Keine Zweifel an polarer Ozonchemie
Redaktion
/ Pressemitteilung des Karlsruher Instituts für Technologie astronews.com
26. Juli 2010
Karlsruher Wissenschaftlern ist es erstmals gelungen, aus gemessenen
Infrarotspektren die Chlorverbindung ClOOCl zu bestimmen, der eine
Schlüsselrolle bei der stratosphärischen Ozonzerstörung zufällt. Die Messungen
widerlegen deutlich die aufgrund von Labormessungen geäußerten Zweifel
amerikanischer Wissenschaftler an den etablierten Modellen der polaren
Ozonchemie.
Die Atmosphärenforschungen über
Nordskandinavien mit einem ballongetragenen
Infrarot-Spektrometer bestätigen die bestehenden
Modelle der polaren Ozonchemie.
Foto: MIPAS-B-Team / KIT |
Das Ozonloch über der Antarktis und die zerstörerische Rolle,
die dabei die Fluor-Chlorkohlenwasserstoffe (FCKW) und ihre
Abbauprodukte spielen, sind sowohl ein Synonym für globale
Umweltprobleme als auch für deren Lösung durch weltweite konzertierte
Abkommen geworden. Die wissenschaftliche Grundlagenforschung zur
Ozonchemie in der Atmosphäre bildete dabei die Basis für internationale
Verträge wie das Montreal-Protokoll von 1987, welches die
FCKW-Produktion einschränkt. Der Erfolg der politischen Umsetzung dieser
wissenschaftlichen Erkenntnisse zeigt sich darin, dass der Chlorgehalt
der Atmosphäre und damit das Ozonzerstörungspotenzial seit kurzem wieder
langsam sinken.
Wissenschaftlern des Instituts für Meteorologie und Klimaforschung (IMK) am
Karlsruher Institut für Technologie (KIT) ist es nun erstmals gelungen, eine
wichtige aber sehr instabile Chlorverbindung, das Chlormonoxid-Dimer (ClOOCl),
der eine zentrale Bedeutung in der stratosphärischen Ozonzerstörung am Ende des
arktischen Winters zufällt, mithilfe von atmosphärischen Infrarotmessungen zu
bestimmen. Aus ClOOCl kann im polaren Winter nach Sonnenaufgang sehr schnell
atomares Chlor gebildet werden, welches Ozon katalytisch abbauen kann. Die
Stärke des durch kurzwelliges Sonnenlicht hervorgerufenen Zerfalls von ClOOCl
bestimmt dabei die Stärke des stratosphärischen polaren Ozonabbaus.
Das Verständnis der Prozesse, die bei der ozonzerstörenden Chlorchemie in der
Atmosphäre dominieren, wurde jedoch durch Labormessungen amerikanischer
Wissenschaftler in Frage gestellt. Deren Untersuchungen hatten ergeben, dass der
durch Sonnenlicht hervorgerufene Zerfall von ClOOCl kleiner ist als der von
anderen Arbeitsgruppen errechnete Zerfall. Dadurch würde auch der Ozonabbau
schwächer ausfallen. Es hat sich jedoch gezeigt, dass stratosphärische
Chemie-Modelle den tatsächlich gemessenen Ozonabbau mit diesen Labormessungen
deutlich unterschätzen. Somit wurde das Verständnis der ozonzerstörenden
Prozesse in Frage gestellt.
"Die Atmosphärenmessungen der KIT-Forscher über Nordskandinavien mit einem
ballongetragenen Infrarot-Spektrometer MIPAS-B in Höhen von mehr als 20
Kilometern widerlegen klar die Zweifel der amerikanischen Wissenschaftler und
bestätigen die bestehenden Modelle der polaren Ozonchemie", betont Dr. Gerald
Wetzel, Mitarbeiter am IMK. "Die Messung und Auswertung von Ballonspektren
erfordern eine sehr enge Zusammenarbeit von Ingenieuren und Wissenschaftlern,
ohne die diese wichtigen Ergebnisse nicht möglich wären."
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