Schwarzes Loch
bläst Staub ins All
von Stefan Deiters astronews.com
10. Oktober 2007
Staub spielt im All eine wichtige Rolle: Für die Entstehung
von Sternen, Planeten und auch von Leben ist der Stoff eine wichtige
Voraussetzung. Doch woher kamen die benötigten Staubmengen in der Kinderzeit des
Universums? Neue Beobachtungen des Infrarot-Weltraumteleskops Spitzer
lieferten jetzt möglicherweise eine Antwort. Astronomen entdeckten nämlich Staub
in den Winden eines supermassereichen Schwarzen Lochs.
Mit Hilfe des Weltraumteleskops Spitzer haben
Astronomen Staubkörner um einen entfernten
Quasar gefunden.
Bild: NASA / JPL-Caltech /T. Pyle (SSC)
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"Wir waren sehr überrascht, als wir offenbar frisch
entstandenen Staub in einem Wind entdeckten, der von einem supermassereichen
Schwarzen Loch ins All bläst", berichtet Ciska Marwick-Kemper von der englischen
University of Manchester. "Das könnte erklären, woher der Staub kommt, den wir
benötigen, um die erste Generation von Sternen im jungen Universum zu erzeugen."
Die Ergebnisse von Marwick-Kemper und ihren Kollegen erscheinen in einer der
kommenden Ausgaben der Fachzeitschrift The Astrophysical Journal Letters.
Staub spielt bei der Entstehung von Planeten, Sternen, Galaxien und auch von
Leben, wie wir es kennen, eine wichtige Rolle. Der Staub etwa, der zur Entstehung
der Sonne und des Sonnensystems benötigt wurde, entstand vor vielen Milliarden
Jahren in anderen Sternen, die sich am Ende ihres Lebens aufblähten und ihre
äußeren Hüllen ins All abstießen und manchmal sogar als Supernovae explodierten.
Wir alle sind daher aus Sternenstaub gemacht.
Doch woher kam der Staub in einer Zeit, als es Sterne noch nicht lange genug
gab, um Staub zu produzieren? Woher kam der Staub, als das Universum nur ein
Zehntel seines jetzigen Alters hatte? Eine Möglichkeit, die Theoretiker
vorschlugen, war, dass es damals sehr massereiche, äußerst kurzlebige
Sterne gab, die bald als Supernova explodierten und so für den benötigten Staub
sorgten. Nach einer anderen Theorie entstand der Staub um Quasare, also
um wachsende supermassereiche Schwarze Löcher. Diese sind von einer dicken Doughnut-förmigen
Wolke umgeben, in deren äußeren Bereichen Staub entstehen und von Winden ins All
geblasen werden könnte.
"Quasare sind da wie Krümelmonster", vergleicht Sarah Gallager von der
University of California in Los Angeles, die auch an den Untersuchungen
beteiligt war. "Sie haben keine besonders guten Tischmanieren und verschlingen
oft weniger als sie wieder in Form von Winden ins All abstoßen."
Doch bislang gab es keinerlei Beweise dafür, dass durch Quasare oder
Supernovae auch die Mengen an Staub entstehen können, die nötig sind, um die
Beobachtungen im jungen Universum zu erklären. Marwick-Kemper und ihr Team
wollten aber zumindest die Quasar-Theorie gründlicher untersuchen und
beobachteten dazu den Quasar PG2112+059 in rund acht Milliarden Lichtjahren
Entfernung. Dieser Quasar ist zwar noch nicht weit genug entfernt, um sich
wirklich im jungen Universum zu befinden, doch ist er uns nahe genug, um
die Frage nach der Staubproduktion genauer zu untersuchen.
Das Team nutzte das Infrarotspektrometer von Spitzer, um nach Spuren von
verschiedenen Mineralien im Licht des fernen Quasars zu suchen. Dabei entdeckten
sie Bestandteile, die etwa in Glas, Sand und Marmor vorkommen und sogar solche
aus Rubinen oder Saphiren. Während die Astronomen die Bestandteile von Glas
erwartet hatten, waren die übrigen entdeckten Stoffe eine Überraschung. Diese Mineralien finden sich nämlich normalerweise nicht in Galaxien und werden im
freien Weltraum von der dortigen Strahlung schnell zerstört. Das könnte aber bedeuten, dass sie gerade frisch im Wind des Schwarzen Lochs entstanden sind.
Mit der Entdeckung ist die Frage nach der Quelle des Staubs im frühen
Universum allerdings noch nicht abschließend beantwortet. Marwick-Kemper und ihr Team wollen
weitere Quasare untersuchen, um herauszufinden, ob auch diese in ihren Winden
Staub produzieren. Außerdem müssen Quasare nicht die einzige Quelle dieser so
wichtigen Substanz sein. "Supernovae könnten unter gewissen Bedingungen sogar
eine wichtigere Rolle bei der Staubproduktion gespielt haben", so die
Wissenschaftlerin. "Wir aber sind recht zufrieden, dass es uns gelungen ist,
verschiedenen Arten von Staub in einem Quasar nachzuweisen, der viele Milliarden
Lichtjahre von uns entfernt ist."
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