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SIMULATIONEN
Galaxienentwicklung im Computer
Redaktion / idw / Pressemitteilung der Universität Wien
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13. Februar 2012

Wissenschaftler der Universität Wien und des National Astronomy Observatory of China in Peking versuchen im Rahmen eines gemeinsamen Projektes die numerische Modellierung der Entwicklung von Galaxien zu optimieren. Dafür steht ihnen nicht nur der schnellste Rechner Österreichs, sondern auch ein innovativer Cluster zur Verfügung, der die Rechenleistung von Grafikkarten nutzt.

Simulation

Numerisches Modell eines galaktischen Windes einer Zwerggalaxie im ersten Sternentstehungsausbruch. Zu sehen sind vier Stadien im Laufe von 1 Milliarde Jahre (rot: heißes Gas, grün: kühle Wolken, blau: Sterne). Bild: L. Lui L., M. Petrov, P. Berzik, G. Hensler, R. Spurzem

Die Entwicklung und die Wechselwirkung von Galaxien mit ihrer Umgebung sind Gegenstand eines Projekts, das vom Austauschprogramm für Wissenschaftlich-Technische Zusammenarbeit des Österreichischen Austauschdienstes und dem chinesischen Ministerium für Wissenschaft und Technologie gefördert wird. Leiter des Forschungsvorhabens sind die Astrophysiker Gerhard Hensler von der Universität Wien und Rainer Spurzem vom National Astronomy Observatory of China (NAOC) der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Peking, der außerdem auch an der Universität Heidelberg forscht. Darüber hinaus ist Weipeng Lin, Professor am NAOC in Shanghai, ein weiteres Institut der Akademie, Partner.

Im Rahmen des Kooperationsprojekts "High-Performance Computational Astrophysics" soll die Entstehung und Entwicklung einer Zwerggalaxie mit einem speziellen Verfahren, nämlich einem sogenannten "chemo-dynamischen Mehr-Phasen smoothed particle hydrodynamic Code" (cdSPH), am Computer simuliert werden. "Die einzige Möglichkeit Galaxien und ihre permanenten Veränderungsprozesse zu beschreiben, ist die Simulation bzw. Modellierung am Computer. Und diese wollen wir im Zuge der neuen Kooperation mit China optimieren", erklärt Hensler.

Als Ausgangspunkt dienen dabei Beobachtungen von Galaxien. Diese versucht man dann am Computer "nachzubauen", um die beobachtete Realität mit dem berechneten Modell zu vergleichen. Hierzu ist es notwendig, die Komponenten der Galaxien, Gas, Sterne und auch Dunkle Materie, so detailliert wie möglich zu beschreiben. Eine besondere Schwierigkeit ist, dass man es dabei mit einer Vielzahl von Größenordnungen und Zeitskalen zu tun hat: So findet man Sterne im Bereich von ein Zehntel bis zu rund dem Hundertfachen der Sonnenmasse und mit Lebensdauern von 10 Millionen Jahren bis zu vielen Milliarden Jahren. Die "kurzlebigen" Sterne explodieren als Supernovae und geben dabei über 90 Prozent ihrer Masse wieder ins All ab.

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Sterne wiederum entstehen aus einer kühlen Komponente des Gases, das den Raum zwischen den Sternen ausfüllt. Dessen Dichte ist teils so gering, dass sich nur ein Atom in einem Kubikmeter des Raumes befindet. Darüber hinaus schwanken die Temperaturen dieses interstellaren Mediums von 10 Kelvin, also knapp oberhalb des absoluten Nullpunkts bei -273 Grad Celsius, bis zu mehreren 10 Millionen Grad Celsius. Da eine Galaxie von ihrer Umgebung beeinflusst wird, also mit anderen Galaxien wechselwirkt oder extragalaktisches Gas einfängt, muss in numerischen Simulationen eine Dimension von weit mehr als 100.000 Lichtjahren "überschaut" werden, während sich die Sternentstehung in "kleinen" Gaswolken von oft nur wenigen Lichtjahren Durchmessern abspielt.

"Galaxien sind unglaublich komplexe Systeme. Zuerst bereiten wir die Galaxienbedingungen für den Computer vor. Dazu zerteilen wir sie in ihre Komponenten, repräsentiert durch Millionen von Massenpaketen, dann geben wir die sie beeinflussenden inneren und äußeren Kräfte und Prozesse ein, wie etwa Gravitation, Abkühlung, Erwärmung oder Gaszusammensetzung und die Wechselwirkungen zwischen ihnen, wie Sternentstehung und stellaren Massenverlust. Anschließend werden die Bereiche oder Teilchen für einen begrenzten Zeitschritt auf die Prozessoren des Computers verteilt, entsprechend den Kräften und Prozessen durchgerechnet und danach mit allen anderen wieder verbunden. Dadurch werden die globalen Einflüsse der einzelnen Bereiche ermittelt, bevor alles wieder parallel auf die Prozessoren verteilt wird. Der jeweilige Status des Modells ist während des Rechenvorgangs jederzeit abrufbar. Am Schluss steht das fertige Modell der Entwicklung einer Galaxie", beschreibt Hensler das Vorgehen.

Hensler und seinen Mitarbeitern steht für diese umfangreichen Berechnungen der Vienna Scientific Cluster (VSC), der schnellste Rechner Österreichs, zur Verfügung. Der Supercomputer wurde im Herbst 2009 von der Universität Wien, der Technischen Universität und der Universität für Bodenkultur in Betrieb genommen, 2011 wurde die Ausbaustufe VSC2 eröffnet. Doch damit nicht genug: "In den Grafikkarten normaler PCs befinden sich allerdings auch bereits sehr leistungsfähige Prozessoren, sogenannte Graphical Processing Units (GPU), die zwar weniger 'intelligent' sind, beim Zusammenfassen zu einem Cluster aber unschlagbar schnell", so Hensler. Ein weiterer Vorteil dieser auf Grafikkarten beruhenden Supercomputer: Sie sind im Vergleich zu "normalen" Parallelrechnern sehr günstig zu beschaffen.

In Peking wurde 2009 einer der schnellsten GPU-Cluster mit 171 GPUs installiert, der 2011 für seine Leistung von 50 Teraflops (das sind 50.000 Milliarden Gleitkommaoperationen pro Sekunde) mit dem "PRACE Award of the International Supercomputing Conference ISC11" ausgezeichnet wurde. Zusätzlich haben die Wissenschaftler aus Peking Zugriff auf das Mole-8.5-System des chinesischen Institute of Process Engineering mit über 2.000 GPUs, die sogar eine Leistung im Petaflop-Bereich erzielen.

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siehe auch
Simulationen: Rechnen auf Grafikkarten - 4. November 2008
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