Vulkanismus jederzeit
wieder möglich?
von Stefan Deiters astronews.com
18. März 2008
Aus der Auswertung von Einschlagkratern auf dem Mars haben
Wissenschaftler nun die Geschichte des Vulkanismus auf dem roten Planeten
rekonstruiert. Danach gab es auf dem Planeten eine Reihe von Perioden mit
heftigem globalen Vulkanismus, in denen Lava und Wasser auf die Marsoberfläche
geschleudert wurde. Und eine solche Phase könnte jederzeit wieder beginnen.
Blick auf Daedalia Planum. Zu erkennen sind -
neben Einschlagkratern - Überreste von
Lavaflüssen.
Foto: ESA/
DLR/ FU Berlin (G. Neukum) [Großansicht] |
Mit Hilfe von Aufnahmen der High Resolution Stereo Camera an Bord der
europäischen Sonde Mars Express haben Gerhard Neukum von der Freien Universität
in Berlin und seine Kollegen versucht, die geologische Aktivität des roten
Planeten in den vergangenen Jahrmilliarden Jahren zu rekonstruieren. "Wir können
nun das Alter von großen Regionen bestimmen und auch die Ereignisse datieren,
die zu einer Veränderung der Oberfläche geführt haben", erläutert Neukum. Solche
Veränderungen auf der Oberfläche gehen auf Vulkanismus zurück, bei dem Lava über
die Planetenoberfläche verteilt wird.
Die Marslandschaft wie sie sich den Sonden und Rovern heute präsentiert wurde
nicht - wie auf der Erde - in einem kontinuierlichen Prozess geschaffen, sondern
wurde nach Erkenntnissen der Wissenschaftler in fünf unterscheidbaren
Phasen geprägt. Zwischen diesen vulkanischen Phasen war es auf dem Mars relativ ruhig.
Neukum und sein Team, die die Ergebnisse in der letzten Woche auf einer
Konferenz in Texas vorstellten, glauben, dass es die erste vulkanische Phase vor
rund 3,5 Milliarden Jahren gab, die nächste vor 1,5 Milliarden Jahren, vor 400
bis 800 Millionen Jahren, vor 200 Millionen Jahren und die letzte vor 100 Millionen Jahren.
Diese Zeiten ermittelten die Wissenschaftler aus der Zählung von kleinen Kratern
auf der Marsoberfläche. Die simple Idee: Je mehr dieser Krater zu sehen sind,
desto älter ist die Region.
In jüngster Zeit waren Zweifel an diesem Verfahren aufgekommen, da einige
Forscher glauben, dass die kleinen Krater nicht durch Meteoriteneinschläge
sondern durch Felsgestein vom Mars selbst entstanden sind, das bei einem
einzigen Einschlag eines größeren Brockens weggeschleudert wurde. Die Auswertung
von Bildmaterial der Marssonde Mars Global Surveyor aus sieben Jahren ergab
aber, dass in dieser Zeit neue Krater auf dem Mars entstanden sind. "Daraus
lässt sich die Rate bestimmen, mit der heute solche Krater auf dem Mars
entstehen", erklärt Neukum. Und diese würde sehr gut mit dem Wert
übereinstimmen, der mit Hilfe der Mars Express-Daten ermittelt wurde.
Während der Phasen mit vulkanischer Aktivität flossen nicht nur große Mengen
an Lava über die Marsoberfläche: Die durch den Vulkanismus entstehende Wärme im
Inneren des Planeten sorgte auch für gewaltige Eruptionen von Wasser, die große
Gebiete auf dem Mars plötzlich überfluten konnten.
Eine endgültige Erklärung für die geologischen Aktivität des Mars haben die
Forscher noch nicht. Allerdings deuten Computermodelle darauf hin, dass der
Mars versucht haben könnte, auch eine Art Plattentektonik in Gang zu setzen, bei
der die Kruste wie auf der Erde in verschiedene sich langsam bewegende Platten aufgebrochen
ist. Bei den vulkanischen Episoden hätte der Planet dieses fast erreicht - aber
doch nicht ganz. Und
die vulkanischen Phasen müssen sich nicht auf die Vergangenheit beschränken:
"Das Innere des Planeten ist noch nicht kalt", so Neukum. "Es kann also
jederzeit wieder passieren."
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