Die zwei Gesichter eines Nebels
von Stefan Deiters astronews.com
31. März 2010
Die europäische Südsternwarte ESO hat heute ein Bild
des relativ unbekannten Nebels Gum 19 veröffentlicht. Im Infraroten erscheint er
eigentümlich zweigeteilt. In dieser HII-Region entstehen neue Sterne, die bald auch dafür sorgen
dürften, dass sich das Erscheinungsbild von Gum 19 ändert - wenn dies nicht
zuvor ein anderes Objekt tut.
Gum 19 liegt im Sternbild Segel des Schiffs (Vela) und ist rund
22.000 Lichtjahre von der Erde entfernt. Der Name bezieht sich auf eine Veröffentlichung des australischen Astrophysikers Colin S. Gum
aus dem Jahr 1955, der erstmals
einen Katalog von sogenannten HII-Regionen am südlichen Himmel erstellte. HII
steht für ionisiertes Wasserstoffgas, das in einer bestimmten charakteristischen
Wellenlänge leuchtet. Diese interstellaren Wolken verändern sich im Laufe der
Zeit genau wie ihre irdischen Pendants - allerdings nicht innerhalb weniger
Stunden, sondern über viele Jahrtausende. Zurzeit erinnert Gum 19 ein wenig an
einen "Riss in der Raumzeit", wie er immer wieder in Science-Fiction-Filmen
zu sehen ist.
Das jetzt veröffentlichte Bild entstand mit dem Infrarotinstrument SOFI, das
am New Technology Telescope (NTT) der europäischen Südsternwarte im chilenischen
La Silla montiert ist. SOFI bedeutet "Son of ISAAC", also Sohn von ISAAC. Das
Instrument ISAAC befindet sich am Very Large Telescope. Durch die Beobachtung im
Infraroten konnten die Astronomen zumindest durch Teile des Staubs blicken, dem
Gum 19 sein eigentümliches Aussehen verdankt.
Die Helligkeit der Region erklärt sich durch den heißen Riesenstern V391 Velorum, der
eine Oberflächentemperatur von etwa 30.000 Grad Celsius hat. Es handelt sich um
einen veränderlichen Stern, seine Leuchtkraft kann also varieren und es kommt auch
immer wieder zu
Eruptionen, die zum Materialmix von Gum 19 beitragen.
Sterne wie V391 Velorum haben nur ein sehr kurzes Leben. Nach einer Zeit von
vielleicht nur zehn Millionen Jahren explodieren sie als Supernova. Dabei werden
gewaltige Energien frei und es wird Material mit hohen Geschwindigkeiten in die Umgebung
geschleudert. Gum 19 dürfte nach einer solchen Explosion kaum wiederzuerkennen
sein.
Zu Veränderungen kann es aber schon früher kommen:
HII-Regionen sind Sternentstehungsgebiete und auch in Gum 19 bilden sich neue
Sonnen. Wenn die jungen Sterne zum Leben erwachen und mit ihrer Strahlung und
ihren stellaren Winden ihren Geburtskokon aus Gas und Staub wegblasen, werden auch sie
dazu beitragen, dass sich der Nebel verändert.
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