll.
Foto: RUB / AG Photobiotechnologie / idw |
Algen sollen weltraumtauglich werden. Auf bemannten Raummissionen
könnten sie in Zukunft für ausreichend Sauerstoff und eine vitaminreiche
Nahrungsergänzung sorgen. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt
beauftragte Forscher der Ruhr-Universität Bochum (RUB), der Hochschule
Bremen und des Karlsruher Instituts für Technologie, einzellige
Grünalgen als Komponente eines sogenannten modularen
Lebenserhaltungssystems zu etablieren.
"Mit Hilfe von Lichtenergie verbrauchen Mikroalgen Kohlendioxid, setzen
Sauerstoff frei und bauen Biomasse auf", erläutert Prof. Dr. Thomas
Happe von der AG Photobiotechnologie der RUB. "Auf Raumstationen oder
während langer Weltraumflüge sind sie damit die perfekten Begleiter des
Menschen." Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie fördert
das in diesem Monat gestartete und zunächst dreijährige Projekt mit
800.000 Euro.
Die Bochumer Algenexperten arbeiten an einem Kultivierungsverfahren für
Grünalgen, das auch im Weltall stabil funktioniert. Dabei gilt es,
einige Probleme zu meistern: Die Algen dürfen nicht von Bakterien
befallen werden, der Bioreaktor muss möglichst ohne Kontrolle laufen und
es braucht neue Konzepte für die Gasversorgung der Einzeller, zum
Beispiel mit Kohlendioxid. Denn durch die fehlende Schwerkraft
vermischen sich Gase und Flüssigkeiten schlechter als auf der Erde. Auch
Pumpen und andere Materialien müssen extra für den Einsatz im All
hergestellt werden und den strengen Sicherheitsvorschriften für die
Raumfahrt entsprechen. Die Kooperationspartner aus Bremen und Karlsruhe
entwickeln daher eine spezielle Steuerungseinheit für den Algenreaktor.
Algen vermehren sich ständig und wären deshalb auf Weltraumflügen eine
nachwachsende Quelle für Vitamine, mit denen Astronauten das Essen
anreichern können. Allerdings verbrauchen die Einzeller für ihr Wachstum
Nährstoffe aus dem Kulturmedium. Im Labor ersetzt man einmal benutzte
Kulturflüssigkeit, doch auf der Raumstation ist kaum Platz für
literweise Nachfüllmedium. "Das Medium muss wiederverwertet werden,
nachdem man Algen daraus entnommen hat", sagt Dr. Anja Hemschemeier, die
das Projekt an der RUB mit betreuen wird. "Dabei müssen genauso viele
Nährstoffe wieder zugesetzt werden, wie vorher von den Algen verbraucht
wurden. Sind es zu wenig, hungern die Zellen. Sind es zu viele, werden
die Algen vergiftet."
Die RUB-Wissenschaftler planen auch, das Verhalten der Miniaturpflanzen
so zu steuern, dass sie genau das tun, was gerade auf der Raumstation
benötigt wird. Bestimmte Zusätze zum Kulturmedium bewirken etwa eine
besonders schnelle Vermehrung und somit Biomasseproduktion. Ein etwas
abgespecktes Medium regt die Algen dagegen an, lichtgetrieben Sauerstoff
aus Kohlendioxid zu bilden. Sowohl den Algen-Bioreaktor als auch die
Steuerungseinheit perfektionieren die Kooperationspartner zunächst auf
der Erde. Dann folgt der Härtetest bei Parabelflügen im Airbus ZERO-G.
Erst wenn Technik und Einzeller dies überstehen, ist an längere
Testphasen auf Satelliten oder gar der Raumstation ISS zu denken.
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