Schwedische Mission unter deutscher Leitung
Redaktion
/ Pressemitteilung des DLR astronews.com
16. März 2011
Mit der im Juni vergangenen Jahres gestarteten Satellitenmission PRISMA
will die schwedische Raumfahrtbehörde den autonomen Formationsflug von
Satelliten sowie die automatische Annäherung von Raumflugkörpern im All
testen. Jetzt hat das Deutsche Raumfahrtkontrollzentrum in
Oberpfaffenhofen für einige Monate den Betrieb übernommen, um
weiterführende Weltraumexperimente durchzuführen.
Der Satellit Tango in einer Entfernung von
sieben Meter vom Partnersatelliten Mango aus
gesehen.
Bild: SSC |
Am 15. März 2011 hat das Deutsche Raumfahrtkontrollzentrum (German Space
Operations Center, GSOC) des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt
(DLR) in Oberpfaffenhofen den Betrieb der laufenden schwedischen
Satellitenmission PRISMA übernommen. Im Rahmen einer
bilateralen Vereinbarung erfolgte die Übergabe durch das schwedische
Raumfahrtunternehmen Swedish Space Corporation (SSC). Das DLR
erhält über einen Zeitraum von fünf Monaten die Missionsverantwortung
und die Möglichkeit für weiterführende Weltraumexperimente.
Die Mission PRISMA wurde am 15. Juni 2010 gestartet und besteht aus den
beiden Satelliten Mango und Tango. Ziel der Mission
ist die Demonstration des autonomen Satelliten-Formationsflugs sowie die
Vorbereitung künftiger Inspektions- und Reparaturmissionen im Orbit (astronews.com
berichtete). "Wir sind ab sofort dafür zuständig, die Rahmenbedingungen
für den gesamten Missionsbetrieb zu gewährleisten. Dazu gehört die
Kontrolle des Bodenstationsnetzwerks, die Überwachung und Kommandierung
beider Satelliten und die Durchführung des Experimentprogramms", so Ralf
Faller, leitender PRISMA-Flugdirektor im Deutschen
Raumfahrtkontrollzentrum des DLR.
DLR-Antennen in Weilheim und die von SSC betriebenen Antennen in
Schweden bilden das Bodenstationsnetzwerk. Zehn Mal pro Tag übermitteln
die beiden PRISMA-Satelliten Mango und Tango ihre
Signale an die Empfangsstationen und erhalten von Oberpfaffenhofen aus
ihre neuen Kommandos. Insgesamt drei Teams regeln dort das
Flugbetriebssystem im Schichtbetrieb. Das Deutsche
Raumfahrtkontrollzentrum GSOC übernimmt die Aufgaben der kommenden
Monate mit der Erfahrung aus zahlreichen nationalen und internationalen
Satellitenmissionen. Die gezielte Vorbereitung fand im SSC
Operations Center in Stockholm statt.
Dennoch stellt der Betrieb von PRISMA eine besondere
Herausforderung für alle Beteiligten dar. Denn "PRISMA ist die
erste europäische Satellitenmission, die den autonomen Formationsflug in
Abständen zwischen 30 Kilometern und zwei Metern demonstriert", ergänzt
Faller. Der Hauptsatellit Mango und sein Partnersatellit
Tango umfliegen sich gegenseitig in immer wieder unterschiedlichen
Formationen während sie die Erde umrunden. Bahnkontrolle und Navigation
führen die Satelliten selbstständig aus. Der erste Schritt dazu
geschieht noch von der Erde aus: Die DLR-Wissenschaftler legen zunächst
eine Formation fest und kommandieren diese dann an den Mango-Satelliten.
Ab diesem Schritt "übernimmt" die Navigations- und Kontrollsoftware an
Bord und der Satellit führt ohne weitere Eingaben den gewünschten
Formationsflug mit Tango aus.
Für den autonomen Formationsflug benötigt der Satellit einleitend
Informationen über die eigene Position und seine Geschwindigkeit in
Relation zu dem anderen Objekt. Die hochgenaue Bestimmung der Position
und der relativen Satellitenbewegung erfolgt über einen innovativen
GPS-Empfänger, der im DLR entwickelt wurde. Die bordeigene Berechnung
der Orbitmanöver und Steuerung der Satelliten stammt von SSC und beruht
auf speziellen Algorithmen. So "weiß" Mango genau, wann er
seine Triebwerke zünden und wieder abstellen muss, um einen bestimmten
Formationsflug auszuführen.
Der Formationsflug der PRISMA-Satelliten bietet ein ideales
Testfeld für "Rendezvous"-Manöver zur Annäherung von Objekten im
Weltraum. Neben der Übernahme des operationellen Betriebs erfüllt das
Deutsche Raumfahrtkontrollzentrum daher auch wissenschaftliche Aufgaben
- in Form der missionsgebundenen DLR-Experimente "SAFE" (Spaceborne
Autonoumous Formation Flying Experiment) und "AOK" (Autonomous Orbit
Keeping). SAFE dient der Erprobung des autonomen
Satelliten-Formationsflugs, während AOK die Orbitkontrolle eines
einzelnen Raumfahrzeugs übernimmt.
Nach Rückgabe des Missionsbetriebs im Sommer 2011 sind in Kooperation
mit SSC weitere Experimente an Bord der PRISMA-Satelliten geplant. Das
gewonnene Wissen und die Erfahrung nutzt das DLR unter anderem zur
Vorbereitung der für 2015 geplanten Deutschen Orbitalen Servicing
Mission DEOS, die den Einfang und die kontrollierte Entsorgung eines
nicht mehr operativen Satelliten demonstrieren soll.
Die Satellitenmission PRISMA wurde von der schwedischen Raumfahrtagentur
SNSB (Swedish National Space Board) im Jahr 2005 initiiert und
realisiert. Das schwedische Raumfahrtunternehmen SSC agierte als
Entwickler und Hersteller der Satelliten und leitete erfolgreich den
bisherigen Missionsbetrieb. Als Experimentator hat SSC nationale
Kooperationen mit den Unternehmen ECAPS und NanoSpace für neuartige
Antriebssysteme. Als internationale Partner der Mission sind die
französische Raumfahrtagentur CNES (Centre National d’Etudes
Spatiales) mit dem spanischen Forschungszentrum CDTI (Centro
para el Desarrollo Tecnológico Industrial) und die Dänische
Technische Universität DTU (Danmarks Tekniske Universitet)
beteiligt.
Das Deutsche Raumfahrtkontrollzentrum GSOC ist seit Beginn der
PRISMA-Mission aktiv - im Bereich Raumsegment mit der Bereitstellung von
Hard- und Software und im Bodensegments mit der Datenaufbereitung zur
präzisen Bahnbestimmung. Zusätzlich zu diesen Schlüsselaufgaben wurde
das Deutsche Zentrum für Luft-und Raumfahrt (DLR) nun mit der Übernahme
des Gesamtbetriebs betreut.
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