Dunkelmaterie-Brücke durchs Nichts?
von
Rainer Kayser
15. September 2008
Zwei israelische Astronomen glauben Hinweise auf
Dunkelmaterie-Filamente gefunden zu haben, die sich durch einen kosmischen
Leerraum ziehen. Die Wissenschaftler folgern dies aus der Beobachtung von 14
Zwerggalaxien, die alle in einer Linie stehen und vor rund 30 Millionen Jahren
eine plötzliche Phase von Sternentstehung durchliefen.
Rekonstruktion der relativen Position der
beobachteten Zwerggalaxien. Die Galaxien
sind rund 15 Millionen Lichtjahre von der Erde
entfernt.
Bild:
Wise Observatory / A. Zitrin [Großansicht] |
Galaxien und Galaxienhaufen sind im Universum nicht gleichmäßig
verteilt: Sie bilden vielmehr lang gestreckte, filamentartige Strukturen, zwischen denen sich große kosmische Leerräume,
sogenannte Voids, befinden. Doch auch diese Leerräume könnten von Filamenten aus Dunkler Materie durchzogen werden, vermuten einige Forscher.
Zwei Astronomen aus Israel haben jetzt einen Hinweis auf ein solches Filament
aufgespürt: Sie fanden 14 Zwerggalaxien, die in einer Linie stehend eine Art
Brücke über einen kosmischen Leerraum bilden. In allen diesen Galaxien scheint
es zudem vor 30 Millionen Jahren zur Bildung neuer Sterne gekommen zu sein,
berichten die Forscher in ihrem demnächst im Fachblatt Monthly Notices of the Royal Astronomical Society erscheinenden Aufsatz.
"Wir vermuten, dass diese synchrone Entstehung neuer Sterne durch den Einfall kalten Gases aus dem intergalaktischen Raum in die Filamente aus Dunkler Materie ausgelöst worden ist", schreiben Adi Zitrin und Noah Brosch von der Universität Tel Aviv. Gewöhnlich sei das Gas in Leerräumen viel zu dünn verteilt, um die Entstehung neuer Sterne auslösen zu können. Doch wenn die Zwerggalaxien in ein Filament aus Dunkler Materie eingebettet sind, dann könne sich das Gas durch die Schwerkraft dieser dunklen Materie im Bereich der Zwerggalaxien ausreichend verdichten, so die Astronomen.
Rund 85 Prozent der Masse des Universum besteht nach heutigen Erkenntnissen aus Dunkler Materie, bislang unbekannten Elementarteilchen, die mit gewöhnlicher Materie nur über die Schwerkraft in Wechselwirkung treten. Ohne diese Dunkle Materie könnten Galaxienhaufen und Galaxien nicht zusammenhalten.
Dunkle Materie spielt deshalb auch eine wichtige Rolle bei der Entstehung der ersten Strukturen im jungen Universum. Nach dem Urknall bildeten sich zunächst Verdichtungen aus Dunkler Materie, in denen sich dann das Gas sammeln und verdichten konnte
- ganz ähnlich wie bei der Sternentstehung in den von Zitrin und Brosch entdeckten Zwerggalaxien.
Die beiden Forscher hoffen deshalb, dass sich aus dieser und ähnlichen Entdeckungen neue Erkenntnisse über die Entstehung der ersten Sterne und Galaxien nach dem Urknall gewinnen lassen.
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