Neue Klasse explodierender Sterne
von Stefan Deiters astronews.com
14. Mai 2007
Dank gründlicher Beobachtungen mit dem europäischen
Röntgenteleskop XMM-Newton haben Astronomen in unserer Nachbargalaxie
Andromeda einen ganz neuen Typ von Nova-Explosionen entdeckt. Die neue Klasse
ist nur vergleichsweise kurz zu beobachten und daher bisher übersehen worden. Bei Novae handelt es sich um
Explosionen auf der Oberfläche eines Weißen Zwergsterns.
Kombinierte Aufnahme von Beobachtungen des
Zentrums der Andromeda-Galaxien (M 31) durch
XMM-Newton von 2000 bis 2004. Zehn Novae sind
auf diesem Bild markiert.
Bild: W. Pietsch (MPE Garching), ESA/XMM Newton
[Großansicht] |
Nova-Explosionen bereiten Astronomen immer noch Kopfzerbrechen:
"Diese Ausbrüche zu modellieren ist äußerst schwierig", meint auch Wolfgang Pietsch
vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching bei München.
Doch gemeinsam mit Kollegen und mit Hilfe der Röntgenteleskope XMM-Newton und
Chandra hat Pietsch in den letzten Jahren wertvolles Datenmaterial gesammelt,
das den Wissenschaftlern helfen könnte, die Nova-Explosionen besser zu
verstehen.
Die Wissenschaftler hatten mit Chandra und XMM zwischen Juli 2004 und Februar
2005 das Zentrum der Andromeda-Galaxie anvisiert und dort nach Nova-Explosionen
Ausschau gehalten. Sie stellten fest, dass von den 34 Novae, die in Andromeda im
Jahr zuvor explodiert waren, noch elf Röntgenstrahlen aussandten.
"Röntgenstrahlen sind für die Untersuchung von Novae sehr wichtig", so Pietsch,
"durch sie bekommen wir einen Blick auf die Atmosphäre des Weißen Zwergsterns."
Bei Weißen Zwergen handelt es sich um die ausgebrannten glühenden Überreste
eines Sterns, der vielleicht einmal so groß war wie unsere Sonne oder ein wenig
größer. Auch unsere Sonne wird in einigen Milliarden Jahren als Weißer
Zwergstern enden. Obwohl Weiße Zwerge etwas weniger Masse haben können als
unsere Sonne, vereinigen sie diese Masse in einem Objekt, dass kaum größer als
die Erde ist.
Befinden sich solche Weißen Zwerge in einem Doppelsternsystem und ist der
andere Partner ein normaler Stern, kann die hohe Anziehungskraft des Weißen
Zwergs dazu führen, dass dieser seinen Begleiter kannibalisiert, also Gas von
dem anderen Stern absaugt. Dieses Material lagert sich auf der Oberfläche des
Weißen Zwerges ab, bis eine so hohe Dichte erreicht ist, dass es zu einer
nuklearen Explosion kommt, die allerdings nicht stark genug ist, um den Weißen
Zwergstern zu zerstören.
Die so entstehende Nova ist im sichtbaren Bereich des Lichtes für einige
Hundert Tage zu sehen. Im Röntgenbereich wird die Nova erst sichtbar, wenn dass
ins All geschleuderte Material ein wenig dünner wird. Durch die Röntgenstrahlen
können Astronomen in die Atmosphäre des Weißen Zwergs schauen, in der es zu
nuklearen Fusionsprozessen kommt. Ist das Material dort verbraucht, erlischt die
Röntgenstrahlung. Ermittelt man also die Dauer der Röntgenausstrahlung einer
Nova, lässt sich bestimmen, wie viel Material sich nach Ende der Nova noch auf
der Oberfläche des Weißen Zwergs befand.
Für das Verständnis von Novae ist also das Sichtbarwerden einer Nova im
sichtbaren Bereich des Lichtes, sowie das Sichtbarwerden und Verlöschen im
Röntgenbereich von Bedeutung. Diese Daten lassen sich theoretisch mit
Computermodellen berechnen und dann mit den durch Beobachtungen gefundenen
Werten vergleichen. Stimmen die Zahlen überein, hofft man gemeinhin, dass man
etwa über die Vorgänge rund um eine Nova verstanden hat.
Während die Astronomen nun in der Andromeda-Galaxie das Sichtbarwerden und
Verlöschen von Novae im Röntgenbereich überwachten, machten sie eine wichtige
Entdeckung: Einige Novae zeigten nur wenige Monate eine Röntgenausstrahlung und
verloschen sehr schnell wieder. "Das ist eine neue Klasse von Novae", erläutert
Pietsch die Signifikanz der Entdeckung. "Bislang hat man diese Novae vermutlich
übersehen, da man bei früheren Untersuchungen nur im Abstand von sechs Monaten
oder so beobachtet hat. In diesem Zeitraum kann eine solche Nova aber bereits
erschienen und wieder verschwunden sein."
Außerdem konnten die Wissenschaftler bestätigen, dass einige Novae sehr viel
länger Röntgenstrahlen aussenden: So entdeckte XMM-Newton sieben Novae, die
selbst zehn Jahre nach der Nova-Explosion noch Röntgenstrahlen aussandten.
Diese sehr unterschiedlich Längen der Röntgenausstrahlung erklären sich die
Forscher mit den Unterschieden in der Masse des jeweiligen Weißen Zwergsterns.
Die schnellsten Novae, so die Annahme, kommen von Weißen Zwergen mit sehr großer
Masse.
Weitere Daten sollen neue Beobachtungen mit Chandra und
XMM-Newton bringen: Pietsch und seine Kollegen wollen ab November die Novae
in M31 über einen Zeitraum von mehreren Monaten jeweils alle zehn Tage beobachten.
|