Astronomen entdecken uraltes Planetensystem
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Astronomie astronews.com
27. März 2012
Astronomen haben in einer Entfernung von 375 Lichtjahren ein
Planetensystem entdeckt, das rund 13 Milliarden Jahre alt sein und damit
aus einer der frühesten Phasen der kosmischen Entwicklung stammen
dürfte. Nun rätseln die Wissenschaftler, wie ein solches System unter
den damaligen Bedingungen überhaupt entstehen konnte.
Künstlerische
Darstellung des Sterns HIP 11952 und seiner zwei
jupiterähnlichen Planeten. Bild:
Timotheos Samartzidis/MPIA/idw |
Den heutigen Vorstellungen entsprechend entstehen Planeten in Scheiben
aus Gas und Staub, die junge Sterne umgeben. Im Detail gibt es zur
Planetenentstehung freilich noch viele offene Fragen - darunter die
Frage, welche Voraussetzungen denn eigentlich erfüllt sein müssen, damit
sich überhaupt Planeten bilden. Mit einer Stichprobe von mittlerweile
mehr als 750 sicher nachgewiesenen Exoplaneten - also Planeten, die
andere Sterne umkreisen als die Sonne - haben die Astronomen einen
Eindruck von der beachtlichen Vielfalt der möglichen Planetensysteme
gewonnen.
Dabei zeigen sich zudem bestimmte Trends: Statistisch gesehen ist die
Wahrscheinlichkeit, bei einem "metallreichen" Stern – im Sprachgebrauch
der Astronomen heißen alle chemischen Elemente außer Wasserstoff und
Helium "Metalle" - einen oder mehrere Planeten anzutreffen, größer als
bei metallarmen Sternen. Ursprünglich enthielt unser Weltraum allerdings
außer Wasserstoff und Helium so gut wie keine weiteren Elemente. Fast
alle schwereren Elemente sind erst über Milliarden Jahre hinweg im
Inneren von Sternen produziert und dann im Rahmen von
Supernova-Explosionen, mit denen massereiche Sterne ihr Leben beenden,
hinaus ins All geschleudert worden.
Wie steht es aber dann unter den Bedingungen, die im frühesten Universum
vor rund 13 Milliarden Jahren herrschten, mit der Planetenentstehung?
Wenn sich um metallreichere Sterne mit größerer Wahrscheinlichkeit
Planeten bilden, gibt es dann umgekehrt Sterne mit so geringem
Metallgehalt, dass gar keine Planeten entstehen? Und wenn ja: Wann
würden wir dann im Laufe der kosmischen Geschichte erwarten, dass sich
die ersten Planeten bilden?
Astronomen vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg und
weiteren Instituten haben jetzt ein Planetensystem entdeckt, welches zur
Beantwortung dieser Fragen beitragen könnte. Im Rahmen einer
Durchmusterung, bei der gezielt nach Planeten metallarmer Sterne gesucht
wurde, fanden sie zwei Planeten um einen Stern mit der Katalognummer HIP
11952, der von der Erde aus gesehen im Abstand von rund 375 Lichtjahren
im Sternbild Walfisch liegt. Die zwei Planeten haben Umlaufzeiten von
290 beziehungsweise sieben Tagen. Für sich genommen sind die beiden
Planeten, HIP 11952b und HIP 11952c, nichts besonderes. Sehr
ungewöhnlich ist aber, dass sie um einen derart metallarmen und vor
allem um einen so ungewöhnlich alten Stern kreisen.
Im Rahmen der klassischen Modelle der Planetenentstehung, die
metallreiche Sterne begünstigen, sollte die Bildung von Planeten um
solch einen Stern ein extrem seltenes Ereignis sein. "Im Jahre 2010
haben wir das erste Planetensystem eines derart metallarmen Sterns
gefunden: HIP 13044. Damals dachten wir, dies sei ein einzigartiger
Fund; jetzt sieht es stattdessen so aus, als hätten metallarme Sterne
deutlich häufiger Planeten als erwartet.", erläutert Veronica
Roccatagliata von der Universitätssternwarte München, die Koordinatorin
der Durchmusterung.
HIP 13044 wurde berühmt, weil es sich bei ihm um den ersten
extragalaktischen Exoplaneten handeln dürfte - der Stern ist Teil eines
sogenannten Sternstroms, eines Überrests einer anderen Galaxie, die vor
Milliarden von Jahren von unserer Heimatgalaxie, der Milchstraße,
verschlungen wurde (astronews.com berichtete).
Im Vergleich mit anderen Exoplanetensystemen ist HIP 11952 nicht nur
eines der metallärmsten, sondern mit einem geschätzten Alter von 12,8
Milliarden Jahren auch eines der ältesten. "Wir haben in unserem
kosmischen Hinterhof eine archäologische Entdeckung gemacht", so sagt
Johny Setiawan vom Max-Planck-Institut für Astronomie, der die
Untersuchungen an HIP 11952 geleitet hat: "Diese Planeten haben sich
wahrscheinlich zu einer Zeit gebildet, als unsere Heimatgalaxie selbst
noch ein Baby war."
"Wir möchten noch weitere Planetensysteme dieses Typs finden und
untersuchen; mit den Ergebnissen können wir hoffen, unsere Theorien zur
Entstehung von Planeten deutlich zu verfeinern. Unsere Entdeckung zeigt
jedenfalls, dass während aller Perioden kosmischer Geschichte neue
Planeten entstanden sind", unterstreicht Teammitglied Anna Pasquali vom
Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg die Bedeutung des
Fundes.
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