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QUANTENPHYSIK
Wie ein eisiger Blick zum Urknall
Redaktion / idw / Pressemitteilung der Universität Innsbruck
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21. März 2011

Mit Hilfe von ultrakalten Gasen ist es Wissenschaftlern gelungen, ein Modellsystem zu erzeugen, das nicht nur neue Einsichten in die Festkörperphysik verspricht, sondern auch verblüffende Analogien zur Urmaterie kurz nach dem Urknall zeigt. Die Quantengasmischung verhält sich damit ähnlich wie die in Teilchenbeschleunigern erzeugten um viele Größenordnungen energiereicheren Plasmen.

Quantengas

Der Forschungsgruppe um Rudolf Grimm und Florian Schreck gelang es erstmals, in einem Quantengas zwischen zwei fermionischen Elementen, Lithium-6 (blau) und Kalium-40 (rot), eine starke Wechselwirkung kontrolliert herzustellen. Bild: Ritsch / Universität Innsbruck / idw

In den ersten Sekundenbruchteilen nach dem Urknall bestand das gesamte Universum Theorien nach aus einem Quark-Gluon-Plasma. Auf der Erde lässt sich diese "Ursuppe" in großen Teilchenbeschleunigern beobachten, wenn zum Beispiel Kerne von Bleiatomen mit annähernder Lichtgeschwindigkeit aufeinander geschossen und mit Detektoren die dabei entstehenden Produkte untersucht werden.

Nun gelang es Quantenphysikern um Prof. Rudolf Grimm und Dr. Florian Schreck vom Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) gemeinsam mit italienischen und australischen Forschern erstmals, Teilchenwolken aus Lithium-6 und Kalium-40-Atomen kontrolliert wechselwirken zu lassen. Sie konnten damit ein Modellsystem etablieren, das sich ähnlich verhält wie das um mehr als 20 Größenordnungen energetisch stärkere Quark-Gluon-Plasma.

Bereits 2008 bestimmten die Innsbrucker Physiker in einer Quantengasmischung aus Lithium- und Kaliumatomen sogenannte Feshbach-Resonanzen, mit denen sie die quantenmechanische Wechselwirkung zwischen den Teilchen über ein Magnetfeld beliebig verändern können. Inzwischen haben sie alle technischen Herausforderungen gemeistert und können als weltweit erste auch sehr hohe Wechselwirkungen zwischen den Teilchen herstellen. "Die Magnetfelder müssen dazu auf ein Hunderttausendstel genau justiert und sehr präzise kontrolliert werden", erklärt Schreck.

In dem Experiment präparieren die Physiker in einer optischen Falle die ultrakalten Gase aus Lithium-6 und Kalium-40-Atomen und legen sie übereinander, wobei die kleinere Wolke der schwereren Kaliumatome sich im Zentrum der Lithiumwolke befindet. Nach dem Abschalten der Falle beobachten sie bei unterschiedlich starken Magnetfeldern die Expansion des Quantengases. "Bei starker Wechselwirkung der Teilchen verhalten sich die Gaswolken plötzlich hydrodynamisch", erzählt Schreck. "Im Zentrum der Teilchenwolke - dort wo die Kaliumatome mit den Lithiumatomen wechselwirken - bildet sich ein elliptischer Kern. Außerdem passen die unterschiedlich schweren Teilchen ihre Expansionsgeschwindigkeiten aneinander an."

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Aus der Theorie weiß man, dass beide Phänomene auf hydrodynamisches Verhalten des Quantengases schließen lassen. "Dieses Verhalten ist das auffälligste Phänomen, das in Quantengasen beobachtet werden kann, wenn Teilchen stark miteinander wechselwirken", erklärt Grimm. "Dieses Experiment eröffnet damit ein neues Gebiet der Vielteilchenphysik."

Auch Hochenergiephysiker machen diese zwei Beobachtungen, wenn sie in Teilchenbeschleunigern Quark-Gluon-Plasmen herstellen. Unter sehr gut kontrollierten Laborbedingungen kann das Innsbrucker Quantengasexperiment damit als Modellsystem für Phänomene im Universum kurz nach dem Urknall gesehen werden. "Wir können daran aber vor allem auch sehr vielen Fragen der Festkörperphysik modellhaft untersuchen", freut sich Grimm, der das Quantengasgemisch nun mit seinem Team weiter untersuchen will. "Ein großes Ziel ist es, Quantenkondensate herzustellen, wie etwa Bose-Einstein-Kondensate von aus Lithium- und Kaliumatomen gebildeten Molekülen. Dies wird unsere Möglichkeiten, neuartige Materiezustände zu realisieren, noch erheblich erweitern."

Die Physiker berichten in der Fachzeitschrift Physical Review Letters über die neuen Ergebnisse.

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siehe auch
Quantenmechanik: Keine Interferenzen höherer Ordnung - 23. Juli 2010
Links im WWW
Universität Innsbruck
Preprint des Fachartikels bei arXiv.org
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