Kosmischer Tanz macht Galaxien schlank
von Stefan Deiters astronews.com
30. Juli 2009
Die Zwerggalaxien der Lokalen Gruppe, also des
Galaxienhaufens zu dem Milchstraße und Andromeda-Galaxie gehören, beschäftigen
die Astronomen schon seit vielen Jahren. Eine in dieser Woche in der
Fachzeitschrift Nature veröffentlichte Studie könnte nun einen Erklärung für
den Ursprung der sogenannten sphäroidalen Zwerggalaxien liefern. Ein kosmischer
Tanz machte die Galaxien schlank.
Resonat
Stripping in der Computersimulation: Die Sterne
der Zwerggalaxie (unten), die um ein größeres
System (oben) kreist, werden von diesem aus der
kleineren Galaxie gelöst und bilden lange
Schweife.
Bild: Elena D'Onghia (CfA) [Großansicht] |
Sphäroidale Zwerggalaxien, im Englischen dwarf spheroidal galaxies,
sind kleine und sehr lichtschwache Objekte, die - im Verhältnis zu ihrer Masse -
nur aus sehr wenigen Sternen bestehen. Den größten Massenanteil macht, so die
Vermutung der Astronomen, die mysteriöse Dunkle Materie aus, die sich nur durch
ihre Gravitationswirkung verrät und für einen beträchtlichen Teil der
Gesamtmasse des Universums verantwortlich ist.
Über den Ursprung dieser sphäroidalen Zwerggalaxien rätseln die Astronomen
schon seit langem. Es kursieren verschiedene Modelle, die in der Regel
alle davon ausgehen, dass die Zwerggalaxien um nahegelegene größere Galaxien wie die
Milchstraße kreisen. Diese Theorien können allerdings schlecht die Entstehung
der Zwerggalaxien erklären, die man am Rande der Lokalen Gruppe, also des
Galaxienhaufens, zu dem auch die Milchstraße oder die Andromeda-Galaxie gehören,
gefunden hat.
"Diese Galaxien sind so etwas wie 'Elfen' aus dem frühen Universum und ihre
Entstehung zu verstehen ist ein wichtiges Ziel der modernen Kosmologie", erklärt
Elena D'Onghia vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics im amerikanischen
Cambridge die Bedeutung der Untersuchung.
Zusammen mit ihren Kollegen hat die Astronomin mit Hilfe von
Computersimulationen zwei Szenarien für die Entstehung der sphäroidalen
Zwerggalaxien durchgespielt: Einmal eine Begegnung von zwei Zwerggalaxien in
beträchtlicher Entfernung von großen Galaxien mit anschließendem "Einfang" der
Zwergsphäroidalen durch die Milchstraße und eine Begegnung zwischen einer
Zwerggalaxie und der gerade entstehenden Milchstraße im frühen Universum.
Durch die galaktischen Begegnungen, so die Schlussfolgerung des Teams nach
Analyse ihrer Simulationen, würde ein gravitativer Prozess angestoßen, den sie
resonant stripping, also etwa resonantes Abstreifen, nennen. Hierdurch
werden während der Begegnung Sterne aus der kleineren Zwerggalaxie entfernt, die
dadurch zu einer sphäroidalen Zwerggalaxie wird.
"Wie bei einem kosmischen Tanz wird durch die Begegnung eine gravitative
Resonanz in Gang gesetzt, durch die Sterne und Gas aus der Zwerggalaxie entfernt
werden und so ausgedehnte Schweife und Brücken aus Sternen entstehen", beschreibt D'Onghia und ihre Kollegin Gurtina Besla ergänzt: "Dieser Mechanismus erklärt
die wichtigste Eigenschaft der sphäroidalen Zwerggalaxien, nämlich dass sie
hauptsächlich aus dunkler Materie bestehen."
Die langen Ströme aus Sternen, die durch diese gravitativen Wechselwirkungen
entstehen, sollte man auch beobachten können. Nach Ansicht der Forscher könnte
die erst unlängst entdeckte "Brücke" aus Sternen zwischen den beiden nahegelegenen sphäroidalen
Zwerggalaxien Leo IV und Leo V durch resonant stripping entstanden sein.
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