Chemisch pekuliare Sterne in anderer Galaxie
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Wien astronews.com
28. Dezember 2010
Seit Jahrzehnten beschäftigen sich Wissenschaftler mit der Erforschung chemisch
pekuliarer Sterne, die erstmals 1897 von der amerikanischen Astronomin Antonia
Maury in unserer Milchstraße aufgespürt worden waren. Nun ist es Forschern
gelungen, diese eigentümlichen Sonnen auch in der Großen Magellanschen Wolke,
einer Satellitengalaxie der Milchstraße, nachzuweisen.
Eines der beiden
6,5 Meter Magellan Teleskope des Observatoriums
Las Campanas.
Foto: idw / Universität Wien / Matias del
Campo |
Chemisch pekuliare (CP) Sterne sind seit deren Entdeckung im Jahr 1897
durch die amerikanische Astronomin Antonia Maury Ziel von
astrophysikalischen Untersuchungen. Nach wie vor sind die Mechanismen,
die dieses Phänomen hervorrufen, größtenteils ungeklärt. CP-Sterne
zeigen zum Beispiel starke lokale Magnetfelder sowie Überhäufigkeiten
von Elementen in der Sternatmosphäre.
Im Vergleich zu unserer Sonne findet man bei CP-Sternen Überhäufigkeiten
von Elementen wie Silizium, Europium oder Chrom, die bis zu einem Faktor
100 reichen. Eine weitere interessante Eigenschaft dieser besonderen
Sternengruppe ist die Variabilität in der Helligkeit und von einzelnen
Spektrallinien. Ungefähr zehn Prozent aller Sterne im relevanten
Temperaturbereich (heißer als 8.000 Grad Kelvin) zeigen eine solche
Charakteristik.
Am Institut für Astronomie der Universität Wien beschäftigt man sich seit
mehreren Jahrzehnten mit diesen eigentümlichen Sonnen. Unter anderem
ermöglicht ein Delta-a genanntes photometrisches Verfahren, entwickelt von
Hans Michael Maitzen, Professor am Institut, eine effiziente und
ökonomische Aufspürung dieser Objekte. Aktuell liegt ein
Forschungsschwerpunkt auf der detaillierten Untersuchung von CP-Sternen in
offenen Sternhaufen unserer Milchstraße.
Ein wichtiges Werkzeug hierfür ist WEBDA, die an der Universität Wien
gewartete Datenbank für offene Sternhaufen. Neben der statistischen
Bestimmung der Anzahl dieser Objekte in offenen Sternhaufen in
Abhängigkeit des Alters und der Lage in der Milchstraße werden am Institut
für Astronomie auch weitreichende photometrische
Variabilitätsuntersuchungen durchgeführt. Dafür werden sowohl Teleskope in
Chile als auch das "Austrian Croatian Telescope" (ACT) auf der Insel Hvar
in Kroatien verwendet.
Diese entwickelten Techniken wurden auf Nachbargalaxien, beispielsweise
den Magellanschen Wolken, angewendet. Mittels Delta-a-Photometrie war es
den jungen Astrophysikern Martin Netopil und Ernst Paunzen in einer
breiten internationalen Zusammenarbeit möglich, erste Kandidaten dieser
Gruppe in der Großen Magellanschen Wolke aufzuspüren. Die Magellanschen
Wolken sind irreguläre Galaxien, die im Vergleich zur Milchstraße eine
völlig unterschiedliche Entstehungsgeschichte aufweisen. Neben der
fehlenden globalen Rotation ist die Metallizität, also der Anteil der
schweren Elemente, in den Nachbargalaxien deutlich geringer. Deshalb
konnte bisher nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei diesen
CP-Kandidaten um die Manifestation des gleichen Phänomens wie in der
Milchstraße handelt.
Unter Mithilfe von Donald J. Bord von der University of Michigan in den
USA und der Verwendung des 6,5 Meter Magellan II Teleskops auf Las
Campanas in Chile erfolgte der erste eindeutige spektroskopische Nachweis,
dass es sich tatsächlich um dieselbe Sternengruppe – eben chemisch
pekuliare Sterne – wie in der Milchstraße handelt. Die Entdeckung dieser
Sterne außerhalb der Milchstraße hilft einerseits, dem Rätsel um deren
Entstehung näher zu kommen, ist aber auch eine weitere Bestätigung für die
Effizienz des photometrischen Delta-a-Systems. Eine großflächige Studie
der Magellanschen Wolken in diesem System ist daher in Vorbereitung.
Die Forscher berichteten über ihre Beobachtungen in der Fachzeitschrift
Monthly Notices of the Royal Astronomical Society.
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