Die Folgen
intergalaktischer Magnetfelder
von Stefan Deiters astronews.com
21. August 2008
Das wohl eindrucksvollste Merkmal der elliptischen
Riesengalaxie NGC 1275 sind feine Filamente aus Gas, die sich weit in den
intergalaktischen Raum erstrecken. Neue Bilder des Weltraumteleskops Hubble
zeigen nun Details dieser Gasfilamente und liefern auch eine mögliche Erklärung,
durch was sie eigentlich zusammengehalten werden: durch starke intergalaktische
Magnetfelder.
Hubbles Blick auf die elliptische Riesengalaxie NGC
1275.
Bild: NASA, ESA und Andy Fabian
(University of Cambridge, UK) [Großansicht] |
NGC 1275 ist eine der uns am nächsten gelegenen elliptischen
Riesengalaxien und liegt im Zentrum des Perseus-Galaxienhaufens. Im Inneren der
Galaxie befindet sich ein aktives Schwarzes Loch, aus dessen Umgebung ständig
Material in den intergalaktischen Raum geschleudert wird. Das wohl
spektakulärste Merkmal der Galaxie sind aber feine Gasfilamente, die weit in den
mit vielen Millionen Grad heißen und Röntgenstrahlen aussendenden Gas gefüllten
Raum zwischen den Galaxien des Haufens reichen.
Diese Filamente sind für die Astronomen der einzige im sichtbaren Bereich des
Lichtes erkennbare Hinweis auf das komplizierte Zusammenspiel zwischen dem
massereichen Schwarzen Loch im Zentrum der Galaxie und dem heißen Gas im
Galaxienhaufen.
Mit Hilfe des Weltraumteleskops Hubble ist es Astronomen nun
erstmals gelungen einzelne Fäden aus Gas aufzulösen aus denen die Filamente
bestehen. Ein solcher Faden enthält typischerweise eine Masse, die der
Millionenfachen Masse unserer Sonne entspricht. Sie haben einen Ausdehnung von
nur 200 Lichtjahren und eine Länge von bis zu 20.000 Lichtjahren und verlaufen
erstaunlich gerade. Die Filamente entstehen nach Ansicht der Forscher, wenn
kaltes Gas aus dem Zentrum der Galaxie in den intergalaktischen Raum geblasen
wird.
Gerätselt haben die Forscher allerdings darüber, wie diese filigranen
Strukturen in dieser extrem energiereichen Umgebung zwischen den Galaxien des
Haufens überleben konnten. Eigentlich hätten sie sich in kurzer Zeit aufheizen
und regelrecht verdampfen oder kollabieren und neue Sterne bilden sollen. Aber
noch verwunderlicher ist, dass ihnen auch die gewaltigen Anziehungskräfte im
Zentrum des Galaxienhaufen offenbar nichts anhaben konnten.
In einer neuen Untersuchung, die in der heutigen Ausgabe des
Wissenschaftsmagazins Nature veröffentlicht wird, hat nun Andy Fabian
von der englischen University of Cambridge zusammen mit Kollegen
eine Lösung für dieses Mysterium vorgeschlagen: Nach Ansicht des Forschers sind
Magnetfelder dafür verantwortlich, dass die geladenen Gasteilchen an Ort und
Stelle gehalten werden und die langen Fäden aus Gas so für über 100 Millionen
Jahre existieren konnten. "Wir konnten erkennen, dass die Magnetfelder
entscheidend für diese komplexen Filamente sind - sowohl für ihre Existenz an
sich als auch für ihre Form," erklärt Fabian.
Die neuen Hubble-Daten erlaubten den Wissenschaftlern auch, die
Stärke der Magnetfelder auf Grundlage der Größe der Filamente zu bestimmen.
Dünnere Filamente sind anfälliger für Störungen und benötigen daher die
Unterstützung stärkerer Magnetfelder. Sie sind aber auch deutlich schwerer zu
beobachten.
Die Filamente von NGC 1275 sind ein eindrucksvolles Beispiel für
intergalaktische Magnetfelder und die Wechselwirkung zwischen den
supermassereichen Schwarzen Loch und dem Gas des Galaxienhaufens. Ähnliche
Filamente finden sich auch um andere, weiter entfernte Galaxien in den Zentren
von Galaxienhaufen. Sie können allerdings bei weitem nicht mit der Auflösung
beobachtet werden wie im Fall von NGC 1275. Die Erkenntnisse aus den neuen
Hubble-Daten dürften also auch bei der Interpretation der Beobachtungen von
entfernteren Systemen helfen.
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