Die Sternentstehungsgeschichte von NGC 2976
von Stefan Deiters astronews.com
14. Januar 2010
Mit Hilfe des Weltraumteleskops Hubble haben
Astronomen die Zwerggalaxie NGC 2976 beobachtet und festgestellt, dass in ihr
die Sternentstehungsaktivität gerade ausklingt. Nur noch im Zentrum entstehen
neue Sterne in signifikanter Zahl. Die Astronomen sehen den Fund als eine
Bestätigung ihrer Modelle über die Folgen von dichten Begegnungen von Galaxien.
Hubbles Blick auf den inneren Bereich von NGC
2976.
Bild: NASA, ESA / J. Dalcanton und B.
Williams (University of Washington, Seattle) [Großansicht] |
"Astronomen sind schon länger der Ansicht, dass dichte Begegnungen
zwischen Galaxien Gas ins Innere der Galaxien lenken", erläutert Benjamin
Williams von der University of Washington in Seattle, der die Studie
leitete. Sie ist Teil des ACS Nearby Galaxy Survey Treasury
(ANGST)-Programms. "Unsere Hubble-Beobachtungen zeigen nun dieses
Phänomen sehr deutlich. Wir haben die Galaxie zu einem interessanten Zeitpunkt
erwischt, in vielleicht 500 Millionen Jahren ist die Party vorbei."
Die Zwerggalaxie NGC 2976, obwohl als Spiralgalaxie klassifiziert, sieht
nicht wirklich wie eine typische Galaxie diesen Typs aus. Sie verfügt zwar über
eine Scheibe, in der Sterne entstehen, hat aber keine offensichtliche
Spiralstruktur. Und obwohl das Gas im Zentrum konzentriert ist, fehlt doch ein
zentraler "Bulge" von Sternen. Die Galaxie liegt am Rand der M81-Galaxiengruppe
und ist rund 12 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt. Sie liegt im
Sternbild Großer Bär.
"Die Galaxie sieht merkwürdig aus, weil es vor rund einer Milliarde Jahren zu
Wechselwirkungen mit der M81-Gruppe kam. Dabei wurde Gas aus den äußeren
Bereichen der Galaxie gerissen und der Rest des Gases strömte ins Zentrum der
Galaxie", erklärt Williams. Dieses Gas sorgte in der Scheibe der Galaxie in den
vergangenen 500 Millionen Jahren für heftige Sternentstehungsaktivität.
Gleichzeitig entstanden in den äußeren Regionen der Galaxie immer weniger
Sterne, weil hier das Gas immer weniger wurde. Nun wird das Gas auch im inneren
Bereich der Scheibe langsam knapp, so dass sich die Sternentstehung auf einen
Bereich von 5.000 Lichtjahren um das Zentrum herum beschränkt.
"Zu einem bestimmten Zeitpunkt war die Gasdichte im Inneren sehr hoch, etwa
fünf Mal höher als heute", so Julianne Dalcanton von der University of
Washington, die das ANGST-Team leitet. "Das Gas ist unglaublich schnell
verschwunden und die Galaxie scheint jetzt langsam zur Ruhe zu kommen."
Nur dank des hohen Auflösungsvermögens von Hubble gelang es den
Astrononen, die Sternentstehungsgeschichte von NGC 2976 zu rekonstruieren. Sie
beobachteten dazu viele Tausend einzelne Sterne in der Galaxie, bestimmten ihre
Farbe und Helligkeit und daraus ihr Alter. Diese Informationen kombinierten sie
mit einer Radiokarte, in der die Verteilung von Wasserstoff in der Galaxie zu
erkennen war.
"Diese Art von Beobachtungen kann man nur mit Hubble machen", so
Williams. "Wäre es uns nicht gelungen, einzelne Sterne zu erkennen, hätten wir
zwar bemerkt, dass die Galaxie merkwürdig aussieht, hätten aber nicht die
Hinweise auf die Gasströme entdecken können, durch die sich die
Sternentstehungszone immer weiter auf das Zentrum der Galaxie konzentriert."
Auch in anderen Zwerggalaxien sollte durch dichte Begegnungen mit größeren
Nachbargalaxien Gas ins Zentrum geleitet werden, wodurch es dann dort zu einem
Ausbruch von Sternentstehung kommt. Dieser Prozess lässt sich allerdings nur im
Details studieren, wenn man einzelne Sterne in der Galaxie mit dem Teleskop
auflösen und dadurch mehr über ihre Entwicklung erfahren kann.
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