Größere Chancen durch optimierte Verteilung
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik astronews.com
31. Mai 2011
Mit Detektoren in Deutschland, Italien und den USA versuchen Wissenschaftler
seit Jahren Gravitationswellen direkt nachzuweisen. Eine neue Detektorgeneration
soll in den nächsten Jahren endlich den Durchbruch bringen. In einer Studie
weist ein deutscher Forscher nun darauf hin, dass man durch eine optimierte
Verteilung der Detektoren auf der Erde die Chancen auf eine Entdeckung mehr als
verdoppeln könnte.
Gravitationswellen
sind winzige Verzerrungen in der Raumzeit und
wurden bislang noch nicht direkt beobachtet.
Bild: NASA / JPL |
Mit Detektoren in den USA, Deutschland und Italien versuchen
Wissenschaftler, einem von Albert
Einsteins letzten Geheimnissen auf die Spur zu kommen: Gravitationswellen. Bisher gelang
es nicht, diese von dem genialen Physiker vorhergesagten Krümmungen der Raumzeit direkt nachzuweisen. Würden die vorhandenen
Detektoren jedoch anders über die Erde verteilt, würden die Chancen um mehr als das
Doppelte steigen. Zu diesem Ergebnis kommt jedenfalls Bernard F. Schutz, Direktor am Golmer Max-Planck-
Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut), in einer neuen Studie. Und eine
weitere Verbesserung ließe sich mit dem Bau zusätzlicher Gravitationswellen-Observatorien
erzielen.
Zur Untersuchung des Universums stehen uns viele Methoden zur Verfügung, die fast alle auf der
Analyse elektromagnetischer Strahlung aus dem All beruhen. Wir betrachten sozusagen Fotos aus
verschiedenen Zeiten, die bei unterschiedlichen Wellenlängen aufgenommen wurden. Würden wir
auch unsere Ohren benutzen, so würde sich unser Wahrnehmungsspektrum erheblich erweitern,
denn für verschiedene Phänomene sind die klassischen Methoden blind.
So künden Gravitationswellen von Sternexplosionen, vom Zusammenprall Schwarzer Löcher und
Neutronensterne und sogar vom Urknall. Ihre Frequenzen liegen nicht im elektromagnetischen,
sondern im akustischen Bereich. Diese Dellen in der Raumzeit bewegen sich mit
Lichtgeschwindigkeit und bringen das Universum zum Klingen.
In Deutschland (mit GEO600), an zwei Orten in den USA (LIGO) und in Italien (Virgo) haben die
Forscher bereits Detektoren für den Nachweis von Gravitationswellen gebaut, die in einem
Netzwerk gemeinsam messen und die Daten auswerten. Die Observatorien in den USA und Italien
werden nun für den ersten direkten Nachweis ausgerüstet und sollen vom Jahr 2016 an erneut mit
den Messungen beginnen - mit zehnfach verbesserter Empfindlichkeit.
Bisher gingen die Wissenschaftler davon aus, dann jährlich im Durchschnitt 40 verschmelzende
Neutronensterne oder Schwarze Löcher beobachten zu können. Nun zeigt die Untersuchung von
Schutz, dass bei optimaler Datenanalyse diese Rate theoretisch sogar bei 160 solchen
Ereignissen pro Jahr liegen könnte. Mit der derzeitigen räumlichen Anordnung der
Detektoren wäre das
allerdings nicht zu schaffen; vielmehr wird ein Messinstrument auf der anderen Seite der Erde
benötigt.
Die Messempfindlichkeit eines Detektoren-Netzwerks hängt von der Empfindlichkeit der einzelnen
Detektoren und deren Position auf der Erde ab. In seiner Studie zeigt Schutz, wie diese
Beziehung für jedes beliebige Netzwerk durch drei Zahlen charakterisiert werden kann:
die Entfernung, aus der die Gravitationswellen-Quelle am Himmel vom einzelnen Detektor
wahrgenommen werden kann,
das kleinste Signal-Rausch-Verhältnis, bei dem ein Gravitationswellen-Nachweis gerade noch
möglich ist und
die geometrische Anordnung der Detektoren im Netzwerk.
"Schon die Verlagerung eines der bereits vorhandenen LIGO-Instrumente aus den USA nach
Australien würde die Detektionsrate um das Zwei- bis Vierfache steigern und viel genauere
Informationen über die Ereignisse liefern", sagt Schutz. Nehmen - wie geplant - in Japan,
Australien und Indien Gravitationswellen-Detektoren den Messbetrieb auf, so werden die
Wissenschaftler jährlich etwa 370 astronomische Ereignisse beobachten können; eine Zahl, die im
Routinemessbetrieb sogar auf 500 pro Jahr steigen soll. Dabei würde die Messgenauigkeit im
Vergleich zur notwendigen Investition überproportional verbessert.
"Ein neuer Gravitationswellen-Detektor in Japan, dessen Bau vergangenes Jahr beschlossen
wurde, würde die Empfindlichkeit und Verlässlichkeit des Detektor-Netzwerks weiter steigern und
darüber hinaus könnte ein größerer Teil des Himmels beobachtet werden", so Schutz.
"Wir wären dann nicht nur sicherer als je zuvor, Einsteins Wellen direkt
zu messen, sondern würden auch vollkommen neuartige Informationen über
Neutronensterne und Gammastrahlenblitze erhalten. Das wäre der Beginn
einer ganz neuen Astronomie."
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