Letzte Tests vor Start im Sommer
Redaktion
/ Pressemitteilung des DLR astronews.com
23. April 2012
Im Rahmen des Shefex-Programms erforschen Wissenschaftler des
Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), wie ein Raumfahrzeug
nach einem Flug ins Weltall möglichst sicher und kostengünstig wieder in
die Erdatmosphäre eintreten kann. Der Flugkörper Shefex II
bestand nun vor dem geplanten Start im Sommer letzte Tests in einem
Umweltlabor.
Der vom DLR entwickelte scharfkantige
Raumflugkörper Shefex II bei den letzten Tests im
April 2012 in der Umweltkammer des
Raumfahrtunternehmens Astrium in Ottobrunn.
Foto: DLR |
Scharfkantig, ausgerüstet mit zahlreichen Experimenten, einer Kamera und
Sensoren für Druck, Temperatur und Wärmefluss sowie Antennen - so wird
der Shefex-Flugkörper von der Rocket Range auf der
norwegischen Insel Andoya in eine Höhe von 250 Kilometer geschossen und
anschließend mit elffacher Schallgeschwindigkeit wieder in die
Atmosphäre eintreten. Shefex steht für Sharp Edge Flight
Experiment. "Wir betreten mit der Mission technologisches Neuland",
betont Projektleiter Hendrik Weihs vom DLR-Institut für Bauweisen- und
Konstruktionsforschung. Das Raumfahrzeug muss Temperaturen von über
2.000 Grad Celsius aushalten, wenn es nach seinem Flug wieder durch die
Atmosphäre zur Erde zurückkehrt und in der Nähe von Spitzbergen am
Fallschirm landet.
Ungewöhnlich ist vor allem die Form des Flugexperiments: Während
herkömmliche Flugkörper eher abgerundete Formen haben, setzt Shefex
II auf Kanten und Ecken. "Die kantige Form hat den Vorteil, dass
das Thermalschutzsystem deutlich billiger herzustellen ist. Die scharfe
Anlaufkante verbessert zudem die aerodynamischen Eigenschaften",
erläutert Projektleiter Weihs. Der Flugkörper besteht dabei aus
einzelnen glatten Facetten, die einfacher und somit kostengünstiger
hergestellt werden können als beispielsweise die individuell geformten
Kacheln eines Space Shuttles.
Mit dem Raumfahrzeug testen die Wissenschaftler während des
45-sekündigen Wiedereintritts in die Atmosphäre auch verschiedene
Hitzeschutzsysteme. Beteiligt an der Shefex II-Mission sind
gleich sechs DLR-Institute und Einrichtungen: das Institut für
Aerodynamik und Strömungstechnik, das Institut für Bauweisen- und
Konstruktionsforschung, das Institut für Flugsystemtechnik, das Institut
für Werkstoffforschung, das Institut für Raumfahrtsysteme sowie die
Mobile Raketenbasis Moraba.
Mit den im April abgeschlossenen letzten Tests im Umweltlabor von
Astrium Ottobrunn stellten die Wissenschaftler sicher, dass der
Flugkörper die Belastungen des Starts und des anschließenden Flugs ohne
Probleme übrstehen wird. "Um sich während des Flugs zu stabilisieren,
muss sich die Rakete kontinuierlich drehen", erläutert John Turner,
verantwortlich für den Einsatz der Mobilen Raketenstation Moraba
des DLR, die Shefex von der norwegischen Raketenstation ins
Weltall befördern wird.
Ähnlich wie einen Autoreifen, der ausgewuchtet wird, balancierten die
Ingenieure den Flugkörper für diese Drehungen aus. Außerdem gehörte die
Prüfung auf dem Schütteltisch zu den abschließenden mechanischen Tests.
In den ersten Sekunden des Starts wird die Nutzlast durch die
Erschütterungen auf eine harte Probe gestellt - der Schütteltisch ahmte
diese Situation nach. "Nach jedem Test überprüften wir, ob alles noch
präzise funktioniert." Shefex II überstand problemlos bis zu
2000 Schwingungen in der Sekunde auf dem Schütteltisch und zwei
Umdrehungen in der Sekunde auf dem Spin-Tisch.
Bei der Shefex II-Mission greifen die Wissenschaftler auf ihre
Erfahrungen mit dem Flugkörper Shefex I zurück, der am 27.
Oktober 2005 von Andoya aus startete. Das Nachfolgermodell Shefex II
fliegt allerdings mit doppelter Fluggeschwindigkeit, kann über
Steuerelemente beim Wiedereintritt erstmals aktiv gesteuert werden und
bietet eine Verdoppelung der Experimentierzeit. Planungen für eine
dritte Shefex-Mission beginnen zurzeit. Ziel der drei Missionen
ist es, Erkenntnisse für eine neue Art von Wiedereintrittskörper zu
sammeln, die nach einer Experimentierphase in der Schwerelosigkeit
wieder unbeschadet - und somit wiederverwendbar - zur Erde zurückkehren.
Als ein erstes Anwendungsbeispiel wird der REX-Free Flyer (Returnable
Experiments in Space) untersucht. Dieser scharfkantige Raumgleiter
könnte ab 2020 die Möglichkeit bieten, Experimente in die
Schwerelosigkeit zu fliegen, dort einige Tage zu bleiben und
anschließend wieder auf einem normalen Flughafen zu landen. "Damit würde
sich die Lücke schließen zwischen minutenlanger Schwerelosigkeit bei den
TEXUS-Flügen des DLR und der ständigen Schwerelosigkeit an Bord der
Internationalen Raumstation ISS", betont Shefex-Projektleiter
Weihs.
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