Explodierende Sterne als Staubproduzenten
von Stefan Deiters astronews.com
8. Juli 2011
Bei der Explosion von Sternen entsteht deutlich mehr Staub
als bislang vermutet worden war. Dies schließen Astronomen
aus neuen Beobachtungen mit dem Infrarot-Weltraumteleskop Herschel der
europäischen Weltraumagentur ESA. Mit Herschel hatten sie in
der Großen Magellanschen Wolke eine überraschende
Entdeckung gemacht.
Das europäische Weltraumteleskop Herschel.
Bild: ESA / C. Carreau
Herschels Blick auf Supernova 1987A (links) im
Vergleich zu einer Aufnahme mit dem
Weltraumteleskop Hubble (rechts).
Bild: ESA / Herschel / PACS / SPIRE /
NASA-JPL / Caltech / UCL / STScI und das Hubble
Heritage Team (AURA/STScI/NASA/ESA) [Großansicht] |
Staub mag im Haushalt eine Plage sein und auch so manche
astronomische Beobachtung stören, doch Staub ist gleichzeitig auch ein wichtiger
Grundbaustein für die Entstehung von Sternen, Planeten und schließlich auch von Leben. Die Entstehung von Staub im Universum ist daher von großem
wissenschaftlichen Interesse. Mit Hilfe des europäischen
Infrarot-Weltraumteleskops Herschel könnte Astronomen nun eine wichtige
Entdeckung gelungen sein, die auch ein Rätsel aus der Anfangszeit des Universums
lösen helfen könnte: Explodierende Sterne, also Supernovae, produzieren deutlich mehr Staub als
angenommen.
Die Entdeckung gelang den Astronomen, als sie mit Herschel die Wärmestrahlung
von kaltem Staub in der Großen Magellanschen Wolke kartierten, einer
Satellitengalaxie unserer Milchstraße. Dieser kalte Staub sendet seine Strahlung
im fernen Infrarot aus, einem Wellenlängenbereich auf dessen Beobachtung Herschel
spezialisiert ist. An der Stelle, an der im Februar 1987 eine Supernova zu
beobachten war - die berühmte Supernova 1987A - registrierte Herschel einen
Lichtfleck.
Die sich ausbreitenden Überreste der Supernova 1987A wurden in den vergangenen
Jahren von unzähligen Teleskopen untersucht (astronews.com berichtete
wiederholt). Herschel konnte nun aber die ersten eindeutigen
Beobachtungen der
Region im fernen Infrarot machen. Sie zeigten, dass sich hier kalte Staubkörner
mit einer Temperatur von rund -250 Grad Celsius befinden müssen, die etwa
200-mal mehr Energie abstrahlen als die Sonne. "Der Supernova-Überrest war im
Infraroten deutlich heller als wir das erwartet hatten", erklärt Mikako Matsuura
vom University College London, die auch Erstautorin eines Fachartikels
über die Beobachtungsergebnisse ist.
Aus der Helligkeit des Supernova-Überrests im Infraroten schätzen die
Astronomen die dort vorhandene Staubmenge ab und erlebten die nächste
Überraschung. Offenbar befand sich rund um den Ort von Supernova 1987A etwa
1.000-mal mehr Staub als eigentlich erwartet worden war. Aus der dort
vorhandenen Staubmenge ließen sich rund 200.000 erdgroße Planeten formen.
Das Resultat ist deswegen von Bedeutung, da die schweren, im Staub
enthaltenen Atome wie Kohlenstoff, Silizium, Sauerstoff und Eisen nicht während
des Urknalls entstanden sind und sich somit erst später gebildet haben müssen.
Obwohl ihr Anteil im Universum äußerst gering ist, spielen
sie doch beispielsweise im Sonnensystem eine wichtige Rolle: Sie sind der Hauptbestandteil von
Gesteinsplaneten wie der Erde und spielten eine wichtige Rolle bei der
Entstehung des Lebens. Dies erklärt auch, warum
Astronomen manchmal sagen, dass wir alle aus Sternenstaub bestehen.
Wo der Staub im Universum allerdings herkommt, ist bislang noch nicht
vollständig verstanden. Das gilt insbesondere dann, wenn man ins junge Universum
zurückblickt. Heute scheint ein großer Teil des Staubs von alten roten
Riesensternen zu stammen, doch waren diese im jungen Universum noch nicht
vorhanden - der Staub allerdings schon.
Dank Herschel wissen die Astronomen nun, dass auch durch
Supernova-Explosionen enorme Mengen an Staub produziert werden können. Vermutlich
kondensiert der Staub dabei aus den gasförmigen Trümmerteilen des Sterns aus,
die sich vom Explosionsort entfernen und dabei abkühlen. Da es im jungen
Universum viele Supernova-Explosionen gegeben hat, könnte diese Erkenntnis
helfen, den Ursprung des Staubs dort zu erklären.
"Diese Beobachtungen liefern den ersten direkten Beweis dafür, dass
Supernovae tatsächlich den Staub erzeugen können, den wir in jungen, weit
entfernten Galaxien beobachten", so Göran Pilbratt,
Herschel-Projektwissenschaftler bei der ESA. "Es ist ein wichtiges Ergebnis,"
das zudem zeigen würde, wie wichtig es ist, mit spezialisierten Instrumenten wie
Herschel
ein einmaliges Fenster ins Universum aufzustoßen.
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