Studierende trainieren Sojus-Flüge
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Stuttgart astronews.com
29. April 2009
Selbst ins Weltall fliegen können Studierende der Luft- und Raumfahrttechnik
während ihres Studiums an der Universität Stuttgart zwar noch nicht, doch
zumindest das Training für einen solchen Flug ist inzwischen möglich. Zu
diesem Zweck steht am Institut für Raumfahrtsysteme ein Simulator der
russischen Sojus-Kapsel. Hier können beispielsweise Andockmanöver
an die ISS geprobt oder auch andere Ausflüge ins All simuliert werden.
Weltraumfeeling in Stuttgart: Studierende üben
das Andocken an die ISS.
Foto:
idw / Universität Stuttgart |
Seit Beginn des Sommersemesters 2009 steht Studierenden der Luft- und
Raumfahrttechnik am Institut für Raumfahrtsysteme (IRS) der Universität
Stuttgart einer von deutschlandweit fünf existierenden Simulatoren der
russischen Sojus-Kapsel für Übungszwecke zur Verfügung. Mit diesem an
einer deutschen Universität einmaligen Simulator können Studierende unter realen
Bedingungen beispielsweise lernen, mit der Sojus-Kapsel an der
Internationalen Raumstation ISS anzudocken.
Ziel dieses praktischen Ausbildungsmoduls ist es vor allem, die in der
Raumfahrt typischen komplexen Prozeduren zu trainieren und diese in Echtzeit
üben zu können. Vergleichbare Systeme stehen sonst nur professionellen Trainern
für die Ausbildung von Astronauten wie etwa am Europäischen Astronautenzentrum
(EAC) der Europäischen Raumfahrtagentur ESA in Köln zur Verfügung.
Prof. Ernst Messerschmid vom IRS, der 1985 selbst als Astronaut an Bord des
Space Shuttle ins All geflogen ist, beschaffte 2007 zunächst aus
Universitätsmitteln für 20.000 Euro den eigentlichen Sojus-Simulator.
Dieser besteht aus der Software für die Kapselsteuerung vom Gagarin
Cosmonaut Training Center in Russland, zwei Computern, zwei Bildschirmen
und den entsprechenden Joy-Sticks zum Bedienen.
Um eine vollständige Simulationsumgebung aufzubauen und zum Beispiel die
Komplexität der Aufgaben und die räumliche Enge realistisch wiedergeben zu
können, wurde nun in einem zweiten Schritt eine technisch hochwertige
Nachbildung der Sojus-Kapsel im Maßstab 1:1 in Zusammenarbeit mit dem
EAC erworben. Die Kapsel besteht aus zwei Hälften, die zum Ein- und Aussteigen
auseinander geschoben werden können, und enthält eine an der Decke aufgehängten
Konsole mit Bildschirmen und Fluginstrumenten sowie drei originalgetreue -
äußerst schmale - Astronautensitze.
2008 wurde diese Kapsel samt Einbauten für insgesamt 17.000 Euro angeschafft.
Der Kauf wurde, so betont die Universität Stuttgart in einer Pressemitteilung,
auch durch die Studiengebühren der Studenten ermöglicht, mit denen man die
Lehre an der Hochschule verbessern möchte. In den vergangenen zwölf Monaten hat
Jochen Noll vom IRS alle Bestandteile des Simulators mit Unterstützung von
studentischen Hilfskräften in die Kapsel integriert, die nun zum aktuellen
Sommersemester erstmals komplett einsatzfähig ist.
Bereits im Sommersemester 2008 wurde das "Sojus - Praktikum" am IRS
probeweise mit 35 Studierenden durchgeführt, die in dieser Zeit insgesamt 578
Flüge absolviert haben. "Die motorischen Fähigkeiten und die visuelle
Wahrnehmung der 'Flugschüler und -schülerinnen' haben sich im Laufe des
Trainings auch ohne Kapsel schon deutlich verbessert", freut sich Jochen Noll.
Am Ende des Trainingsblocks haben alle Teilnehmer eine Prüfung absolviert und
die Besten wurden in einer kleinen zeremoniellen Feier nach russischer Tradition
ausgezeichnet.
Aufgrund der Erfahrungen aus dem Testlauf im Sommer 2008 konnte die
Simulatorsoftware zusätzlich so erweitert werden, dass nun beliebige
Flugszenarien wie etwa Weltraumflug mit einer modifizierten Sojus-Kapsel
zum Mond oder Mars möglich sind. Jochen Noll freut sich jetzt auf die neuen
Studierenden, die ab dem 4. Mai ihre ersten Weltraumflugerfahrungen unter
realistischen Bedingungen mit diesem einmaligen Ausbildungsgerät sammeln können.
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