Zahlreiche kleine Magnetfelder entdeckt
Redaktion /
Pressemitteilung der Universität Göttingen astronews.com
8. September 2008
Auf der Sonne ist derzeit nichts los? Weit gefehlt: Obwohl
man in den vergangenen Monaten kaum dunkle Sonnenflecken beobachten konnte,
gelang es Göttinger Wissenschaftlern trotzdem Magnetismus auf der Oberfläche
unseres Zentralgestirns nachzuweisen. Mit einer neuen Software identifizierten
die Forscher knapp 3.000 kleine magnetische Gebiete.
Die
Sonnenscheibe im Aktivitätsminimum im November
2007, unten die MDI-Magnetkarte mit dem
eingerahmten Untersuchungs-Ausschnitt von 108.000
mal 85.000 Kilometern, der oben im roten Licht
einer Wasserstofflinie mit den identifizierten
kleinräumigen Magnetgebieten gezeigt wird.
Bild: Universität Göttingen / idw
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Die magnetische Aktivität der Sonne schwankt in einem mehrjährigen Zyklus und
befindet sich derzeit in einem besonders tiefen Aktivitätsminimum - auf der
Sonnenscheibe sind keine Flecken zu beobachten (astronews.com berichtete).
Dennoch ist auch in einer solchen Phase Magnetismus nachweisbar, wie
Wissenschaftler der Universität Göttingen jetzt gezeigt haben.
Mit einem neuen Verfahren der automatisierten Mustererkennung in einem
speziellen blauen und violetten Teil des Sonnenlichtspektrums ist es ihnen
gelungen, lichtschwache magnetische Gebiete mit einem Durchmesser von nur
wenigen hundert Kilometern sichtbar zu machen und zu vermessen. Sie gehen davon
aus, dass es mindestens 660.000 derartige Magnetgebiete auf der Sonnenoberfläche
gibt. Die Ergebnisse der Astrophysiker wurden jetzt in der Fachzeitschrift
Astronomy & Astrophysics veröffentlicht.
In einer Phase des Aktivitätsminimums "verharren" die magnetischen
Kraftlinien der Sonne in über 100.000 Kilometern Tiefe, bis sie von
Auftriebskräften nach und nach hervorgebracht werden. Dort, wo sie die
Oberfläche durchstoßen, erzeugen sie Sonnenflecken, die eine Ausdehnung von mehr
als 10.000 Kilometern erreichen können. Sie sind eingebettet in große Regionen
von magnetischer Nord- und Südpolarität, die auf den Magnetkarten des
Instruments MDI an Bord der Sonnensonde SOHO hell und dunkel erscheinen.
Nach einem Maximum der Fleckenzahl zwischen 2000 und 2002 gab es im November
vergangenen Jahres einen Tiefstand ohne jegliche Flecken. Dennoch war die Sonne
nach Angaben des Göttinger Astrophysiker Dr. Eberhard Wiehr nicht frei von
Magnetismus. So zeigte die MDI-Karte ein "Pfeffer-und-Salz-Muster" zahlreicher
Nord- und Südpole von nur wenigen hundert Kilometern Durchmesser.
Diese kleinen Magnetgebiete sichtbar zu machen, stellte die Astrophysiker vor
besondere Herausforderungen: "Sie sind zum Teil derart eng benachbart, dass sich
ihre Nord- und Südpolaritäten bei begrenzter Bildschärfe der Teleskope
gegenseitig auslöschen. Selbst bei erfolgreicher Trennung lässt sich die
magnetische Struktur aus den Daten nur mit Kenntnis der Temperaturverteilung
ableiten. Die komplizierte Messung des Magnetismus verlangt zudem eine
Belichtungszeit, die oft länger ist als die Lebensdauer der Magnetstrukturen",
erläutert Wiehr.
Die Forscher nutzten daher für ihre Beobachtungen das blaue Licht des
Kohlenwasserstoff-Moleküls (CH) und das violette Licht des ionisierten Kalziums
(Ca+). In diesen Spektralbereichen leuchten die Magnetgebiete deutlich heller
als ihre Umgebung. Schmalbandige Farbfilter machen es dann möglich, sie mit
extrem kurzer Belichtung aufzunehmen.
Die Aufnahmen der Göttinger Wissenschaftler zeigen eine außerordentliche
Trennschärfe: In einem Ausschnitt von 108.000 mal 85.000 Kilometern konnten sie
mit der von Burkart Bovelet entwickelten Software knapp 3.000 kleine magnetische
Gebiete identifizieren, ihr weitgehend automatisiertes Programm zur
Mustererkennung findet dabei auch außerordentlich lichtschwache Bereiche.
"Rechnet man die so erfassten Strukturen auf die gesamte Sonnenoberfläche hoch,
so ist diese von wenigstens 660.000 kleinräumigen Magnetgebieten bedeckt," so
Wiehr.
Die Astrophysiker vermuten, dass ihre tatsächliche Zahl noch größer
sein dürfte. Für sie stellt sich die Frage, ob diese Magnetfelder auf die
gleiche Weise erzeugt werden wie der mehrjährige Fleckenzyklus oder ob ihre
Entstehung nahe der Sonnenoberfläche auf lokale "Dynamoeffekte" zurückzuführen
ist.
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