Galaxienvielfalt in unserer Nachbarschaft
von Stefan Deiters astronews.com
1. Oktober 2008
Mithilfe des Weltraumteleskops Hubble haben
Astronomen rund 14 Millionen Sterne in 69 Galaxien beobachtet, die alle in
relativer Nachbarschaft der Milchstraße liegen. Sie entdeckten dabei eine
erstaunliche Vielfalt unter den Galaxien. Die Daten helfen den Wissenschaftlern
mehr über die Entwicklung von Galaxien und ihrer Sterne in Erfahrung zu bringen.
Hubbles
detaillierter Blick auf NGC 253, eine der
hellsten Spiralgalaxien am nächtlichen Himmel. In
der Galaxie entstehen gerade viele neue Sterne.
Bild: NASA, ESA, J. Dalcanton und B.
Williams (University of Washington), T.A. Rector
/ University of Alaska Anchorage, T. Abbott und
NOAO/AURA/NSF [Groß-
und Gesamtansicht] |
Die detaillierte Durchmusterung, die unter dem Namen ACS
Nearby Galaxy Survey Treasury (ANGST) durchgeführt wird, umfasst Galaxien
in einer Entfernung von 6,5 bis 13 Millionen Lichtjahren von der Erde. Damit
sind diese Galaxien so nahe, dass Hubble mit seinen Instrumenten auch
Helligkeit und Farbe einzelner Sterne dieser Galaxien bestimmen kann und nicht
nur einen sich überblendenden Haufen von Sternen sieht, wie das bei weiter
entfernten Galaxien der Fall ist. Mit diesen Informationen können die Astronomen
dann einiges über die Sternentstehungsgeschichte der jeweiligen Galaxie erfahren
und eventuell ermitteln, wie die Galaxien ihr Aussehen erhalten haben.
"Frühere Hubble-Beobachtungen unserer galaktischen Nachbarschaft
haben schon häufiger eindrucksvolle Details über die Sternentstehungsgeschichte
von individuellen Galaxien geliefert", erklärt Julianne Dalcanton von der
University of Washington in Seattle, die den ANGST-Survey leitet.
"Allerdings war die Anzahl von Galaxien, die mit einer solchen Genauigkeit
studiert wurden, relativ klein. Anstatt nun einzelne Galaxien für ein genaueres
Studium auszuwählen, wollen wir mit unserem Survey alle Galaxien in dieser
Region untersuchen. Damit erhalten wir ein genaues Bild darüber, wann und wo die
Sterne in unserem lokalen Universum entstanden sind."
Aber nicht nur über die Sterne und Galaxien in unserer Umgebung wollen
Astronomen mit Hilfe dieser Durchmusterung etwas lernen: "Wenn wir in der Zeit
zurückschauen und junge, weit entfernte Galaxien beobachten, sehen wir oft
heftige Sternentstehung. Allerdings können wir nur raten, wie diese Galaxien
eventuell später einmal aussehen werden", so Dalcanton. "Wenn wir die Galaxien
in unserer Nachbarschaft als eine Art Überbleibsel dieser Zeit betrachten,
können wir sie mit den entfernten Galaxien vergleichen. Dadurch lernen wir viel
über die Geschichte der Sternentstehung und die Masse, Struktur und Umgebung von
Galaxien."
Die ersten Ergebnisse des ANGST-Projektes zeigen eine große Vielfalt von
Galaxien: Einige bestehen offenbar hauptsächlich aus alten Sternen, während in
anderen vermutlich von Beginn an ständig Sterne entstanden sind. Es gibt sogar
einige Galaxien, in denen die Sternentstehung erst vor vergleichsweise kurzer
Zeit einsetzte. "Mit diesen Bildern", so Teammitglied Benjamin Williams von der
University of Washington, "können wir erkennen, was jede Galaxie
einzigartig macht."
Das Team nutzte die Daten des ANGST-Surveys auch dazu, Karten von zahlreichen
großen Galaxien wie M81 zu erstellen. So konnten sie durch die Daten bestätigen,
dass in massereichen Spiralgalaxien offenbar die meisten Sterne im jungen
Universum geboren wurden. Im Falle von M81 entstand der größte Teil der Sterne
der äußeren Scheibe vor mehr als sieben Milliarden Jahren. In diesen
Riesengalaxien sammelten sich auch sehr schnell schwerere Elemente durch die
Explosion von massereichen Sternen in Supernova-Explosionen an: "Wir waren sehr
überrascht, wie schnell diese Elemente entstanden sind und wie sich die
Sternentstehungsrate für die meisten Sternen in M81 danach verändert hat", so
Williams, der auch Hauptautor einer Veröffentlichung über M81 ist.
"Diese Durchmusterung wird mit Sicherheit ein wichtiges Vermächtnis von
Hubble werden", ist Dalcanton überzeugt. "Sie legt die Grundlage für
zahlreiche weitere Untersuchungen. Mit den Informationen kann man den ganzen
Kreislauf der Sternentstehung im Detail verfolgen."
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