Die Umgebung eines Schwarzen Lochs
von Stefan Deiters astronews.com
11. Oktober 2011
Mit einer Vielzahl von Teleskopen haben Astronomen das supermassereiche Schwarze Loch
der aktiven Galaxie Markarian 509 ins Visier genommen. Die Beobachtungen
enthüllten ganz neue Details über die direkte Umgebung
der Schwerkraftfalle. Eine entscheidende Rolle dabei spielte das
ESA-Röntgenteleskop XMM-Newton, das Markarian 509 insgesamt 100 Tage
lang beobachtete.
Hubble-Aufnahme von Markarian 509.
Bild:
NASA, ESA, J. Kriss (STScI) und J. de Plaa (SRON) |
Das internationale Astronomenteam hatte sich für ihre
Beobachtungen das supermassereiche Schwarze Loch im Zentrum der Galaxie
Markarian 509 ausgesucht, das rund 500 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt ist. Die aktive Galaxie
verfügt über ein Schwarzes Loch mit der 300 Millionen-fachen Masse unserer
Sonne. Und die Schwerkraftfalle wächst immer noch weiter, da sie ständig große
Mengen an Material verschlingt.
Markarian 509 war in den Fokus der Wissenschaftler geraten, weil man schon
zuvor beobachtet hatte, dass die Strahlung aus unmittelbarer Nähe des Schwarzen
Lochs unregelmäßig ist, was auf einen turbulenten Fluss von Material in das
Schwarze Loch hindeutet. Die intensive Strahlung, die man aus unmittelbarer
Umgebung von Schwarzen Löchern beobachten kann, entsteht durch Gas, das sich -
bevor es auf Nimmerwiedersehen im Schwarzen Loch verschwindet - auf extreme
Temperaturen aufheizt. Die Strahlung aus dieser inneren Region sorgt aber
umgekehrt auch für einen Strom von Material vom Schwarzen Loch weg. Die jetzt
vorgelegte Studie liefert neue detaillierte Informationen über die Geschehnisse
in diesem Bereich.
Das Schwarze Loch wurde insgesamt 100 Tage lang beobachtet. "XMM-Newton war bei
diesen Beobachtungen wirklich federführend, weil es einen so großen
Röntgen-Wellenlängenbereich abdecken kann und zudem noch über eine optische
Monitor-Kamera verfügt", erläutert Jelle Kaastra vom SRON Netherlands
Institute for Space Research , der das Team aus 26 Astronomen aus 21
Instituten von vier Kontinenten koordiniert hat.
Markarian 509 übertraf sich im Verlauf der Beobachtungen selbst: Statt der
üblichen Helligkeitsschwankungen von 25 Prozent kam es in Teilen des
Röntgenspektrums zu Schwankungen von 60 Prozent. Das deutet auf erhebliche
Störungen im Gasfluss in Richtung des Schwarzen Lochs hin. Die Untersuchung
ergab, dass das Material, das vom Schwarzen Loch wegströmt, aus riesigen
Materialklumpen besteht, die auf Geschwindigkeiten von mehreren Millionen
Kilometern pro Stunde beschleunigt werden. Sie stammen aus einem Reservoir von
Material rund um das Schwarze Loch. Zur Überraschung der Astronomen befand sich dieses
aber mehr als 15 Lichtjahre vom Schwarzen Loch entfernt.
"Es gab früher einige Diskussionen unter Astronomen über den Ursprung des
ausströmenden Gases", erläutert Kaastra. Das Reservoir aus staubigem Gas bildet
einen Donut-förmigen Torus um das Schwarze Loch. Von dort spiralt Material in
Richtung der Schwerkraftfalle und es entsteht eine sogenannte Akkrektionsscheibe.
Diese verfügt, so ergaben die Beobachtungen, über eine dünne "Haut" aus heißem
Gas mit Temperaturen von mehreren Millionen Grad Celsius. Von hier stammt die
intensive Röntgen- und Gammastrahlung, die dann auch das Gas in größerer
Entfernung nach außen drückt.
Außer XMM-Newton waren an der Beobachtungskampagne von Markarian 509 auch das
Weltraumteleskop Hubble, das NASA-Röntgenteleskop Chandra, der Satellit
Swift
sowie das erdgebundene William Herschel Telescope und das Teleskop PAIRITEL
beteiligt. Auf diese Weise
konnten die Astronomen vom Infraroten über den sichtbaren Bereich des Lichtes
und das Ultraviolette bis zum Röntgen- und Gammastrahlenbereich ein umfassendes
Spektrum an Wellenlängen abdecken.
"Die Ergebnisse machen deutlich, wie wichtig Beobachtungen über einen langen
Zeitraum sind, um mehr über variable astrophysikalische Objekte zu lernen", meint
Norbert Schartel, der Projektwissenschaftler für XMM-Newton bei der ESA. "Bei
XMM-Newton haben wir alles dafür getan, um diese Beobachtungen möglich zu
machen. Jetzt zahlt sich die Mühe aus." Das Team hat die Beobachtungen von
Markarian 509 in insgesamt sieben Fachartikeln in der Zeitschrift Astronomy
& Astrophysics beschrieben.
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