Genauere Entfernung für Supernovae
von
Hans Zekl
für astronews.com
27. Mai 2009
Astronomen der Nearby Supernova Factory haben eine
Methode entdeckt, mit deren Hilfe man die Entfernung zu Supernovae vom Typ Ia
genauer als bisher bestimmen kann. Die Sternenexplosionen dienen seit längerem als
wichtige Entfernungsindikatoren und spielten auch bei der Entdeckung der Dunklen
Energie eine wichtige Rolle. Genauere Daten könnten also auch hier neue
Erkenntnisse liefern.
Der Rest einer
Supernova vom Typ Ia in einer Aufnahme des
Röntgenteleskops Chandra: Tycho Brahes Supernova
von 1572 [mehr
über Tychos Supernova].
Bild: NASA, CXO und P. Ruiz-Lapuente
(University of Barcelona) |
Entfernungsbestimmungen im Weltall sind schwierig. In den vergangenen
Jahrzehnten haben Astronomen daher ein System entwickelt, mit dem man durch
möglichst genau vermessene Objekte in relativer Nähe auf die Distanz zu immer
weiter entfernten Objekten schließen kann. Man spricht auch von der kosmischen
Entfernungsskala oder - leiter.
Für Entfernungen von über 100 Millionen Lichtjahren bleiben allerdings
nur noch zwei Möglichkeiten: die allgemeine Fluchtbewegung der Galaxien aufgrund
der Expansion des Universums und die Leuchtkraft von bestimmten explodierenden
Sternen, nämlich Supernovae des Typs Ia. Mit deren Hilfe wird auch die
Ausdehnungsrate des Universums und somit die Fluchtbewegung der Galaxien
bestimmt. Sie spielten eine entscheidende Rolle bei der Entdeckung der
sogenannten Dunklen Energie, die für die beobachtete beschleunigte Ausdehnung
des Universums verantwortlich gemacht wird.
Supernovae vom Typ Ia entstehen, wenn ein Weißer Zwerg, der sich in einem
engen Doppelsternsystem befindet, immer mehr Material von seinem Begleitstern
abzieht. Dadurch nimmt die Masse des Zwerges ständig weiter zu. Irgendwann
übersteigt sie dann die sogenannte Chandrasekhar-Grenze von etwa 1,45
Sonnenmassen und es kommt in einer gewaltigen atomaren Kettenreaktion zur Fusion
des Kohlenstoffs im Stern. Die Reaktion ist so heftig, dass es den Stern dabei
vollständig zerreißt. Da die Explosion praktisch schlagartig einsetzt, sobald
die Grenzmasse überschritten wird, explodieren die Sterne unter nahezu gleichen
Bedingungen, werden deshalb auch alle gleich hell und eignen sich gut für
Entfernungsmessungen.
Doch dies ist leider nicht die ganze Wahrheit: Die Chandrasekhar-Grenze
ist in der Natur nicht so scharf, wie die Astronomen es sich wünschen würden.
Der genaue Wert hängt von der Zusammensetzung des Weißen Zwergs ab. Je mehr
schwere Elemente vor der Explosion vorhanden sind, umso höher liegt die
Massengrenze. Außerdem verringert Staub, der sich zwischen Beobachter und
Supernova befindet, die scheinbare Helligkeit. Diese Effekte müssen die
Astronomen bei ihren Entfernungsbestimmungen korrigieren, so dass man bei den
ermittelten Distanzen mit einem Fehler von acht bis zehn Prozent rechnen muss.
Wie aber aber kann man die Bestimmung von Entfernungen mit Supernovae genauer
machen? Forscher der Nearby Supernova Factory (SNFactory) aus den USA
und Frankreich könnten jetzt auf eine wichtige Spur gestoßen sein.
Die Wissenschaftler fanden bei nahen Supernovae ein Verfahren, mit dem sich die
tatsächliche Helligkeit der Typ Ia Supernovae genauer bestimmen lässt. Dazu
werden in einer Nacht mehrere Helligkeitsverhältnisse zwischen jeweils zwei
bestimmten Abschnitten des Spektrums einer Supernova gemessen. Der Fehler bei
der Entfernungsbestimmung reduziert sich dadurch auf unter sechs Prozent - ohne
dass irgendwelche physikalischen Annahmen gemacht werden.
"Um die beobachteten Helligkeiten zu korrigieren, suchten Astronomen immer
nach Besonderheiten in den Spektren," beschreibt Stephen Bailey vom
Laboratory of Nuclear and High-Energy Physics (LPNHE) in Paris das Vorgehen
der Forschergruppe. "Aber sie konzentrierten sich dabei auf bekannte
physikalische Zusammenhänge, etwa auf die Schwefel- und Siliziumlinien. In der
Hochenergiephysik, aus der ich komme, haben wir es oft mit riesigen Datenmengen
zu tun und suchen nach allem, was wir finden können. Ich beschloss, bei den
Daten der SNFactory keine physikalischen Annahmen zu machen, sondern
einfach nachzusehen, was mir die Spektren selbst erzählen können."
Offensichtlich gilt dieses entdeckte Helligkeitsverhältnis unabhängig
von der Zusammensetzung des Sterns, dem Typ der Galaxie, in der er sich befindet
und der Menge des dazwischen liegenden Staubs. Bislang sind die dafür
verantwortlichen physikalischen Zusammenhänge nicht verstanden. Die Astronomen
hoffen aber, dass das neue, genauere Verfahren zur Entfernungsbestimmung der
Supernovae auch dabei helfen wird, mehr Licht auf das Phänomen der Dunklen
Energie zu werfen.
Eine entscheidende Hürde haben die Forscher aber dafür noch zu nehmen. Die neue
Methode wurde an relativ nahen explodierenden Sternen in einer Entfernung zwischen 260 und 1.200
Millionen Lichtjahren entwickelt, für die qualitativ gute Spektren vorliegen. Je
weiter eine Supernova aber entfernt ist, desto schwieriger wird es, gute
Spektren aufzunehmen. Die Astronomen hoffen daher auf fortschrittliche Teleskope
auf der Erde und neue Weltraumteleskope, die ihnen ausreichend gute Spektren
liefern können.
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