Eine Spiralgalaxie ohne Bulge
von Stefan Deiters astronews.com
2. Februar 2011
Die europäische Südsternwarte ESO hat heute ein weiteres
Bild veröffentlicht, das aus Archivdaten erstellt wurde, die im Rahmen eines
Astrofotografie-Wettbewerbs von einem Teilnehmer entdeckt worden waren. Das Bild
zeigt die helle Spiralgalaxie NGC 3621, die sich durch einen fehlenden Bulge von
anderen Systemen dieser Art abhebt.
Das heute von der ESO veröffentlichte Bild
von NGC 3621.
Bild: ESO und Joe DePasquale [Großansicht]
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Bei NGC 3621 handelt es sich um eine Spiralgalaxie, die rund 22
Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Wasserschlange liegt.
Sie ist relativ hell und lässt sich daher auch schon mit mittleren Teleskopen
beobachten. Das jetzt von der Europäischen Südsternwarte ESO veröffentlichte
Bild wurde mit dem Wide Field Imager des MPG/ESO-2,2-Meter-Teleskops in
La Silla gemacht. Es handelt sich dabei jedoch nicht um eine neue Beobachtung:
Das Datenmaterial fand ein Teilnehmer eines Astrofotografie-Wettbewerbs der ESO
(astronews.com berichtete) in den Archiven der Organisation .
Auffällig bei NGC 3621 ist, dass die Galaxie aus einer nur dünnen Scheibe aus
Sternen besteht. Dies deutet nach Ansicht der Astronomen darauf hin, dass das
System bislang noch nicht in die Nähe einer anderen Galaxie geraten oder mit
einem anderen System kollidiert ist. Dadurch wären nämlich die Sterne der dünnen
Scheibe gestört worden und es hätte sich zudem ein kleiner Bulge, also eine
Konzentration von Sternen im Zentrum, gebildet.
Galaxien entwickeln sich und wachsen durch wiederholte Verschmelzungen. Durch
diesen Prozess entsteht mit der Zeit auch ein immer größerer Bulge im
Zentrum einer Spiralgalaxie. Inzwischen hat man jedoch festgestellt, dass auch
reine Scheibengalaxien wie NGC 3621, die über gar keinen Bulge verfügen, noch
relativ häufig sind.
Die Galaxie NGC 3261 ist für die Astronomen auch wegen ihrer relativen Nähe
interessant. Dies erlaubt ihnen nämlich, zahlreiche verschiedene Objekte, wie
etwa Sternentstehungsgebiete, Staubwolken oder Cepheiden, also eine spezielle
Sorte pulsierender Sterne, die als Entfernungsindikatoren verwendet werden, zu
studieren.
NGC 3261 gehörte daher auch zu den 18 Galaxien, die für eines der
wissenschaftlichen Hauptprojekte des Weltraumteleskops Hubble
ausgewählt wurde. Dessen Ziel war es, mit Hilfe von Cepheiden-Beobachtungen die
Expansion des Universums mit bislang unerreichter Genauigkeit zu vermessen. In
NGC 3621 fand man allein 69 Cepheiden. Die Ergebnisse des Projektes beendeten
einen jahrzehntelangen Streit über die Größe der sogenannten Hubble-Konstante,
die ein Maß für die Expansionsrate des Universums ist.
Das heute von der ESO veröffentlichte Bild entstand durch Kombination von
vier Schwarz-Weiß-Aufnahmen, die mit verschiedenen Filtern gemacht und dann
entsprechend eingefärbt wurden. Die Belichtungszeit mit jedem Filter betrug
zwischen 30 und 40 Minuten.
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